Verfolgung von Kriegsverbrechen Bundesregierung will deutsches Völkerstrafrecht erweitern
Im Ausland begangene Kriegsverbrechen sollen nach Willen der Bundesregierung künftig in Deutschland besser verfolgt werden. Von der Novelle des Völkerstrafgesetzes können vor allem Opfer und deren Angehörige profitieren.
Die Verfolgung von im Ausland verübten Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit soll in Deutschland verbessert werden. Das Bundeskabinett hat dazu eine Reihe von Änderungen beschlossen.
Unter anderem sollen Opfer bestimmter Straftaten sowie ihre Angehörigen bei Verfahren in Deutschland künftig als Nebenkläger zugelassen werden. Ohne weitere Voraussetzungen soll ihnen zudem ein Anwalt beigeordnet werden. Um sie in den meist extrem belastenden Verfahren zusätzlich zu unterstützen, sollen die Opfer außerdem problemlos Anspruch auf eine psychosoziale Prozessbegleitung erhalten.
"Verschwindenlassen" kann einfacher verfolgt werden
Einfacher werden soll es nach dem Willen der Bundesregierung auch, in Deutschland das Verbrechen des "Verschwindenlassens" zu verfolgen. Das ist bislang nur möglich, wenn die Angehörigen nachweisen können, dass sie bei den Behörden oder bei lokalen Machthabern nach dem Verbleib der Verschwundenen gefragt haben.
"Verschwindenlassen ist leider nicht nur in Syrien, sondern auch durch die russischen Besatzer im Osten der Ukraine gängige Praxis zur Einschüchterung der Bevölkerung", sagte der Grünen-Rechtspolitiker Helge Limburg. Es sei Angehörigen nicht zuzumuten, bei Pseudobehörden einer Besatzungsmacht erst nachzufragen, damit dies geahndet werden könne.
Der nun vom Kabinett beschlossene Gesetzentwurf sieht außerdem vor, dass in Zukunft stets ein Dolmetscher verfügbar sein soll, um auch ausländischen Medienvertretern zu ermöglichen, Verfahren zu verfolgen, in denen es um Verbrechen in deren Heimat geht.
Erfahrungen aus Prozess gegen Syrer genutzt
Hier sind vor allem Erfahrungen aus den Prozessen gegen zwei Syrer vor dem Oberlandesgericht Koblenz eingeflossen. Gegen einen von ihnen verhängte das Gericht im Januar 2022 eine lebenslange Haftstrafe. Er soll als Mittäter für die Folter von mindestens 4.000 Menschen und den Tod von mindestens 27 Gefangenen verantwortlich sein.
Ein zweiter Syrer war zuvor bereits wegen Beihilfe zu einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu viereinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden.
Auch "sexuelle Sklaverei" soll als Tatbestand ins Völkerstrafgesetz
Zudem sollen Strafbarkeitslücken geschlossen werden: Der Tatbestand der "sexuellen Sklaverei" soll in das Völkerstrafgesetzbuch aufgenommen werden. Dies gilt auch für die Verwendung von Waffen und Munition, deren Splitter beim Röntgen nicht erkennbar sind, sowie von dauerhaft blindmachenden Laserwaffen.
"Das Völkerstrafrecht hat seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine dramatische Aktualität erlangt", sagte Bundesjustizminister Marco Buschmann. Deshalb müssten dringend Strafbarkeitslücken geschlossen und Opferrechte gestärkt werden, national und international, so der FDP-Politiker.
In Deutschland sind die völkerstrafrechtlichen Tatbestände Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen im Völkerstrafgesetzbuch (VStGB) seit 2002 national verankert.