Nächster EU-Kommissionspräsident Weber gibt noch nicht auf
Trotz des Rückschlags auf dem EU-Gipfel gibt Manfred Weber nicht auf: In einem Interview warb er um die Unterstützung des EU-Parlaments und warnte vor Entscheidungen in "Hinterzimmern der Diplomaten".
In seinem Kampf um das Amt des EU-Kommissionspräsidenten wirbt Manfred Weber um die Unterstützung des EU-Parlaments. "Nun ist die Stunde des Parlaments", sagte Weber der "Welt am Sonntag". "Es wäre ein riesiger Rückschlag, wenn die Entscheidungen in der EU nun wieder in die Hinterzimmer der Diplomaten wandern", warnte der EVP-Fraktionschef.
Er hoffe, "dass die sozialdemokratischen und liberalen Abgeordneten von SPD und FDP zeigen, dass sie zur Parlamentarisierung Europas stehen", erklärte der stellvertretende CSU-Vorsitzende. Er warnte die EU-Parlamentarier davor, die eigene Macht freiwillig aufzugeben. Das Parlament trage als Volksvertretung von 500 Millionen Menschen eine große Verantwortung dafür, dass gewichtige Entscheidungen transparent gefällt würden.
Doppelte Mehrheit nötig
Derzeit ringen die Fraktionen im EU-Parlament einerseits und andererseits der EU-Rat - also die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedsstaaten - um die Nominierung eines Kandidaten oder einer Kandidatin.
Formal hat der EU-Rat das Vorschlagsrecht, aber der nominierte Kandidat kann nur durch eine Mehrheit im Parlament bestätigt werden. Für eine solche Mehrheit müssten sich mindestens drei Fraktionen zusammenschließen. Weil Webers konservative EVP als stärkste Fraktion aus der Europawahl hervorgegangen ist, reklamiert der CSU-Politiker den Posten an der Kommissionsspitze für sich. Allerdings ist es ihm bisher nicht gelungen, die Unterstützung anderer Parlamentsfraktionen zu sichern.
EU-Gipfel gescheitert
Beim EU-Gipfel hatte Weber einen Rückschlag erlitten. Die Staats- und Regierungschefs konnten sich am Donnerstag auch nach stundenlangen Beratungen nicht einigen. Es habe "keine Mehrheit für irgendeinen Kandidaten" gegeben, sagte EU-Ratspräsident Donald Tusk. Selbst Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte danach auf eine öffentliche Unterstützung des CSU-Politikers verzichtet.
Vor allem der französische Präsident Emmanuel Macron gilt als vehementer Gegner des Spitzenkandidaten-Prinzips. Seine Partei gehört der liberalen Fraktion im EU-Parlament an. Nach dem EU-Gipfel hatte Macron deutlich gemacht, dass er sowohl Weber, als auch den sozialdemokratischen Kandidaten Frans Timmermans und die Liberale Margrethe Vestager als chancenlos ansieht. "Die Namen der drei Spitzenkandidaten wurden verworfen", sagte Macron.
Vier Spitzenpositionen offen
Nach der Europawahl geht es nicht nur um die Nachfolge von EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker, sondern noch um vier weitere Spitzenpositionen: die Präsidenten des Europäischen Rats, des Europaparlaments, der Europäischen Zentralbank und den Posten des EU-Außenbeauftragten. Der EU-Rat sei sich einig, dass es bei der Postenvergabe "ein Paket" geben müsse, das die Vielfältigkeit der EU widerspiegele, sagte Tusk.