Söldner in Belarus Polen will Grenze wegen Wagner-Truppe verstärken
Tausende Wagner-Kämpfer könnten in Belarus unterkommen. Polen will nun den Grenzschutz im Osten aufstocken. Auch Kanzler Scholz betrachtet die Verlegung mit Sorge.
Wegen der geplanten Verlegung russischer Wagner-Söldner ins Nachbarland Belarus will Polen seine Ostgrenze noch stärker sichern. Geplant sei sowohl eine Aufstockung der dort stationierten uniformierten Kräfte als auch eine Erhöhung der Anzahl "verschiedener Arten von Hindernissen und Befestigungen zum Schutz unserer Grenze im Falle eines Angriffs", sagte Vize-Regierungschef Jaroslaw Kaczynski nach einer Sondersitzung eines Komitees der Regierung für Sicherheits- und Verteidigungsfragen. Nach Angaben Kaczynskis hat Polen Erkenntnisse, wonach bis zu 8000 Wagner-Kämpfer in Belarus unterkommen könnten.
Das EU- und NATO-Mitglied Polen hat eine 418 Kilometer lange Grenze zu Belarus. Im Spätsommer und Herbst 2021 war die Situation dort eskaliert: Tausende Menschen versuchten, illegal in die EU zu gelangen. Die Europäische Union beschuldigt den belarusischen Machthaber Alexander Lukaschenko, in organisierter Form Migranten aus Krisenregionen an die EU-Außengrenze gebracht zu haben, um Druck auf den Westen auszuüben. Polen hat die Landabschnitte der Grenze seitdem mit einem 5,5 Meter hohen Zaun gesichert.
"Was sind die wahren Absichten?"
Polens Präsident Andrzej Duda betonte bei einem Besuch in der Ukraine: "Wir können heute nur schwer ausschließen, dass die Präsenz der Wagner-Gruppe in Belarus eine potenzielle Bedrohung für Polen, das eine gemeinsame Grenze mit Belarus hat, sowie (...) für Litauen und möglicherweise auch für Lettland darstellen könnte." Duda sagte, es stelle "sich die Frage, was mit dieser Verlegung bezweckt wird. Was sind die wahren Absichten der (...) Wagner-Gruppe, also der russischen Armee, (...) in Belarus?"
Auch von der deutschen Bundesregierung kamen warnende Worte. "Es ist eine Situation, die wir mit großer Sorge betrachten und genau hinschauen", sagte Bundeskanzler Olaf Scholz nach einem Treffen mit dem nordmazedonischen Ministerpräsidenten Dimitar Kovacevski in Berlin. Aggressive Armeen seien bedrohlich, Privatarmeen noch viel mehr. Zugleich betonte der Kanzler, dass Deutschland und seine Partner der Lage nicht hilflos gegenüberstünden. "Als NATO sind wird in der Lage, unser Territorium zu verteidigen", sagte Scholz. Er rechne "gegenwärtig nicht mit einer Veränderung der Lage".
Frankreich fordert weitere Sanktionen
Bereits am Sonntag hatte der litauische Präsident Gitanas Nauseda wegen der möglichen Verlegung von Wagner-Kämpfern ins Nachbarland Belarus eine Stärkung der NATO-Ostflanke gefordert. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg betonte am Dienstag, es sei noch zu früh, um Schlussfolgerungen aus der Verlegung Jewgeni Prigoschins und seiner Söldner nach Belarus zu ziehen. Er versicherte aber, das Militärbündnis sei bereit, seine Mitglieder zu verteidigen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte, die NATO müsse eine "sehr direkte" Botschaft zur Verteidigung des Bündnisses senden. Am 11. und 12. Juli findet ein NATO-Gipfel in der litauischen Hauptstadt Vilnius statt.
Frankreich rief indes die mit Wagner verbündeten Länder auf, sich von der Söldnergruppe zu distanzieren. Die Regierung in Paris forderte weitere strenge Sanktionen Europas gegen die Organisation für deren "Aktionen in der Ukraine und in Afrika", wie aus dem Außenministerium verlautete.
Der Chef der Söldner-Truppe, Prigoschin, hatte am Samstag zwischenzeitlich unter anderem die südrussische Stadt Rostow am Don besetzt und ließ seine Kämpfer dann Richtung Moskau marschieren. Auf Vermittlung von Lukaschenko brachen die Söldner den Aufstand ab. Nach Angaben von Prigoschin geschah dies rund 200 Kilometer vor Moskau. Dem Wagner-Chef und seinen Söldnern wurde von Russlands Präsident Wladimir Putin Straffreiheit zugesichert. Prigoschin ist nach Angaben Lukaschenkos inzwischen in Belarus eingetroffen. Lukaschenko hat auch den Kämpfern der Söldnertruppe Aufnahme in seinem Land angeboten.