Europawahl 2024
Wahlarena mit Weber und Timmermans Schlagabtausch mit Klimafokus
Zwei überzeugte Europäer und viele kritische Fragen: Ein Schwerpunkt der ARD-Wahlarena mit den Spitzenkandidaten Weber und Timmermans galt der Umweltpolitik. Klare Unterschiede gab es bei der CO2-Steuer.
Die Wahlarena beginnt mit Leidenschaft. Ein junger Mann im Publikum spricht engagiert über das Thema Klima. Seine Frage richtet er an beide Spitzenpolitiker: "Unter welchem Kommissionspräsidenten kann ich eine ernst gemeinte Wende in der Klimaschutzpolitik erwarten?" Beide Männer schauen ihn an und nicken verständnisvoll.
Frans Timmermans fordert auf europäischer Ebene eine CO2-Steuer. "Wir haben keine Zeit zu verlieren", sagt der Niederländer. Das bedeute aber auch höhere Spritpreise, hält Manfred Weber dagegen: "Man muss sehen, dass diese Steuer sich gut anhört, aber sie heißt höhere Spritpreise und Heizölpreise für die Ärmeren in der Gesellschaft." Weber weist darauf hin, dass man den Klimawandel so regeln müsse, dass nicht Arbeitsplätze deswegen kaputt gehen.
Timmermans spricht sich danach beherzt für die Einführung einer Kerosinsteuer aus auf einer europäischen Ebene. Weber fordert, die Ungleichbehandlung von Bahn, Pkw und Flügen über den Emissionshandel zu ändern.
Manfred Weber musste sich warmlaufen
"Manfred Weber schien sich zunächst noch warmlaufen zu müssen", sagt Robert Lohmann vom Jean-Monnet-Lehrstuhl für Europäische Politik der Universität Passau. "Weber scheute sich aber nicht, kontroverse Standpunkte zu den Zuschauerfragen zu beziehen, beispielsweise als es um die Klima- oder Flüchtlingspolitik ging."
Timmermans sei von Beginn an aufs Ganze gegangen, wenn auch klar emotionaler als Weber. Die Vorschläge des Holländers hätten direkter und deutlicher gewirkt, so Lohmann, waren aber wesentlich unkonkreter als die Vorschläge von Weber.
Das sieht Moritz Fessler von der Europa-Universität Viadrina Frankfurt ähnlich. "Durch Timmermans eindringliche Art und eigene Initiative in der Themensetzung, beispielsweise bei der Gleichstellung, dominierte er zeitweise trotz weniger Redezeit merklich die Debatte", analysiert der Politikwissenschaftler.
Streitgespräch vor der "Schicksalswahl"
90 Minuten lang reden die beiden Politiker mit Nachdruck, ohne sich gegenseitig zu unterbrechen. Beide sehen sich in der Pflicht, gegen nationalistische Tendenzen anzutreten bei dieser Schicksalswahl, wie Timmermans sie nennt. Weber appelliert: "Die Rechten sind mobilisiert. Die Mitte muss aufstehen, muss sich aufrappeln zu wählen." Für Lohmann gab es trotz viel inhaltlicher Übereinstimmung eine klare Teilung: "Timmermans kam als emotionaler, direkter und persönlicher Wahlkämpfer rüber, der klare Worte fand, denen es aber an inhaltlicher Tiefe fehlte. Weber hingegen war nahbar, deutlich technischer und präziser."
Zusammenarbeit mit Staaten in Afrika
Als die Zuschauer Fragen zur Migrationspolitik stellen, werben beide für eine engere Kooperation mit den afrikanischen Staaten. Ein zentrales Instrument seien dabei Handelsverträge, sagte Weber. Durch den Zugang zum europäischen Markt würde man Demokratien für ihr Verhalten belohnen. Timmermans forderte eine "Versöhnung zwischen Europa und Afrika". Mit einem "massiven Marshallplan" müsse man die Staaten in Afrika unterstützen und fördern.
Wo ist das Wir-Gefühl in Europa?
Danach diskutieren die Kandidaten die Steuerpolitik in der EU, die Frage nach der Gleichberechtigung von Mann und Frau, die Rechtsstaatlichkeit mit Blick auf Osteuropa.
Die Sendung endet mit einer Frage nach dem Wir-Gefühl in Europa. Timmermans tritt hier leidenschaftlich und zupackend auf. Man müsse sich zur europäischen Gemeinschaft bekennen. Nur so könne man in einer Union leben, die auf Werten basiert. Es sei schön. Europäer zu sein, sagt Weber. Er fordert, man müsse in Köpfe und Emotionen investieren, also in die Menschen.
Genau diese Menschen haben am 26. Mai die Wahl.