Brandenburg stärkt Verfassungsschutz "Damit niemand sagen kann, er hat es nicht gewusst"
Nach dem Treffen Rechtsextremer in Potsdam kündigte Bundesinnenministerin Faeser an, dem Verfassungsschutz mehr Befugnisse zu geben. Brandenburg setzt das jetzt um: Finanzströme sollen besser verfolgt werden können.
Als sich im November Rechtsextremisten, AfD-Funktionäre und Unternehmer in der Potsdamer Villa Adlon treffen, geht es auch um große Geldspenden. Geld, dass laut Correctiv-Recherche in "Influencer-Projekte, in Propaganda, in Aktionsbewegungen und universitäre Projekte" fließen soll.
Finanzströmen wie diesen soll der Verfassungsschutz in Brandenburg nun nachgehen können. Die Brandenburger Regierungskoalition aus SPD, CDU und Grünen hat sich auf eine Änderung des Verfassungsschutzgesetzes geeinigt.
Bisher kann der Verfassungsschutz die Geldströme von Extremisten nur dann verfolgen, wenn einer Gruppierung ein Gewaltbezug nachgewiesen werden kann oder "zu Hass und Willkürmaßnahmen gegen Teile der Bevölkerung" aufgerufen wird. In Zukunft soll in Brandenburg ausschlaggebend sein, ob die freiheitlich demokratische Grundordnung bedroht sein könnte, beispielsweise durch Fehlinformationen, kämpferisch aggressives Verhalten oder Einschüchterung.
"Null-Toleranz-Politik" gegenüber Extremisten
Die Gesetzesänderung sei notwendig, so der Brandenburger CDU-Fraktionsvorsitzende Jan Redmann, weil man wisse, dass die neuen Rechten heute anders agieren würden, dass sie versuchen, die Gesellschaft zu unterwandern. "Wir wollen unserer Verantwortung gerecht werden hier im Landtag, indem wir uns angeschaut haben, wie das Verfassungsschutzgesetz gehärtet werden kann, wie der Verfassungsschutz die Kompetenzen kriegen kann, die er braucht, um über Verfassungsfeinde aufzuklären."
Man fahre eine "Null-Toleranz-Politik" betont Daniel Keller, Fraktionsvorsitzender der SPD in Brandenburg. Das Gesetz richte sich nicht allein gegen rechtsextreme, sondern gegen alle extremistischen Organisationen, "die versuchen den Staat zu unterwandern", so Keller.
Mehr als 4.000 Extremisten sind den Brandenburger Behörden bekannt, darunter Reichsbürger, Islamisten und Linksextremisten. Die größte Gruppe ist laut Verfassungsschutz die der Rechtsextremisten mit mehr als 2.000.
Brandenburg geht noch einen Schritt weiter
Die Brandenburger Regierungskoalition ist mit dieser Neuerung des Verfassungsschutzgesetzes dem Bund einen Schritt voraus. Innenministerin Nancy Faeser hatte nach Bekanntwerden der Correctiv-Recherche Ende Januar angekündigt, dem Verfassungsschutz mehr Befugnisse zu geben, um Finanzströme rechtsextremer Gruppen besser durchleuchten zu können.
In Brandenburg geht die Regierungskoalition noch einen Schritt weiter und will mit der Gesetzesänderung auch einen sogenannten Verfassungstreue-Check für Beamte und Beamtinnen einführen. Das betrifft Polizisten ebenso wie Lehrer oder Justizbeamte.
In Zukunft soll vor einer Verbeamtung durch eine Abfrage beim Verfassungsschutz geklärt werden, ob Bewerber auf dem Boden des Grundgesetzes stehen. Dabei geht es vor allem um Erkenntnisse aus öffentlich zugänglichen Quellen, wie beispielsweise Social-Media-Auftritten. Informationen von verdeckten Quellen wie V-Leuten oder aus Abhörmaßnahmen dürfen nicht genutzt werden.
Menschen, die bereits verbeamtet sind, können im Zuge von Disziplinarrechtsverfahren überprüft werden. Ob Bewerber schließlich verbeamtet werden, entscheide ausschließlich der jeweilige Dienstherr, nicht der Verfassungsschutz heißt es aus der Koalition. "Der Verfassungsschutz stellt Informationen zur Verfügung, damit niemand sagen kann, er hat es nicht gewusst", betont Redmann.
AfD sieht Eingriff in die Berufsfreiheit
Kritik kommt von der Opposition. Die Linksfraktion im Brandenburger Landtag sieht die Gefahr, dass es nicht nur Rechtsextreme treffe. "Man bekämpft Rechtsextremismus nicht mit Radikalenerlassen, sondern mit einer starken Zivilgesellschaft", kritisierte der Linken-Landtagsabgeordnete Sebastian Walter.
Die Brandenburger AfD sieht in dem neuen Gesetz einen Einschüchterungsversuch. Die Pläne zum Verfassungstreue-Check seien ein "knallharter Eingriff in die Berufsfreiheit", sagte die Abgeordnete Lena Kotré. Im April will die Brandenburger Koalition über das Gesetz im Landtag abstimmen.