An einem Bauzaun einer Baustelle hängt ein Banner mit der Aufschrift "Wir stellen ein!" (Archivbild vom 03.06.2020)
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Wahlprogramme im Vergleich Wie die Parteien Jobs sichern wollen

Stand: 12.08.2021 12:25 Uhr

Alle Parteien wollen Tarifverträge stärken. Union und FDP wollen ein flexibleres Arbeitszeitgesetz, SPD, Grüne und Linke ein Recht auf mobiles Arbeiten. Kaum Konsens gibt es zur Reform des Hartz-IV-Systems.

Union und FDP setzen auf eine eher unternehmerfreundliche Flexiblisierung des Arbeitsmarkts. Die AfD will das Arbeitsrecht vereinfachen. Am gesetzlichen Mindestlohn rüttelt keine Partei, aber die Höhe ist umstritten. Die SPD spricht von einem Recht auf Arbeit und will - wie auch die Grünen - Hartz IV überwinden. Eine Reform des bestehenden Systems wollen fast alle Parteien, aber die Vorschläge gehen hier weit auseinander. So plädiert die AfD für eine aktivierende Grundsicherung, die FDP für ein liberales Bürgergeld, die Linkspartei will eine sanktionsfreie Mindestsicherung in Höhe von 1200 Euro. Die Positionen im Überblick.

CDU/CSU

Die Union setzt auf möglichst großen Spielraum für die Tarifpartner, sie will jedoch die Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen stärken. Das Arbeitszeitgesetz soll flexibilisiert werden. Die Union will die Zeitarbeit erhalten. Sachgrundlose Befristung von Arbeitsverträgen soll als Möglichkeit weiter existieren, aber maximal für zwei Jahre. Die Minijob-Obergrenze soll von 450 auf 550 Euro pro Monat erhöht werden. Den Fachkräftebedarf von Mittelstand und Industrie will die Union unter anderem durch "gezielte und gesteuerte" Zuwanderung decken.

Die CDU/CSU spricht sich gegen ein bedingungsloses Grundeinkommen aus und möchte das Prinzip des "Förderns und Forderns" des Arbeitslosengeldes II (Hartz IV) beibehalten. Die Sanktionsmechanismen sollen unangetastet bleiben. Dafür sollen die Rahmenbedingungen für Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen geringqualifizierter Arbeitsloser verbessert werden.

SPD

Die SPD peilt Vollbeschäftigung mit gerechten Löhnen als Ziel an. Sie spricht von einem "Recht auf Arbeit". Die Partei möchte die Möglichkeit vereinfachen, Tarifverträge für allgemeinverbindlich zu erklären, sowie über ein Bundestariftreuegesetz die öffentliche Auftragsvergabe von einer Tarifbindung der Unternehmen abhängig machen. Sachgrundlose Befristung soll abgeschafft werden. Den gesetzlichen Mindestlohn will die SPD auf zunächst mindestens zwölf Euro anheben. Die "Brückenteilzeit" - also die Möglichkeit, vom Vollzeitvertrag übergangsweise in Teilzeit zu gehen - soll ausgeweitet werden. Die SPD verspricht ein Recht auf Weiterbildung.

Die Schutzfunktion des Arbeitszeitgesetzes will die SPD erhalten, eine Ausweitung der täglichen Arbeitszeit schließt sie aus. Es soll einen Rechtsanspruch auf mobiles Arbeiten für mindestens 24 Tage pro Jahr geben. Das Arbeitslosengeld I will die SPD bei längerer Beschäftigungsdauer auch länger auszahlen, das Arbeitslosengeld II soll in ein einfacher zugängliches Bürgergeld mit zum Beispiel größerem Schonvermögen umgewandelt werden. Solo-Selbstständige sollen mit einem Sicherungsgeld in Notlagen unterstützt werden.

AfD

Die AfD bekennt sich zu allgemeinverbindlichen Tarifverträgen und zur Mitbestimmung von Beschäftigten. Das Arbeitsrecht will sie entschlacken und flexibilisieren. Die AfD will den gesetzlichen Mindestlohn beibehalten. Leiharbeiter sollen beim Lohn mit Stammarbeitnehmern gleichgestellt werden und wegen höherem Kündigungsrisiko eine zusätzliche Flexibilitätsprämie enthalten.

