Von der Leyen in London Eine klare Brexit-Botschaft für Johnson
EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen hat bei ihrem Antrittsbesuch in London deutliche Worte gefunden. Einen Erste-Klasse-Zugang zum größten Binnenmarkt der Welt werde es für die Briten nicht ohne weiteres geben.
Ursula von der Leyen war zu keinem Kommentar bereit, als sie zusammen mit ihren Mitarbeitern 10 Downing Street verlässt. Nur ein paar Autotüren, die zuklappen.
Eine knappe Stunde hat das Gespräch der EU-Kommissionspräsidentin mit dem britischen Premierminister Boris Johnson gedauert. Eine Art erstes Kennenlernen soll das ja auch nur sein, sagte Brexit-Minister Stephen Barclay zuvor. Beide seien ja noch relativ frisch im Amt.
"Partnerschaft nicht dieselbe"
Am Vormittag war Von der Leyen in der London School of Economics zu Gast, dort hat sie selbst Ende der 70er-Jahre mal studiert. Im Gepäck hat sie eine klare Brexit-Botschaft für Boris Johnson.
"Wir werden so viel tun wie wir können und so weit gehen wie wir können. Aber die Wahrheit ist, dass unsere Partnerschaft nicht die selbe sein kann und wird wie bisher", sagte sie.
Großbritannien und die EU würden auch nach dem Austritt beste Nachbarn bleiben, sagte von der Leyen. Aber ohne gemeinsame Standards beim Umweltschutz und beim Arbeitsrecht, bei Steuern und bei Hilfen vom Staat könne es keinen Erste-Klasse-Zugang zum größten Binnenmarkt der Welt geben.
Die Verhandlungsziele der EU seien klar: Die Staatengemeinschaft wolle ihre Integrität, ihren Binnenmarkt und ihre Zollunion schützen. "Da kann es keinen Kompromiss geben", sagte die EU-Chefin.
Verhandlungen so schnell wie möglich
Wenig später steht Boris Johnson im Unterhaus Rede und Antwort, in der Fragestunde des Premierministers. Der Besuch von der Leyens kommt dabei nicht zur Sprache. Die Haltung der britischen Regierung ist aber auch so völlig klar: Sie will so schnell wie möglich in die Gespräche für einen Handelsvertrag einsteigen.
Für die Verhandlungen bleiben nur wenige Monate Zeit, denn die Übergangsfrist läuft schon Ende Dezember ab, und ein Abkommen müsste bis dahin ja auch noch durch mehr als zwei Dutzend nationale und regionale Parlamente in der EU ratifiziert werden.
Brexit-Minister Barclay gibt sich trotzdem optimistisch: "Beide Seiten haben sich festgelegt, dass sie bis Ende des Jahres einen Handelsvertrag haben wollen. So steht es im Austrittsabkommen."
"Werden Prioritäten setzen"
In Brüssel dagegen ist man skeptisch. "Wir werden uns alle Mühe geben, aber das wird nicht reichen", sagte Kommissionspräsidentin von der Leyen. Ohne eine Erweiterung der Übergangsfrist könne Großbritannien nicht erwarten, sich mit der EU in allen Einzelheiten über die zukünftigen Beziehungen zu verständigen. "Wir werden da Prioritäten setzen müssen", stellt von der Leyen klar.
Eine Verlängerung der Übergangsperiode schließt die britische Regierung jedoch kategorisch aus. Das hat sie sogar ins Brexit-Gesetz geschrieben, das dem Parlament grade zur letzten Beratung vorliegt.