Bundesverfassungsgericht Entschädigung nach Durchsuchung von nacktem Gefangenen
Gefangene können nach einer rechtswidrigen körperlichen Durchsuchung eine Entschädigung verlangen. Landgerichte müssen die Europäische Menschenrechtskonvention und Urteile des EGMR beachten, entschied das Bundesverfassungsgericht.
Der Mann, der geklagt hatte, verbüßt eine lebenslange Freiheitsstrafe in einem bayerischen Gefängnis. Nach einem Besuch seiner Familie im März 2019 wurde er komplett durchsucht.
Komplett durchsucht bedeutet, dass der Mann sich vollständig ausziehen musste und die Bediensteten des Gefängnisses dann Achselhöhlen, Mund, Fußsohlen und auch seinen Intimbereich kontrollierten. Ein weiterer Bediensteter in Ausbildung beobachtete die Durchsuchung.
Das war eine rechtswidrige Maßnahme, entschied bereits das Bundesverfassungsgericht 2020. Trotzdem erhielt der Gefangene keine Entschädigung vom Freistaat Bayern. Er hatte 500 Euro gefordert, aber die bayerische Justiz lehnte das ab. Das geht nicht, sagt nun das Bundesverfassungsgericht. Damit würden erneut seine Grundrechte verletzt.
Menschenrechtskonvention beachten
Das Besondere an dem Fall ist, dass das Landgericht Regensburg sich geweigert hatte, die Europäische Menschenrechtskonvention zu beachten. Allein das deutsche Recht gelte hier, so die bayerischen Richter.
Das sei ein Irrtum, stellt Karlsruhe nun klar. Die Menschenrechtskonvention gelte unmittelbar in Deutschland. Und es gebe bereits viele Urteile des Menschenrechtsgerichtshofs, die Strafgefangenen nach rechtswidrigen Durchsuchungen Geld zusprechen. Daher muss das Landgericht Regensburg diese Urteile beachten und den Entschädigungsanspruch noch einmal prüfen.
AZ: 2 BvR 78/22