Bundesverfassungsgericht Es gibt kein Grundrecht auf BAföG
Viele könnten ohne BAföG gar nicht studieren. Studierende haben aber keinen unmittelbaren verfassungsrechtlichen Anspruch auf eine solche staatliche Leistung. Das hat das Bundesverfassungsgericht jetzt entschieden.
In dem Fall, der vom Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe entschieden wurde, ging es um eine Studentin, die an der Universität Osnabrück Psychologie studierte. Sie bekam in den Jahren 2014 und 2015 BAföG-Ausbildungsförderung. Zunächst waren es 176, später 249 Euro. Die Studentin war der Ansicht, dass der BAföG-Satz für sie zu niedrig war und klagte.
Der Fall ging zunächst bis zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Dort hatten die Richterinnen und Richter Bedenken, ob die BAföG-Berechnung in Ordnung war. Das Bundesverwaltungsgericht meinte: Studierende hätten aus der Verfassung selbst einen Anspruch auf gleiche Bildungschancen. Dieser Anspruch schließe auch ein, dafür Geld vom Staat bekommen zu müssen, wenn Studierende ihre Ausbildung nicht selbst oder mit Geld von ihren Eltern finanzieren können.
Das Leipziger Gericht betonte, dass es ein Grundrecht auf ein "ausbildungsbezogenes Existenzminimum" für Studierende gebe. Außerdem sei das BAföG-Berechnungsverfahren rechtswidrig gewesen. Weil das Bundesverwaltungsgericht nicht selbst Gesetze für verfassungswidrig erklären kann, legte es den Fall dem Bundesverfassungsgericht vor.
Kein Anspruch aus dem Grundgesetz
Karlsruhe sieht die Sache jetzt jedoch völlig anders. Die BAföG-Berechnung habe in dem fraglichen Zeitraum 2014/2015 nicht gegen die Verfassung verstoßen. Die Richterinnen und Richter machen in ihrem Beschluss ganz grundsätzliche Aussagen zur finanziellen Förderung von Studierenden: Es gebe keinen verfassungsrechtlichen Anspruch darauf, dass der Staat ihnen finanziell ein Studium ermöglicht.
Es gibt also kein Grundrecht auf BAföG, das sich unmittelbar aus dem Grundgesetz ableitet. Weder aus der Menschenwürde noch aus dem Recht auf gleichberechtigte Teilhabe am staatlichen Studienangebot und auch nicht aus dem Sozialstaatsprinzip folge ein finanzieller Leistungsanspruch gegen den Staat.
Politik hat großen sozialpolitischen Spielraum
Zwar müsse der Staat für gleiche Bildungs- und Ausbildungschancen sorgen. Allerdings habe die Politik hier einen großen Spielraum, wie genau die Förderung aussehen soll. Karlsruhe betont dabei: Angesichts der Schuldenbremse, die im Grundgesetz steht, seien die staatlichen Mittel begrenzt. Der Sozialstaat müsse viele verschiedene Aufgaben bewältigen. Der Gesetzgeber könne hier selbst entscheiden, wo er sozialpolitische Schwerpunkte setzt.
Und der Staat tue bereits etwas für Studierende. Mit dem BAföG gebe es bereits ein Ausbildungsförderungssystem. Dies sei in dem fraglichen Zeitraum 2014 und 2015 verfassungsgemäß gewesen. Nur wenn ganze Bevölkerungsgruppen faktisch keine Chance auf Zugang zum Bildungssystem hätten, müsse der Staat mehr tun. Doch eine solche Situation sieht das Verfassungsgericht nicht.
Studierendenwerke sehen Handlungsbedarf beim BAföG
Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger reagierte auf die Grundsatzentscheidung aus Karlsruhe. Die FDP-Politikerin sagte dem ARD-Hauptstadtstudio, dass sich die Bundesregierung klar zum BAföG bekenne: "Natürlich muss ein Studium möglich sein, natürlich muss der Aufstieg durch Bildung möglich sein. Das ist ein wichtiger Baustein für Bildungsgerechtigkeit." Es sei eine sozial-liberale Koalition gewesen, die das BAföG eingeführt habe. Insofern wolle die Bundesregierung es auch weiterentwickeln.
Die BAföG-Sätze waren zuletzt in diesem Jahr erhöht worden. Der Höchstbetrag der Förderung stieg um 6,2 Prozent. Er liegt allerdings mit insgesamt 992 Euro unter der Armutsgrenze von 60 Prozent des mittleren Einkommens. Der Vorsitzende des Studierendenwerks Matthias Anbuhl sagte zur Entscheidung aus Karlsruhe: Jetzt sei klar, dass die BAföG-Höhe eine rein politische Entscheidung sei und nicht eine Entscheidung von Gerichten. Der Handlungsdruck sei groß. Das BAföG reiche für Studierende nach wie vor hinten und vorne nicht aus.