Haushaltsdebatte im Bundestag "Die NATO wird nicht Kriegspartei"
Im Bundestag hat Kanzler Scholz der Ukraine die Solidarität Deutschlands zugesagt, gleichzeitig aber eine Grenze für ein NATO-Engagement gezogen. Klare Worte fand zuvor Oppositionschef Merz für die Haushaltspolitik der Regierung.
Die erste Generaldebatte des Bundestags seit dem Regierungswechsel ist von Unionsfraktionschef Friedrich Merz für kritischen Nachfragen zur Finanzpolitik der rot-grün-gelben Regierung genutzt worden. Die Verbalattacken gegen eine angeblich unsolide Haushaltspolitik wurde anfangs von vielen Zwischenrufen - vor allem aus der FDP-Fraktion - begleitet. Die Etatplanung gehe von Grundannahmen aus, "von denen wir schon heute wissen, dass sie einfach nicht stimmen", beklagte er.
Merz hielt der Bundesregierung vor, nicht ausreichend auf den russischen Krieg gegen die Ukraine zu reagieren. Kanzler Olaf Scholz habe am 27. Februar im Bundestag von einer Zeitenwende gesprochen, sagte der Oppositionsführer. Er und die Unionsfraktion hätten davon, auch bei gestrigen Rede von Finanzminister Christian Lindner allerdings nicht wirklich viel bemerkt.
Merz formuliert sechs Bedingungen
Der Finanzexperte Merz stellte sechs Bedingungen für eine Zustimmung von CDU und CSU zur geplanten Grundgesetzänderung zur besseren Ausstattung der Bundeswehr.
Unter anderem müsste es dauerhaft gesichert werden, dass zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Verteidigung ausgegeben werden. Zudem müssten die 100 Milliarden Euro Sondervermögen gezielt und ausschließlich für die Bundeswehr ausgegeben werden. Die Unionsfraktion wolle bereits vor der Zustimmung wissen, welche Anschaffungen genau geplant seien. Außerdem müsse es einen Tilgungsplan für die Schulden geben.
Merz stellte Bedingungen für eine Unions-Zustimmung.
Seine Fraktion sei nicht die Ersatzbank für die Bundesregierung, von der sich die Regierung beliebig Ersatzspieler holen könne, hielt Merz der Scholz-Regierung vor.
Scholz sichert Ukraine Hilfe zu
Gleich zu Beginn seiner Rede versicherte Bundeskanzler Scholz der Ukraine die Solidarität Deutschlands. "Präsident Selenskyj, die Ukraine kann sich auf unsere Hilfe verlassen", sagte Scholz. Der Krieg in dem osteuropäischen Land war der Schwerpunkt der Rede des SPD-Politikers. Er forderte ein sofortiges Ende des Krieges. "Die Waffen müssen schweigen - und zwar sofort."
Deutschland liefere seit Beginn des Kriegs Waffen und Ausrüstung, gemeinsam mit den Partnern habe man Sanktionen verhängt, die ihresgleichen suchten. Er vermied es aber, zu sagen, welche Waffen und Ausrüstung die Ukraine bisher aus Deutschland erhalten hat.
Scholz zog gleichzeitig eine klare Grenze des Engagements für die Ukraine. Es dürfe keine direkte militärische Verwicklung der NATO in diesem Krieg geben. "Die NATO wird nicht Kriegspartei", betonte Scholz. Deshalb lehne er zum Beispiel eine von der NATO garantierte Flugverbotszone ab.
Er sagte, dass er in den vergangenen Tagen oft lange und intensiv mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin gesprochen habe. Dieser müsse die Wahrheit über den Krieg in der Ukraine hören. Mit Selenskyj habe er sich ebenfalls ausgetauscht.
"Abhängigkeit beenden so schnell es geht"
Ein Importstopp für russisches Erdöl könne nicht von heute auf morgen umgesetzt werden, so Scholz. "Wir werden diese Abhängigkeit beenden so schnell es irgendwie geht", sagte er im Bundestag. Bei überhasteten Schritten aber drohe Deutschland eine Rezession. Die Sanktionen dürften die EU nicht härter treffen als die russische Führung. Die Strafmaßnahmen gegen Russland zeigten Wirkung und würden ständig nachgeschärft, versicherte Scholz.
Scholz dankt Pflegekräften
Die Themen abseits des Ukraine-Krieges spielten in Scholz` Rede nur eine nachrangige Rolle. Selbst auf die Corona-Pandemie ging er kaum ein. Ausdrücklich dankte er dem medizinischen Personal und den Pflegekräften, die seit mehr als zwei Jahren an den Rand ihrer Kräfte und darüber hinaus gingen.
Zudem warb er erneut für eine allgemeine Corona-Impfpflicht. Es müsse alles dafür getan werden, dass eine neue Pandemie-Welle im Herbst mit einem womöglich gefährlicheren Mutanten als Omikron Deutschland nicht wieder zum Stillstand bringe, sagte Scholz. Ein solches "Deja-vu" könne nur mit einer Impfpflicht verhindert werden.
Abstriche bei den Klimaschutzzielen als Folge des Krieges in der Ukraine lehnte Scholz ab. Es gehe nicht um eine "Jetzt mal langsam", sondern um ein "Jetzt erst recht", sagte der SPD-Politiker. Das Ziel der Klimaneutralität bis 2045 sei wichtiger denn je.
AfD gegen Russland-Sanktionen
Scharfe Kritik an der deutschen Ukraine-Politik kam von der AfD. Fraktionschef Tino Chrupalla bekräftigte die Ablehnung seiner Fraktion zu Waffenlieferungen an die Ukraine. "Durch diese fehlgeleitete Politik wird auch noch Blut an den Händen der deutschen Bürger kleben - das darf nicht sein."
Zudem kritisierte er die Sanktionen gegen Russland und das Bemühen, die deutsche Abhängigkeit von russischen Energielieferungen zu verringern. "Weil die Bundesregierung helfen möchte, Russland wirtschaftlich und ökonomisch auszuhungern, sollen wir auf günstige Erdgaslieferungen durch Nord Stream 1 und Nord Stream 2 verzichten."