Gesundheitsschädliche Produkte in der EU Gift im Teddybär
Krebserregende Chemikalien in Kleidung oder Spielzeug: 2015 nahm die EU mehr als 2000 gefährliche Produkte vom Markt. Kinderspielzeug war am häufigsten betroffen. Fast zwei Drittel der beanstandeten Produkte stammen aus China.
Giftige Chemie im T-Shirt, Nickel und Blei im Modeschmuck, gefährliches Kinderspielzeug aus Fernost: Seit 2003 gibt es "Rapex", das Schnellwarnsystem der EU für gesundheitsschädliche Produkte im Bereich "Non-Food", also für alles, was kein Lebensmittel ist. Im Wochenrhythmus macht die EU-Kommission im Internet mit Bild und kurzem Steckbrief auf betreffende Waren aufmerksam. 31 europäische Länder melden ihre Erkenntnisse an die Brüsseler Zentrale, die die Liste ständig aktualisiert. Einmal im Jahr wird Bilanz gezogen.
Aus Sicht von Verbraucherschutzkommissarin Vera Jourova ist "Rapex" eine Erfolgsgeschichte. Das System sorge dafür, dass Informationen über gefährliche Produkte innerhalb der EU rasch weitergeleitet würden. Es mache konkrete Gegenmaßnahmen einfacher. Und es schütze Europas Konsumenten.
2072 Produkte als "gefährlich" eingestuft
Beanstandete Güter werden so schnell wie möglich vom Markt genommen. Was kriminelle Hersteller natürlich nicht davon abhält, immer neue gefährliche Produkte in den Handel zu bringen. Insgesamt 2072 Meldungen hat "Rapex" im vergangenen Jahr registriert. Das sind deutlich weniger als noch 2014. In den Jahren zuvor waren die Zahlen fast durchgängig gestiegen. Das immerhin kann Verbraucherschutzkommissarin Jourova als erfreulich vermelden. Ansonsten kann von Entspannung aber keine Rede sein.
"Versteckte Gefahr" durch Chemie am größten
Als deutlichsten neuen Trend in ihrem aktuellen Jahresbericht nennt die EU-Kommissarin eine wachsende Zahl von Produkten, die ein chemisches Risiko darstellen. Also Stoffe enthalten, die nicht hinein gehören und die gesundheitsschädlich sind. Diese "versteckte Gefahr", die Verbraucher selbst meist nicht erkennen könnten, betreffe 25 Prozent aller ausgesprochenen Warnungen und damit den größten Teil. Von Platz eins verdrängt wurde die Rubrik "Verletzungen", etwa durch scharfe Kanten, abbrechende Teile oder Elektroschocks.
Um dem Gesundheitsrisiko Schadstoffe - etwa verbotene Weichmacher oder giftige Schwermetalle - zu begegnen, so Jourova, sei gute Marktbeobachtung durch die Behörden nötig sowie verlässliche Tests der Unternehmen. Das Bewusstsein dafür zu fördern, lässt sich die EU jährlich zweieinhalb Millionen Euro kosten.
Kinderspielzeug wieder auf Platz eins
Gleich geblieben gegenüber früher ist die Rangfolge der Produkte, die regelmäßig auf der Rapex-Liste landen. Auch 2015 stand Kinderspielzeug wieder auf Platz eins - mit rund einem Drittel aller Meldungen. Dazu zählen etwa zu laute Handy-Attrappen, die das Gehör schädigen, oder Kuscheltiere, von denen sich leicht verschluckbare Kleinteile lösen können. Auf den Plätzen zwei und drei folgen die Gruppen "Bekleidung und Textilien" mit 17 Prozent sowie Motorfahrzeuge und Elektrogeräte mit jeweils rund zehn Prozent.
Eine Entwicklung, die der EU in diesem Zusammenhang besonders zu schaffen macht, ist laut Kommissarin Jourova der Online-Handel. Rund zwei Drittel aller Verbraucher in Europa kaufen inzwischen überwiegend im Internet ein. Und es werden Jahr für Jahr mehr. Die Ware wird direkt per Post geliefert, was die Kontrollmöglichkeiten erheblich einschränkt.
62 Prozent der beanstandeten Produkte aus China
Hinzu kommt, dass mit 62 Prozent die mit Abstand meisten als gefährlich eingestuften Produkte nach wie vor aus China stammen. Dass die Volksrepublik seit Jahren ganz oben auf Liste der schwarzen Schafe steht, ist für die EU-Kontrolleure allerdings keine Überraschung. Schließlich werden von dort auch die meisten Güter in die Union eingeführt.
Kommissarin Jourova möchte chinesische Produkte nicht pauschal schlechtreden. In Brüssel setze man lieber auf mehr Dialog mit Regierung und Herstellern, um Qualitätsniveau und Verbraucherschutz zu verbessern. Im Juni will die Tschechin selbst ins Reich der Mitte reisen, um mit ihren chinesischen Kollegen über das Thema zu diskutieren. Ziel ist es, das Frühwarnsystem "Rapex" auch dort populär zu machen und den Online-Handel für Produktsicherheit zu sensibilisieren. Für Jourova bleibt da auch in Europa noch eine Menge zu tun.