Coronavirus Deutschland ringt um weitere Lockerungen
Sachsen-Anhalt entschärft die Kontaktbeschränkungen - und facht die Debatte über eine weitere Lockerung der Corona-Maßnahmen weiter an. Doch nicht nur Außenminister Maas bremst.
In Deutschland wird weiter über die Lockerung der Corona-Maßnahmen debattiert. Außenminister Heiko Maas warb erneut für Besonnenheit bei der Aufhebung der weltweiten Reisewarnungen. "Wenn Leute nicht nur wieder ins Ausland fliegen können, sondern auch mit hinreichender Sicherheit zurückkommen, dann können wir die Reisewarnung schrittweise zurückfahren", sagte er der Funke Mediengruppe. "Es darf dabei aber keine Schnellschüsse geben. Wir können und werden im Sommer nicht noch einmal eine Viertelmillion Menschen aus dem Urlaub zurückholen."
Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten der Länder hatten wegen der Corona-Pandemie im März umfassende Einschränkungen beschlossen. Einige davon wurden inzwischen aufgehoben, Kontaktbeschränkungen gelten aber noch immer. Auch eine weltweite Reisewarnung des Auswärtigen Amtes gilt weiterhin, sie war am Mittwoch bis Mitte Juni verlängert worden. Der österreichische Kanzler Sebastian Kurz hatte zuletzt die Hoffnung geäußert, dass eine baldige Öffnung der Grenzen zu Deutschland möglich sei.
Sachsen-Anhalt ist vorgeprescht
Zuletzt waren Rufe nach einer Aufhebung der Maßnahmen oder zumindest einen konkreten Fahrplan dafür immer lauter geworden, insbesondere aus der Wirtschaft, die massive Schäden befürchtet. In mehreren Städten wurde gegen die Einschränkungen demonstriert. In Stuttgart demonstrierten am Samstag rund 5000 Menschen auf dem Cannstatter Wasen.
Sachsen-Anhalt hat für den Wochenbeginn eine Lockerung der Kontaktbeschränkungen angekündigt. Von Montag an dürfen dann bis zu fünf Menschen zusammen unterwegs sein, auch wenn sie nicht in einem Haushalt leben. Dafür gab es prompt Kritik vom rheinland-pfälzischen Innenminister Roger Lewentz. "Ich finde es ein bisschen befremdlich. Es gab in dieser Woche ein Gespräch, es gibt in der nächsten Woche ein Gespräch aller Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin", sagte er dem SWR . "Das ist eine sehr enge Vertaktung, da muss man nicht zwischendurch ausscheren."
Steinmeier: Diskussion ist wichtig
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bezeichnete die Diskussionen über das Ausmaß der Beschränkungen als wichtig. "Das erzeugt der Politik gegenüber den heilsamen Zwang, täglich zu begründen, wie lange solche Maßnahmen verantwortbar sind", sagte Steinmeier der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Die Maßnahmen sieht er in Deutschland nicht als Gefahr für die Demokratie. Die Demokratie nehme Schaden, wo die Krise missbraucht werde, um autoritäre Strukturen zu verstärken. Dafür gebe es Beispiele in Europa. "Ich sehe aber nicht, dass diese Sorge bei uns gerechtfertigt ist."
Auch Bundesinnenminister Horst Seehofer sieht die Grundrechte nicht in Gefahr. Die Einschränkungen seien zwar die tiefsten in der Geschichte der Bundesrepublik, schrieb er in einem Gastbeitrag für die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung". Sie unterlägen aber gerichtlicher Kontrolle, einige Maßnahmen seien auch aufgehoben worden - "ein Beleg dafür, dass die Gewaltenteilung auch in der Krise funktioniert". Seehofer sprach sich - wie Maas - gegen eine vorschnelle Wiederaufnahme des Reisebetriebes zwischen Deutschland und Österreich aus.
Die Erfolge bei der Eindämmung des Coronavirus bergen nach Meinung des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann allerdings auch eine Gefahr. Er gehe davon aus, dass Ermüdungseffekte eintreten, sagte der Grünen-Politiker. "Das ist ja auch nur menschlich." Es liege an der Politik, unermüdlich darauf hinzuweisen, wie wichtig die disziplinierte Einhaltung der Maßnahmen ist. "Denn sie wirken, das sieht man jetzt."