Frankfurter Buchmesse Preisverleihung an Palästinenserin verschoben
Die palästinensische Autorin Shibli wird nicht wie vorgesehen auf der Frankfurter Buchmesse geehrt. Angesichts des Hamas-Angriffs auf Israel wird die Verleihung verschoben. Bekommen soll sie den Preis aber auf jeden Fall.
Der Verein Litprom verschiebt die Verleihung des "LiBeraturpreises" 2023 an die palästinensische Autorin Adania Shibli. "Niemand fühlt sich derzeit zum Feiern", begründete Litprom angesichts des Hamas-Angriffs gegen Israel die gemeinsam mit der Autorin getroffene Entscheidung. Der Verein halte aber trotz der Kritik an der Preisvergabe für den Roman "Eine Nebensache" fest.
Shibli sollte den mit 3.000 Euro dotierten Preis ursprünglich am 20. Oktober erhalten, es ist eine Auszeichnung für Autorinnen aus dem Globalen Süden. Der Roman war von der Kritik hoch gelobt worden, ihm wurden aber auch antisemitische Klischees vorgeworfen.
"Angesichts des Terrors gegen Israel sucht Litprom nach einem geeigneten Rahmen der Veranstaltung zu einem Zeitpunkt nach der Buchmesse" sagte Buchmessen-Direktor Juergen Boos der Nachrichtenagentur dpa. Er betonte auch, dass die Preisträgerin von einer unabhängigen Jury ausgewählt worden sei. Litprom sei der Veranstalter "und vollständig für die inhaltliche Ausrichtung der Preisvergabe verantwortlich".
Die Preisverleihung soll nun nach der Buchmesse zu einem noch unbestimmten Zeitpunkt stattfinden.
PEN fordert Festhalten an Preisvergabe
Shiblis Roman behandelt eine Massenvergewaltigung und die Tötung einer jungen Beduinin durch israelische Soldaten im Jahr 1949. Das Buch war bereits für den amerikanischen National Book Award und für den International Booker-Prize nominiert. Der Roman sei "eine eindringlichen Meditation über Krieg, Gewalt und die Frage nach Gerechtigkeit im Erzählen", so der herausgebende Verlag. Seit dem Angriff der Hamas auf Israel und den Massakern an jüdischen Zivilisten ist jedoch auch Kritik aufgeflammt, wonach israelische Soldaten als Mörder und palästinensische Frauen als Opfer einseitig dargestellt würden.
Der Schriftstellerverband PEN Berlin forderte, an der Preisvergabe festzuhalten. "Kein Buch wird anders, besser, schlechter oder gefährlicher, weil sich die Nachrichtenlage ändert. Entweder ist ein Buch preiswürdig oder nicht", sagte die Sprecherin des Verbands, die Autorin Eva Menasse.
Die im Juni bekannt gegebene Entscheidung für Shibli sei eine "sehr gute". Nach dem Massenmord der Hamas an Hunderten Zivilisten fehle es auffällig und schmerzlich an palästinensischen und arabischen Stimmen, die diese Verbrechen mit unmissverständlichen Worten verurteilten, bedauerte Menasse. Aber sie müssten ihre Erfahrungen mit der israelischen Besatzungspolitik beschreiben dürfen, unter der die Palästinenser litten, wie Shibli es in ihrem Roman schildere.
"Man kann die Darstellungen des Romans für treffend oder zu einseitig halten", ergänzte PEN-Berlin-Sprecher Deniz Yücel. Das Buch sei jedoch "weit von den eindeutig antisemitischen Zeichnungen entfernt, die auf der Documenta zurecht für Kritik sorgten".
Messe "mit voller Solidarität an der Seite Israels"
Der Terrorangriff der Hamas gegen Israel hat auch Einfluss auf die am Mittwoch beginnende Frankfurter Buchmesse. "Wir verurteilen den barbarischen Terror der Hamas gegen Israel aufs Schärfste", kommentierte Buchmessen-Direktor Boos die aktuellen Ereignisse. "Der Terror gegen Israel widerspricht allen Werten der Frankfurter Buchmesse." Die Messe stehe "mit voller Solidarität an der Seite Israels".
Die Buchmesse wolle daher "jüdische und israelische Stimmen auf der Buchmesse nun besonders sichtbar machen". Zum Beispiel werde die in Tel Aviv und Berlin lebende Autorin und Friedensaktivistin Lizzie Doron bei der Literaturgala am Samstag auf das aktuelle Geschehen in Israel Bezug nehmen. "Wir haben uns zudem spontan entschlossen, zusätzliche Bühnenmomente für israelische Stimmen zu schaffen", kündigte Boos an, etwa die Veranstaltung "Aus Sorge um Israel" im Frankfurt Pavilion.