Baerbock fordert Schutz von Zivilisten "Dieses Drehbuch des Terrors darf nicht aufgehen"
Deutschlands Außenministerin Baerbock und ihr palästinensischer Amtskollege Al Malki haben Israel zum Schutz der Zivilbevölkerung in Rafah aufgerufen. Morgen reist Baerbock erneut nach Israel.
Es ist bereits das zweite Treffen von Außenministerin Annalena Baerbock und ihrem palästinensischen Amtskollegen Riad Al Malki seit Jahresbeginn. Allein das zeigt die Brisanz in der Region - bei Weitem nicht nur, was den Gazastreifen angeht. Und so ging es heute in der gemeinsamen Pressekonferenz auch um das Westjordanland, in dem die palästinensische Autonomiebehörde, der Al Malki angehört, das Sagen hat.
"Das Westjordanland darf nicht ein weiterer Ausgangspunkt für Gewalt sein", warnte Al Malki. "Es darf nicht erlaubt sein, dass sich im Westjordanland das wiederholt, was gerade im Gazastreifen passiert."
Hintergrund ist, dass es in der vergangenen Nacht erneut Angriffe von radikalen Siedlern auf palästinensische Orte im besetzten Westjordanland gegeben hat. "Der Terrorismus der Siedler muss aufhören", sagte Al Malki. "Es ist äußerst wichtig, dass diese Siedler in Schach gehalten werden, damit die unschuldigen palästinensischen Zivilisten geschont werden."
Sorge, dass der Konflikt sich ausweitet
Al Malki wertete Israels militärisches Eingreifen in palästinensischen Flüchtlingslagern als "gezielten Plan gegen palästinensische Flüchtlinge insgesamt". Baerbock betonte noch einmal, dass der israelische Siedlungsbau "illegal" sei. Man sehe, dass das Leben im Westjordanland immer schwieriger werde, so die grünen Politikerin.
Beide treibt die Sorge um, dass der Konflikt sich ausweiten könnte. Diese Ausweitung könnte das Westjordanland, aber auch andere Staaten in der Region treffen.
Baerbock setzt deshalb auch darauf, bestehenden Institutionen mehr Autorität zu verleihen. So mahnte die deutsche Außenministerin außerdem Reformen der palästinensischen Autonomiebehörde an. Die Behörde sei die "legitime Vertretung des palästinensischen Volkes".
Al Malki ist der Außenminister der Autonomiebehörde. Reformen lege man selbst auf den Tisch, sagte er. "Damit diese Reformagenda erfolgreich ist, gibt es Punkte, bei denen wir die Unterstützung von Freunden und Nachbarstaaten brauchen." Und bei weiteren benötige man die Kooperation Israels. Hier müsse die internationale Gemeinschaft Druck auf Israel ausüben.
Baerbock plädiert für sichere Korridore
Zentrales Thema der Gespräche war Israels Krieg gegen Hamas-Terroristen in Gaza. Immer noch seien mehr als 100 Geiseln in der Hand der Hamas, erinnerte Baerbock. Gleichzeitig lasse die katastrophale Lage in Gaza niemanden kalt, vor allem Israels Ankündigung, die Grenzstadt Rafah anzugreifen.
Natürlich sei klar, dass es auch in Rafah ein "unglaubliches Netz der Terrororganisation Hamas" gebe, so die Grünen-Politikerin. "Wir stehen vor einem unglaublichen Dilemma, dass sich Terroristen ganz bewusst hinter Menschen, hinter Kindern, hinter Müttern, hinter Großeltern verstecken", sagte Baerbock. Die Hamas setze Menschen gezielt als menschliche Schutzschilde ein.
"Dieses Drehbuch des Terrors darf nicht aufgehen. Der Kampf gilt dem Terrorismus und nicht der unschuldigen Zivilbevölkerung", so Baerbock. An Israel appellierte sie, sich um sichere Korridore für die Zivilbevölkerung zu kümmern: "Diese Eltern, diese Kinder, die Familien können sich nicht einfach in Luft auflösen." Israels Recht auf Selbstverteidigung beinhalte keine Vertreibung.
Al Malki fordert internationales Eingreifen
Al Malki stimmte mit Baerbock überein, dass alle israelischen Geiseln freigelassen werden müssten. Er regte an, den Gazastreifen wegen der Gefahr von Epidemien als Katastrophengebiet zu deklarieren. Es brauche ein sofortiges internationales Eingreifen, um diese Menschen zu schützen.
Wie er sich das konkret vorstellt, sagte Al-Malki nicht. Baerbock kritisierte, dass von humanitärer Hilfe immer noch "viel zu wenig" im Gazastreifen ankomme.
Einig waren sich beide, dass es eine Perspektive für einen palästinensischen Staat geben müsse. "Nur mit einer Zweistaatenlösung lässt sich dieser Konflikt lösen", sagte Baerbock. Militärisch allein gehe das nicht.
Baerbock reist erneut nach Israel
Al Malkis Besuch erfolgte einen Tag bevor Baerbock zu ihrer nunmehr fünften Reise nach den Terrorangriffen der Hamas in den Nahen Osten aufbricht. Geplant sind in Israel Gespräche mit Ministerpräsident Benjamin Netanyahu, Staatspräsident Izchak Herzog und Außenminister Israel Katz.
Es wird laut Auswärtigem Amt um die Frage gehen, wie eine humanitäre Feuerpause erreicht werden kann und wie weitere von der Hamas verschleppte israelische Geiseln befreit werden können.
Anfang Januar war Baerbock zuletzt in der Region. Damals hatte sie auch die Gegend um die Grenzstadt Rafah von der ägyptischen Seite aus besucht.