Folgen des Kriegs für Verbraucher Weitere Entlastungen sollen kommen
Wie können die Menschen weiter entlastet werden? Noch vor dem Sommer werde darüber entschieden, sagt SPD-Fraktionschef Mützenich. Landwirtschaftsminister Özdemir will bei Lebensmitteln die Mehrwertsteuer streichen.
Angesichts der Folgen des Krieges in der Ukraine stellen Regierungspolitiker weitere Hilfen für die Bevölkerung in Aussicht. "Mir macht die aktuelle Preisentwicklung bei Lebensmitteln aufgrund des Ukraine-Kriegs Sorgen", sagte Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir der "Welt am Sonntag". "Wir haben als Bundesregierung sofort Entlastungspakete geschnürt, um auf die Folgen des schrecklichen Krieges zu reagieren. Und wenn es so weitergeht, dann kann ich Ihnen sagen: Nach dem Entlastungspaket ist vor dem Entlastungspaket."
Der Grünen-Politiker warb dafür, die Mehrwertsteuer auf Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte zu streichen. Davon würden vor allem einkommensschwache Haushalte profitieren. Zudem würde ein Anreiz für gesündere Ernährung geschaffen. Ihm sei allerdings klar, dass der Vorschlag nicht bei allen Koalitionspartnern Begeisterungsstürme auslöse.
Entscheidung in Kürze
Auch SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich sicherte weitere Entlastungen zu. "Bei den Entlastungen wird es noch vor der Sommerpause weitere Entscheidungen geben", sagte Mützenich dem Nachrichtenportal "t-online". Trotz der beiden schon verabschiedeten Entlastungspakete wisse man, dass insbesondere die Mitte der Gesellschaft noch weitere Entlastungen bräuchte.
Auf die Frage, ob er für den Vorschlag von Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sei, die Energiepauschale von 300 Euro auch Rentnern zu zahlen, sagte er: "Das kann ich mir vorstellen. Aber das werden wir gemeinsam besprechen und entscheiden."
Zudem schließt der Politiker angesichts der geplanten Rückkehr zur Schuldenbremse sowie steigender Ausgabenwünsche Steuererhöhungen nicht aus. "Wir haben uns im Koalitionsvertrag auf die Einhaltung der Schuldenbremse ab dem nächsten Jahr verständigt", sagte Mützenich. "Und wenn der Bundesfinanzminister der Auffassung ist, dass es an der einen oder anderen Stelle mehr Ausgaben braucht, dann werden wir uns der Diskussion um deren Finanzierung gern stellen."
Lindner kann sich Steuerentlastung vorstellen
Bundesfinanzminister Christian Lindner nannte die Inflation "die größte Gefahr für die wirtschaftliche Entwicklung und den sozialen Frieden" im Land: "Deshalb muss bei allen wichtigen Aufgaben ihre Bekämpfung Priorität haben", sagte der FDP-Chef der "Passauer Neuen Presse". Um den Verlust an Kaufkraft bei den Menschen zu begrenzen, habe die Bundesregierung durch gezielte Entlastung bereits gehandelt.
Lindner könnte sich eine Steuerentlastung vorstellen. "Wir machen eine Lohn- und Einkommensteuerreform im nächsten Jahr, passen den steuerlichen Grundfreibetrag und den Steuertarif der Inflation an", sagte er. "Und wenn es nach mir geht, gibt es noch eine zusätzliche Entlastung für Bezieher von kleinen und mittlere Einkommen obendrauf."
CDU-Chef Friedrich Merz warnte vor der Erwartung, dass der Staat alle Mehrkosten durch die Inflation kompensiert. "Nicht jede Kostenentwicklung kann durch die öffentlichen Kassen ausgeglichen werden", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Die Entlastungsvorschläge der Unionsfraktion lägen auf dem Tisch. Dazu zählten die Abschaffung der Kalten Progression, eine Energiepreispauschale auch für Rentner und Studierende und die Absenkung der Stromsteuer auf den EU-Mindeststeuersatz.
Ausgleich durch höhere Löhne?
Ver.di-Chef Frank Werneke hält einen Ausgleich durch höhere Löhne für unausweichlich. "Unser Kurs ist ganz klar: Dauerhaft steigende Preise müssen durch dauerhaft wirkende Tariflohnsteigerungen vollumfänglich ausgeglichen werden", sagte der Gewerkschaftsvorsitzende der Nachrichtenagentur dpa.
Von der Bundesregierung erwarte er weitere Entlastungen für die Bevölkerung - insbesondere mit Blick auf die deutlich gestiegenen Lebensmittelpreise. Der Druck auf die Menschen sei "riesengroß", es bestehe ein großer Bedarf an Entlastungsmaßnahmen, die über Tarifeinigungen hinausgehen, bekräftigte Werneke.
Den Plan von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), mit Arbeitgebern und Gewerkschaften zeitnah über die aktuelle Preisentwicklung beraten zu wollen, nannte Werneke richtig. Der Abstimmungsprozess - auch "konzertierte Aktion" genannt - soll noch vor der Sommerpause beginnen.