Hohe Preise Wie erklärt man Kindern die Energiekrise?
Energiesparen in der Krise: Kinder haben die Möglichkeit zu erfahren, wie man nachhaltiger mit Ressourcen umgeht. Wie Eltern mit der Krise umgehen können und welche Tipps Pädagogen geben.
Krieg in Europa, Inflation, steigende Energiekosten - an schlechten Nachrichten herrscht derzeit kein Mangel. Viele Familien blicken mit Sorge und großer Verunsicherung auf die kommenden Monate. Die Politik verabschiedet zwar ein Entlastungspaket nach dem anderen und der Kanzler verspricht, dass niemand allein gelassen wird, aber finanzielle Ängste sind in vielen Haushalten gerade sehr real. Das spüren auch die Kinder.
Wie spricht man mit Kindern über die Energiekrise?
Energie ist für Kinder etwas Abstraktes. "Dennoch kommen sie mit den Auswirkungen der Krise in Kontakt", sagt Susanne Hein von der gemeinnützigen Stiftung "Haus der kleinen Forscher". So bekämen Kinder im Alltag die Sorgen der Erwachsenen mit, etwa dass sie ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen können oder dass es in der Wohnung kühler ist als gewohnt. "Darüber sollten Erwachsene mit Kindern offen sprechen", sagt Hein. "Dass die Energie, die wir im Haushalt nutzen, sehr wertvoll und wichtig für uns ist. Schonend damit umzugehen galt ja auch schon lange vorher."
Als Einstieg bietet es sich an, die Aufmerksamkeit der Kinder gezielt auf die elektrischen Geräte ihres Alltags zu lenken: Woran erkennen sie, ob etwas mit Strom betrieben wird? Hat das Gerät Kabel, Stecker oder Schalter? Blinkt oder piept es im Betrieb? Kinder sollten außerdem das Verhalten der Eltern verstehen können. Im Zweifel also erklären, warum man besorgt oder traurig sind. Auf diese Weise lässt sich auch vermitteln, dass es normal und verständlich ist, wenn Nachrichten über die Energiekrise unsicher machen und zu Verhaltensänderungen im Alltag führen. Erwachsene sollten Kindern auch deutlich machen, dass sie mit ihren Gefühlen nicht allein sind. Dass viele Politiker und Politikerinnen auf der Welt versuchen, die Krise in den Griff zu bekommen und Menschen unterstützen, kann ebenfalls Sicherheit vermitteln.
Was müssen Eltern beim Gespräch beachten?
"Strom- und Energiesparen heißt für alle, bisherige Gewohnheiten umzustellen", sagt Susanne Hein. In der neuen Situation sollten Erwachsene etwaigen Frust, eigene Sorgen oder Unsicherheiten der Kinder nicht übergehen. Den Kindern hilft es, wenn sie beim Einsparen eigene Ideen und Lösungen entwickeln können. "Das ist besser, als Verzicht zu verordnen oder Verbote auszusprechen", sagt Hein. So wie beim Projekt der Kita "Schatztruhe" aus Aalen: Über Monate hinweg haben die Erzieherin Liane Ritz und ihr Team die Mädchen und Jungen schrittweise mit vielen Ideen zum Entdecken und Erforschen an das Thema Strom und Energie herangeführt - darunter auch Experimente zum Stromsparen oder wie elektrische Geräte ersetzt werden könnten.
"Die Kinder machen jetzt öfter das Licht aus", sagt Ritz im Gespräch mit tagesschau.de. "Wir brauchen nicht immer viel Licht, die Kinder gehen damit bewusst um und machen das Licht gerne aus." So hätten sie verschiedene Lichtquellen ausprobiert: mit einer Baulampe am Kopf im Dunkeln gelesen, eine Höhle gebaut und mit verschiedenen Taschenlampen geforscht. "Die Erkenntnis, dass gemütliche Teelichter heller leuchten, wenn das Deckenlicht aus ist, hat bei allen funktioniert", berichtet Ritz.
Wie kann man Kinder zum Energiesparen animieren?
Energie sollte spielerisch eingespart werden. "Suchen Sie gemeinsam die Geräte im Alltag der Kinder, die Strom verbrauchen", rät Hein. Dann könnte man besprechen, welche Bedeutung diese Geräte für die Kinder haben und gemeinsam auf die Suche gehen: Wo entsteht Wärme im Haus und wo geht sie verloren? Etwa mit einer Vogelfeder, die an einen Bindfaden geknotet ist. "Mit diesem Zugluft-Pendel ziehen die Kinder durch die Räume und finden heraus, wo es zieht", sagt Hein.
Auch ein Gang in den Keller kann helfen - zum Stromzähler. Wie schnell verändern sich die Zahlen und wie kommt der Strom überhaupt ins Haus? Oder man versucht mal, einen Tag ohne Strom im Haus oder in der Wohnung auszukommen. Was wäre anders? Welche Aktivitäten fallen weg? Wie sorgt man für Licht? Hier ist auch Kreativität gefragt. Man könnte zum Beispiel eine kleine Öllampe bauen. Die Kinder in der Kita "Schatztruhe" erfanden einen funktionierenden Teelichter-Wasserkessel, bauten einen Teelicht-Ofen, einen Kühlschrank aus Tontöpfen, Dosentelefone und verschiedene Lichtquellen ohne Strom. Für die Klingel am Eingang der Kita fanden die jungen Forscherinnen und Forscher nach mehreren Versuchen eine Lösung, berichtet Liane Fritz: "Eine Kuhglocke an einem großen Ständer hat funktioniert, die man mit einer langen Schnur durchs Fenster gut hörbar von draußen läuten konnte." Kinder im Grundschulalter könnten auch die Kinder-App "Meine Stromwerkstatt" ausprobieren und dabei spielerisch viel über Strom und Energie lernen.
Warum lohnt sich Energiesparen?
Wenn Kinder begreifen, was Energie eigentlich ist, kann man erklären, warum Energiesparen sinnvoll ist. Das hat auch in der Kita "Schatztruhe" funktioniert, erklärt Erzieherin Fritz. Wer weniger Energie verbraucht, bewirkt vieles: Unter anderem gelangen weniger klimaschädliche Emissionen in die Erdatmosphäre und der Klimawandel wird verlangsamt. Das Ziel müsse sein, mit Energie möglichst vernünftig umzugehen. Das sei gut für die Umwelt und für das Familienbudget. Eltern oder Erziehende sollten umweltschonendes Verhalten vorleben. Wer kreativ ist, kann auch zusammen mit Kindern Plakate mit Bildern oder Fotos der Stromfresser basteln: langes Duschen, Baden, Zähneputzen bei fließendem Wasser, Licht anlassen, Radio im Stand-by-Modus. Helfen können auch verständliche Familienregeln auf einem Plakat: Beim Rausgehen: Licht aus. Beim Zähneputzen: Wasser aus.