Corona-Maßnahmen November-Notbremse - was gilt wo?
Seit Montag gelten bundesweit strenge Regeln, damit die Corona-Pandemie nicht außer Kontrolle gerät. Die Beschränkungen treffen vor allem den Freizeitbereich. Was wo gilt im November - eine Übersicht.
Deutschland fährt das öffentliche Leben einen Monat lang weitgehend runter - nicht so umfassend wie im Frühjahr, aber dennoch mit einschneidenden Maßnahmen. Das betrifft vor allem den Freizeitbereich. Damit reagieren Bund und Länder auf die zuletzt kaum noch zu kontrollierende Ausbreitung des Coronavirus.
Anders als in den vergangenen Wochen soll es aber diesmal halbwegs einheitlich in Deutschland zugehen. Doch wie immer sind es die Bundesländer, die solche Regeln per Landesverordnungen umsetzen. Die meisten übernehmen die Bund-Länder-Beschlüsse eins zu eins, doch es gibt einige Unterschiede zwischen den Ländern.
Ziel ist es, nach einer Phase des weitgehenden Stillstands wieder die Kontrolle zurückzugewinnen, die Zahl der Neuinfektionen zu senken und so zu verhindern, dass das Gesundheitssystem überlastet wird.
Antworten auf wichtige Fragen im Überblick:
Was ist anders als beim Lockdown im Frühjahr?
Das Arbeits- und Alltagsleben geht für viele Menschen weiter - wenn auch mit Maske und Abstand. Geschäfte, Schulen, Kitas bleiben offen, sofern es dort keinen Corona-Ausbruch gibt. Die Einschränkungen beziehen sich diesmal fast ausschließlich auf den Freizeitbereich. Orte, an denen Menschen gern ihre Freizeit verbringen und an denen sie sich begegnen, müssen schließen.
Wer darf sich jetzt noch treffen?
So wenig Kontakte wie möglich - das ist sozusagen die "Mutter aller Corona-Regeln". Grundsätzlich haben Bund und Länder beschlossen, dass sich in der Öffentlichkeit nur Angehörige zweier Hausstände treffen dürfen, also aus zwei Wohnungen, und insgesamt höchstens zehn Leute. Feiern in Wohnungen und privaten Einrichtungen werden als "inakzeptabel" bezeichnet. Fest steht: Die Regel gilt für einzelne Treffen - man muss sich keinen "Partner-Haushalt" suchen, um dann vier Wochen lang nur diesen zu treffen.
Hamburg, Niedersachsen und Berlin etwa wollen Kinder unter zwölf Jahren nicht mitzählen bei der Zwei-Haushalts-Regel. Ausnahmen gibt es in Hamburg auch für sogenannte Patchworkfamilien. Baden-Württemberg und Bayern wollen die Zwei-Haushalts-Regel auch für private Treffen anwenden. Mit Blick auf die Kontrolle wies Ministerpräsident Markus Söder darauf hin, dass gezielte Denunziationen von Nachbarn und Mitbürgern nicht gewollt seien. In Bremen sollen sich im Freien zwei Haushalte treffen dürfen, aber auch bis zu fünf Personen, die nicht zusammen wohnen. In Sachsen dürfen sich Angehörige von zwei Haushalten treffen oder ein Hausstand und fünf weitere Personen - auch aus verschiedenen Hausständen.
Kann man noch auswärts essen, trinken, feiern?
Nein. Restaurants, Bars, Clubs, Diskotheken und Kneipen müssen schließen. Lieferdienste und der Verkauf zum Mitnehmen bleiben aber erlaubt, ähnlich wie im Frühjahr. Für die Gastronomie ist das aber allerhöchstens ein Trostpflaster - sie protestiert heftig gegen die Zwangspause. Schließlich haben viele in Hygienekonzepte investiert, um ihre Gäste sicher bewirten zu können. Andererseits gab es auch immer wieder Fälle, in denen sich nicht an Abstands- und Hygieneregeln gehalten wurde. Kantinen bleiben offen.
Was geht noch in der Freizeit?
Das Freizeit- und Kulturleben ist massiv eingeschränkt. Fast alles, wo Menschen sich gern entspannen oder unterhalten lassen, macht zu. Dazu gehören Theater, Opern, Konzerthäuser, Messen, Kinos, Freizeitparks, Saunen, Spielhallen, Spielbanken, Wettannahmestellen, Tanzschulen und Bordelle. Alle Veranstaltungen, die der Unterhaltung dienen, werden untersagt.
