Kürzungen für Asylbewerber? Ton in der Bürgergeld-Debatte verschärft sich
Politiker von Union und FDP bekräftigen ihre Forderungen, weniger Menschen Bürgergeld zu zahlen. Vertreter der SPD kritisieren das als Populismus und warnen vor einem Ausspielen verschiedener Gruppen.
Die Diskussion um das Bürgergeld dauert an. Der SPD-Sozialpolitiker Martin Rosemann lehnt Forderungen aus Union und FDP ab, Leistungen für Asylbewerber zu kürzen. "Es gibt mit dem Asylbewerberleistungsgesetz bereits ein Leistungssystem unterhalb des Bürgergelds", sagte der arbeitsmarktpolitische Sprecher der SPD-Fraktion der Rheinischen Post.
"Menschen dort zu belassen, nachdem ihr Asylantrag bereits anerkannt wurde und sie damit ein Bleiberecht in Deutschland haben, ist ebenso verfassungswidrig wie unsinnig", sagte Rosemann der Zeitung.
"Das ist nur noch widerlich"
Seiner Ansicht nach könne man nicht immer lauter danach rufen, "dass Geflüchtete doch gefälligst arbeiten" sollten und ihnen andererseits den Weg in die Arbeitsvermittlung durch die Jobcenter versperren.
"Nach dem Ausspielen von Geringverdienern gegen Bürgergeldbeziehende sollen nun offenbar deutsche Bürgergeldberechtigte gegen ausländische ausgespielt werden. Das ist nur noch widerlich", kritisierte Rosemann. Die Forderungen von Dobrindt und Kober seien "nichts weiter als die üblichen Sommerpausen-Füller und Beiträge zur Volksverdummung", sagte er mit Blick auf entsprechende Forderungen von CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt und FDP-Politiker Pascal Kober.
Dobrindt will "neues Leistungssystem für Asylbewerber"
Auch Rosemanns Parteikollege Helge Lindh bezeichnete die Forderungen als "unsäglichen Populismus". Die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz dürften verfassungsrechtlich gar nicht sinken, weil ein menschenwürdiges Dasein dann nicht mehr möglich sei, sagte er den Zeitungen der Mediengruppe Bayern
Zuvor hatte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt "ein neues soziales Leistungssystem für Asylbewerber" gefordert, das unterhalb des Bürgergelds anzusiedeln sei. Wer zumutbare Arbeit verweigere, der müsse mit Leistungskürzungen rechnen. Zuletzt hatte sich auch CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann dafür ausgesprochen, mehr als 100.000 Menschen das Bürgergeld komplett zu streichen.
Stärkere Differenzierung unter Leistungsempfängern?
Der FDP-Politiker Pascal Kober machte sich für eine stärkere Differenzierung bei den Leistungsempfängern stark. Es sei an der Zeit zu hinterfragen, ob nicht unterschiedliche Regelungen im Bürgergeld für die verschiedenen Gruppen gebraucht würden, sagte er. Unterschieden werden könnte zwischen Aufstockern, die neben ihrer Arbeit auf Bürgergeld angewiesen sind, Langzeitarbeitslosen mit oft vielen gesundheitlichen Problemen und Zugewanderten.
Eine Sprecherin des SPD-geführten Bundesarbeitsministeriums entgegnete: "Ich wüsste nicht, auf welcher Grundlagen man zum Beispiel für Angehörige bestimmter Ethnien bestimmte Sätze festlegen soll." Die Bundesregierung will unabhängig davon mit schärferen Regeln mehr Bezieher von Bürgergeld zur Aufnahme einer Arbeit bewegen.
FDP rüttelt am Bürgergeld für ukrainische Flüchtlinge
Forderungen nach geringeren staatlichen Überweisungen an ukrainische Kriegsflüchtlinge gibt es schon länger. So hatte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai gefordert, neu ankommenden Ukrainerinnen und Ukrainern künftig kein Bürgergeld mehr zu gewähren, sondern Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.
Die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine waren gemäß der sogenannten Massenzustrom-Richtlinie der EU in Deutschland aufgenommen worden. Die Betroffenen mussten daher keinen Asylantrag stellen. Die Ukraine-Flüchtlinge bekommen Bürgergeld - Asylbewerber erhalten Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Erst wenn sie als Geflüchtete anerkannt sind, haben auch sie - bei Bedürftigkeit - Anspruch auf Bürgergeld.