Migranten in Malta Das Warten auf die EU
Vor dem Ministertreffen in Malta ist die einhellige Meinung auf der kleinen Insel, dass die EU endlich eine gemeinsame Lösung finden muss, wie mit den Migranten und der Seenotrettung umgegangen werden soll.
Kreuzfahrtsschiffe liegen vor Anker, Touristen spazieren an der Uferpromenade entlang. Wer genau hinhört, kann innerhalb weniger Minuten mindestens sechs verschiedene Sprachen heraushören. Malta, die kleine Insel, ist Tourismus gewohnt, wirbt offensiv Arbeitsmigranten für die boomende Wirtschaft an. Doch die Migranten, die aus dem Mittelmeer gerettet und an Land gebracht werden, sehen viele Einwohner mit gemischten Gefühlen:
Malta ist zu klein, um so viele von ihnen aufzunehmen. Aber was soll man machen - man kann sie ja nicht ertrinken lassen.
Wir sind schon überbevölkert, sie können nirgends wohnen, Mieten sind heutzutage so hoch.
Wir sind alle Menschen. Weil Malta so klein ist, sollte die EU dem Land helfen und die Migranten auf andere Länder verteilen.
Lösung gesucht
Was auffällt: In den malerischen Küstenorten in der Hauptstadtregion sieht man nur wenige afrikanische Migranten. Um sie zu treffen, muss man ein paar Kilometer weiter fahren, ins Landesinnere. Nach Hamrun zum Beispiel. Hier sind die alten Häuser mit den typischen Holzbalkonen nicht mehr so schön renoviert, immer mal wieder fehlt das Glas in den Fenstern.
Abbas, ein Sudanese, der schon seit 14 Jahren als anerkannter Flüchtling in Malta lebt, führt zum Haus der sudanesischen Community, die enge Wendeltreppe hinauf. An den Wänden der Zimmer hängen Zeichnungen, Fotos. Alles Erinnerungen an Veranstaltungen, erklärt Abbas. Hilfe bei der Asylantragsstellung oder der Wohnungssuche gibt es hier ebenso wie Englisch- und Maltesischkurse - und Arabischkurse für Malteser, schließlich soll es um kulturellen Austausch gehen. Doch auch Abbas ist der Meinung: Die EU solle endlich eine Lösung finden, die Migranten auch auf andere Staaten verteilen.
Malta ist klein, es sind viele Menschen hier, Flüchtlinge und andere Migranten. Es ist schwer einen Job zu finden, eine Wohnung oder einen Studienplatz.
Zu viele Migranten für Malta?
Mohammed, ein junger Tellerwäscher, der gerade mit Freunden im Haus ist, nickt. Auch er glaubt: Wenn weniger Migranten in Malta wären, wäre vieles einfacher.
Es ist wirklich schwer, mit Maltesern zu interagieren. Wir versuchen es, aber ich weiß nicht. Es ist wirklich schwer.
So wie er fühlen sich viele andere Migranten von der maltesischen Gesellschaft abgeschnitten. Besonders die, die in Flüchtlingslagern wie Hal Far leben. Hier, etwa zwanzig Autominuten von Maltas Hauptstadt Valetta entfernt, hausen die Menschen in Containern, die Umgebung wirkt trostlos. Viel zu tun gibt es hier nicht, nur selten fährt ein Bus in die nächste Stadt. Junge afrikanische Männer stehen oder sitzen an der Straße. Einer von ihnen erzählt vom Leben im Camp.
Viele Menschen leben auf engstem Raum, sagt er, es sei sehr schmutzig, auch in den Zimmern. Ein anderer Sudanese zückt sein Handy, zeigt ein Video, das er im Camp aufgenommen hat: Kakerlaken krabbeln über die Betten, verschwinden in den Ritzen. Auch Minderjährige müssten hier leben, erzählen einige.
"Wir brauchen Hilfe"
Abdullah schiebt sich dazwischen, auch er ist Sudanese, war in Libyen im Gefängnis, ist dann aus dem Meer gefischt worden:
Ich danke der maltesischen Regierung, aber wir brauchen Hilfe. Wenn wir hier an diesem Ort sind, gibt es keine Lösung für uns. Wir brauchen Hilfe, um einen Arbeitsplatz zu finden.
Und, vor allem: Um eine Wohnung zu finden. Denn neben ausbeuterischen Arbeitsverträgen ist das ein großes Problem auf der dicht bevölkerten Insel, sagt Maria Pesani, die für eine lokale Flüchtlingsorganisation arbeitet:
Die Mieten in Malta sind drastisch gestiegen. Und wenn dann noch Rassismus dazu kommt, wird es sehr komplex. Wir haben Asylsuchende und Flüchtlinge unter den unmenschlichsten Bedingungen hausen gesehen. In Kuhställen, Schweineställen.
Menschenrechtsverletzungen an der Tagesordnung
Immer wieder würden hier in Malta Menschenrechte verletzt, sagt sie. Malta brauche ein besseres, menschenwürdigeres Asylsystem. Und Europa ein System, das dafür sorgt, dass aus Seenot gerettete Migranten nicht wochenlang im Mittelmeer festsitzen, bis irgendein Staat sich dazu bereit erklärt, sie aufzunehmen.
Ich arbeite schon lange in diesem Bereich, ich bin nicht blauäugig, aber was wir letztendlich verlangen, ist nicht viel: Wir fordern die EU-Staaten nur dazu auf, ihrer Verantwortung gerecht zu werden.