Doch auch hier gibt es feine Unterschiede zwischen den Bundesländern. Während zum Beispiel in Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Berlin zumindest die Außenbereiche der Zoos offen bleiben, machen etwa die Zoos in Hamburg, Nordrhein-Westfalen oder Stuttgart zu. In Sachsen sollen Bibliotheken offen bleiben, in Berlin neben den Bibliotheken auch die Musikschulen. In Sachsen-Anhalt sollen Tierparks, Bibliotheken, Archive, Volkshochschulen, Fahrschulen und Musikschulen offen bleiben. Museen sind bundesweit fast überall geschlossen, in Thüringen mit einer Mini-Ausnahme: Hier dürfen Museen ihre Türen für unentgeltliche Bildungsangebote öffnen.
Gottesdienste und Demonstrationen sind im Bund-Länder-Beschluss nicht erwähnt, sie sollen in der Regel erlaubt bleiben - unter Auflagen.
Kann man noch Sport machen?
Ja, aber nur Individualsport. Joggen zum Beispiel geht immer - allein oder zu zweit oder mit Mitgliedern des eigenen Haushalts. Fitnessstudios, Schwimm- und Spaßbäder und andere Sport-Orte wie Kletterhallen müssen jedoch schließen. Auch der Amateursportbetrieb wird größtenteils eingestellt, Vereine dürfen also nicht mehr trainieren. Ausnahmen gibt es auch hier wieder, Berlin will Kindern bis zwölf Jahren das Training an der frischen Luft in festen Gruppen von bis zu zehn Personen ermöglichen. Auch Mecklenburg-Vorpommern erlaubt Kinder- und Jugendsport weiterhin, allerdings können die Landkreise nach eigenem Ermessen von dieser Regelung abweichen.
Der Profisport geht weiter - allerdings wieder ganz ohne Fans im Stadion.
Joggen bleibt auch im November möglich - auch zu zweit.
Kann man noch zum Friseur gehen?
Keine Sorge, die "Corona-Matte" muss im November nicht sein. Anders als im Frühjahr dürfen Friseursalons geöffnet bleiben - unter den bekannten strengen Hygieneauflagen. Andere Dienstleistungen müssen aber mal ausfallen. Kosmetikstudios, Massagepraxen oder Tattoo-Studios schließen.
Möglich bleiben aber medizinisch notwendige Behandlungen etwa in der Physio-, Ergo- und Logopädie sowie medizinische Fußpflege. Sachsen-Anhalt will auch Kosmetik- und Sonnenstudios offen halten, Thüringen Kosmetik- und Nagelstudios.
Was ist mit Schulen und Kindergärten?
Grundsätzlich bleiben Schulen und Kindergärten so lange wie möglich offen. Genauso Einrichtungen der Sozial- und Jugendhilfe. Damit bleibt zwar ein Verbreitungsweg für das Virus weiterhin bestehen, doch weiß man aus dem Frühjahr, wie sehr Schulschließungen Kinder und Eltern belasten - psychisch, ökonomisch und sozial. Bayerns Ministerpräsident Söder sprach denn auch von einer "politischen, gesellschaftlichen Priorisierung".
Bildungseinrichtungen sollen daher in der Regel diesmal offen bleiben - unter Auflagen. Im Bund-Länder-Beschluss heißt es dazu: "Die Länder entscheiden über die erforderlichen Schutzmaßnahmen." Vielerorts gilt inzwischen auch eine Maskenpflicht im Unterricht. Laut einer Umfrage der "Welt am Sonntag" unter den 16 Kultusministerien sind derzeit 165 Schulen wegen Corona komplett geschlossen.
Die Schulen sollen grundsätzlich offen bleiben.
Was ist mit Supermärkten?
Der Einzelhandel bleibt geöffnet. Wer also einkaufen will, dem stehen die Geschäfte offen. Es ist aber möglich, dass es zu Warteschlangen kommt: Eingelassen werden darf nicht mehr als ein Kunde pro zehn Quadratmeter Verkaufsfläche. Ob Supermarkt, Waschsalon oder Änderungsschneiderei - das Alltagsleben geht also weiter, wenn auch mit Abstand, Masken und Einschränkungen an Orten, an denen es zu Corona-Ausbrüchen kommt.
Kann man noch verreisen?