Die AfD will eine Aktivierende Grundsicherung als Alternative zum Arbeitslosengeld II mit moderateren Bedingungen für die Leistungsbezieherinnen und -bezieher: Das Einkommen soll nicht mehr vollständig mit dem Unterstützungsbeitrag verrechnet werden, um Arbeitsanreize zu schaffen. Ein Hartz IV-Leistungsanspruch für EU-Ausländer soll stärker beschränkt werden. Die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I soll abhängig sein von der Dauer der Vollbeschäftigung. Den Beitragssatz in der Arbeitslosenversicherung will die AfD senken, indem sie von versicherungsfremden Leistungen entlastet wird und nur noch Beitragszahler profitieren.

FDP

Die FDP will ein flexibleres Arbeitszeitgesetz mit wöchentlicher statt täglicher Höchstarbeitszeit und mobiles Arbeiten durch einen Rechtsanspruch auf "Erörterung mit dem Arbeitgeber" möglich machen. Ein Rechtsanspruch auf mobiles Arbeiten ist nicht genannt. Die Mini- und Midijob-Grenzen sollen an den Mindestlohn gekoppelt werden. Die Zeitarbeit will die FDP vereinfachen, die Höchstüberlassungsdauer soll wegfallen.

Es soll ein Liberales Bürgergeld geben: Steuerfinanzierte Sozialleistungen wie das Arbeitslosengeld II, die Grundsicherung im Alter, die Hilfe zum Lebensunterhalt oder das Wohngeld soll in einer Leistung und an einer staatlichen Stelle zusammengefasst werden. Selbst verdientes Einkommen soll geringer als heute angerechnet und die Hinzuverdienstregeln beim Arbeitslosengeld II verbessert werden. Das Schonvermögen soll erhöht werden.

Die Linke

Der Niedriglohnsektor soll nach Vorstellung der Linkspartei komplett abgeschafft und Tarifverträge gestärkt werden. Für alle Unternehmen und Branchen soll Tarifbindung gelten. Zudem fordert sie einen Rechtsanspruch auf eine Vollzeitstelle für alle Beschäftigten, ebenso wie einen Weiterbildungsanspruch und ein Recht auf Homeoffice. Sachgrundlose Befristungen sollen gestrichen und zulässige Sachgründe für zeitlich befristete Verträge eng begrenzt werden. Leiharbeit will die Linke verbieten. Sie fordert einen Mindestlohn von 13 Euro.

Die gesetzliche Höchstarbeitszeit will die Partei auf maximal 40 Stunden pro Woche begrenzen. Sämtliche Tätigkeiten, auch die der Solo-Selbstständigen, sollen sozialversichert werden. Die Linke will das Hartz-IV-System abschaffen. Es soll eine garantierte und sanktionsfreie Mindestsicherung von 1200 Euro geben. Das Arbeitslosengeld soll zu einem "Arbeitslosengeld Plus" ausgebaut und damit etwa auf Selbstständige ausgeweitet werden.

Bündnis90/Die Grünen

Auch die Grünen fordern allgemeinverbindliche Tarifverträge und ein Tariftreuegesetz bei der öffentlichen Auftragsvergabe. Den Mindestlohn wollen sie sofort auf zwölf Euro anheben und Ausnahmen abschaffen. Leiharbeiter sollen den gleichen Lohn bekommen wie Stammbeschäftigte, zusätzlich soll es eine Flexibilitätsprämie geben. Sachgrundlose Befristung soll abgeschafft und Missbrauch von Werkverträgen eingedämmt werden. Die Grünen wollen ein Recht auf mobiles Arbeiten einführen.

Die Arbeitslosenversicherung soll zu einer Arbeitsversicherung werden, mit einem Rechtsanspruch auf Weiterbildung. Schon ab vier Monaten sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung soll es einen Anspruch auf Arbeitslosengeld geben. Auch Selbstständige sollen Zugang erhalten. Hartz IV wollen die Grünen durch eine Garantiesicherung ersetzen, die ohne Sanktionen das soziokulturelle Existenzminimum sichern soll. Die Anrechnung von Einkommen soll hierbei verbessert werden, das Schonvermögen angehoben. Alle existenzsichernden Sozialleistungen sollen gebündelt werden.