Mecklenburg-Vorpommern Scharfe Kritik an Hochwertung von Mathe-Abi
Die pauschale Hochwertung von Mathe-Abiturnoten in Mecklenburg-Vorpommern stößt auf Kritik. Der Lehrerverband sprach von einer Verzerrung der bundesweiten Vergleichbarkeit der Noten. Wirtschaftsvertreter werfen der Politik ein falsches Spiel vor.
War das Mathematik-Abitur in Mecklenburg-Vorpommern zu schwer? Das dortige Bildungsministerium hatte nach Kritik von Experten und Schülern gestern die Ergebnisse landesweit pauschal um einen Punkt angehoben. Dieses Vorgehen rief nun deutliche Kritik des Deutschen Lehrerverbands und von Wirtschaftsvertretern hervor.
Durch das Vorgehen des Bildungsministeriums in Schwerin werde die bundesweite Vergleichbarkeit der Noten verzerrt, sagte der neue Präsident des Lehrerverbands, Stefan Düll, der "Bild"-Zeitung. Abweichungen in den Noten-Schnitten gebe es immer wieder. "Man darf nicht darauf verfallen, künftig alles mit Corona entschuldigen zu wollen."
Experten bemängelten zu kurze Bearbeitungszeit
Der Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands der Deutschen Bauindustrie (ZDB), Felix Pakleppa, warf der Politik ein falsches Spiel vor. "In der Schule kann man sich verrechnen, auf der Baustelle nicht. Da muss die Wand gerade stehen", sagte er der "Bild-Zeitung". Die Firmen in seiner Branche müssten "bei Lehrlingen immer öfter in Mathe und Deutsch nachschulen", erklärte Pakleppa. "Ein Fliesenleger beispielsweise muss den Boden berechnen können. Das muss in jedem Fall stimmen und darf nicht falsch sein." Der Präsident des Bundesverbands Güterverkehr und Logistik (BGL), Dirk Engelhardt, kritisierte die nachträgliche Notenanpassung ebenfalls.
Mecklenburg-Vorpommerns Bildungsministerin Simone Oldenburg hatte am Montag zur Begründung für die Noten-Hochwertung angegeben, die Bearbeitungszeit der Aufgaben sei von Experten im Nachhinein als zu kurz eingeschätzt worden. Außerdem sei dieser Abiturjahrgang in der 10. Klasse wegen der Corona-Beschränkungen von Dezember bis Mai im Distanzunterricht gewesen. Das wirke sich nach Aussage der Experten gerade in Mathematik negativ aus. Den zusätzlichen Notenpunkt erhalten alle, die eine Mathe-Prüfung geschrieben haben, Grundkurs- ebenso wie Leistungskursschüler.
Auch 2021 gab es eine Anhebung
Im Mathe-Grundkurs lag der Durchschnitt des schriftlichen Abiturs bei 4,0 beziehungsweise 4,2 Punkten und damit deutlich unter dem Niveau des Vorjahres. Um die Prüfung zu bestehen, sind fünf Punkte nötig. Im Vorjahr lagen die Durchschnitte noch bei 5,6 beziehungsweise 4,9 Punkten. In den Mathe-Leistungskursen sahen die Ergebnisse etwas besser aus, lagen jedoch auch deutlich unter dem Schnitt des Vorjahres.
Nach den schlechten Ergebnissen hatte eine Schülerin aus Wismar eine Online-Petition gestartet, die von mehr als 1000 Menschen unterschrieben wurde. Im Jahr 2021 war das Mathe-Abi in Mecklenburg-Vorpommern wegen schlechter Ergebnisse sogar um zwei Notenpunkte angehoben worden.