Grundsätzlich sollen die Bürger auf "nicht notwendige" Reisen und Besuche möglichst verzichten. Wer jedoch reisen muss, kann mit der Deutschen Bahn fahren und muss dabei nicht mit einem ausgedünnten Fahrplan rechnen. Bis auf wenige Züge, darunter einzelne Sprinter- und Verstärkerzüge, soll im Fernverkehr alles fahren. Ähnliches gilt im Regionalverkehr. Die Hygienekonzepte und Maskenpflicht gelten weiterhin. Flixbus stellt seinen Betrieb im November ein.
Eine Urlaubsreise in Deutschland hingegen sollte man im November sein lassen - es wird auch ziemlich schwierig. Ab dem 2. November dürfen Hotels und andere Unterkünfte keine Touristen mehr aufnehmen. Übernachtungsangebote dürfen nur noch für notwendige Zwecke wie zwingende Dienstreisen gemacht werden.
In vielen Bundesländern müssen Urlauber, die schon da sind, am 2. November oder kurz darauf die Koffer packen und abreisen. In Brandenburg müssen sie bis zum 4. November abreisen. In Mecklenburg-Vorpommern läuft die Abreisefrist am 5. November ab, genauso wie auf Schleswig-Holsteins Inseln und Halligen. In Niedersachsen können Urlauber, die vor dem 2. November angereist sind, ihren Urlaub noch beenden.
Aber auch von Tagesausflügen rät die Politik dringend ab. Zweitwohnungsbesitzer in Schleswig-Holstein dürfen ihre Wohnungen oder Häuser nutzen. Zwingende Dienstreisen bleiben erlaubt.
Was gilt in Krankenhäusern und Pflegeheimen?
Besuche sollen eingeschränkt möglich bleiben. Bund und Länder haben betont, dass die Regeln nicht zu einer "vollständigen sozialen Isolation" der Betroffenen führen dürfen - wie zuletzt im Frühjahr. Nun soll es möglichst bald ausreichend Corona-Schnelltests für Patienten und Bewohner, Personal und Besucher geben. Bis dahin gelten in den Einrichtungen unterschiedliche Regelungen.
Homeoffice
Die Unternehmen sind eindringlich aufgefordert, Heimarbeit zu ermöglichen - wo immer dies umsetzbar ist.
Gibt es Hilfen für Gastronomen und andere Betroffene?
Betriebe, Selbstständige und Vereine, die von den neuen Corona-Regeln besonders betroffen sind, bekommen große Teile ihres Umsatzausfalls ersetzt. Bei Firmen mit maximal 50 Mitarbeitern gleicht der Bund 75 Prozent aus, bei größeren wird nach EU-Beihilferecht entschieden. Die Finanzhilfe wird ein Finanzvolumen von bis zu zehn Milliarden haben.
Wie sollen die Regeln kontrolliert werden?
Die Bundesregierung machte klar, dass die strengeren Vorgaben auch kontrolliert werden sollen. Kanzleramtschef Helge Braun sprach im Bayerischen Rundfunk von sehr deutlichen Kontrollen im öffentlichen Bereich. Polizei und Ordnungsamt dürften also vermehrt unterwegs sein, um zum Beispiel die Einhaltung der Maskenpflicht und der Kontaktbeschränkung auf öffentlichen Plätzen zu kontrollieren. Anders sieht es im privaten Bereich aus. Wie hier private Feiern kontrolliert werden sollen, ist unklar. "Proaktive Kontrollen im Privatbereich" wird es laut Bundesregierung nicht geben. Auch in Bayern werde es keine Kontrollen in Wohnungen geben.
Sind Klagen gegen die Regeln zu erwarten?
Ja. Juristen rechnen mit mehreren Klagen. Am Berliner Verwaltungsgericht gingen bereits die ersten Eilanträge ein. In welchem Umfang es wegen der geplanten Grundrechtseingriffe zu Verfahren kommen werde, sei derzeit noch nicht verlässlich zu prognostizieren, sagte der Vorsitzende des Bundes Deutscher Verwaltungsrichter, Robert Seegmüller, der "Rheinischen Post". Fakt ist: Das Grundgesetz erlaubt solche Eingriffe in Grundrechte, wenn die Maßnahmen ein legitimes Ziel verfolgen und verhältnismäßig sind.
Was ist mit Weihnachten?
Jetzt Einschränkungen hinnehmen, um sich an Weihnachten wieder treffen zu können - das ist die große Hoffnung. Ob das gelingt, weiß keiner. Auch Solidarität und Eigenverantwortung jedes Einzelnen spielen eine Rolle. Dass an Weihnachten "alles wieder gut ist", dürfte jedoch kaum realistisch sein. Aber vielleicht ja ein bisschen Normalität unter Corona-Bedingungen.