Cannabis-Pflanze

Gesetzentwurf zu Cannabis Warum "Bubatz" legalisieren nicht so einfach ist

Stand: 18.10.2023 10:01 Uhr

Der Bundestag berät heute über die teilweise Legalisierung von Cannabis. Das Vorhaben der Ampelkoalition ist umstritten, Kritik kommt von der Gewerkschaft der Polizei - aber auch von Befürwortern.

Von Philipp Eckstein, ARD-Hauptstadtstudio

Fröhlich und locker war der Sound der neuen Ampelkoalition anfangs beim Thema Cannabis-Legalisierung. So kündigte zum Beispiel Bundesfinanzminister Christian Lindner 2022 gleich mehrfach an, die Regierung arbeite daran, Bubatz legal zu machen.

Bubatz, das soll Jugendslang für Gras oder auch einen Joint sein. Schnell wurde die Frage "Wann Bubatz legal?" auch Bundeskanzler Olaf Scholz gestellt und sorgte mehrfach für Heiterkeit. So etwa bei einem Bürgerdialog in Magdeburg oder im ARD-Sommerinterview.

Legalisierung in zwei Schritten

Bei der Ausgestaltung des Gesetzesvorhabens mussten SPD, Grüne und FDP dann aber schnell feststellen, dass die Umsetzung kompliziert ist und manche der Pläne gegen Europarecht verstoßen könnten. Die Regierung verständigte sich daher darauf, die Legalisierung in zwei Schritten vorzunehmen, die Rede ist auch von zwei Säulen.

Bei der Vorstellung des Gesetzentwurfs zur ersten Säule vor einigen Wochen, der jetzt im Bundestag beraten wird, betonte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach noch einmal, es gebe mehrere Probleme, die mit der Legalisierung angegangen werden sollen. Ein Problem: Der Cannabis-Konsum in Deutschland steigt. Das Gesundheitsministerium geht davon aus, dass mehrere Millionen Menschen trotz bestehenden Verbots zumindest gelegentlich kiffen.

Als Problem Nummer zwei bezeichnete Lauterbach eine "zunehmende Drogenkriminalität". Cannabis-Delikte spielen dabei eine wichtige Rolle. Und Problem Nummer drei: hochpotente oder verunreinigte Drogen auf dem Schwarzmarkt. Der Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Burkhard Blienert, berichtet im Gespräch mit dem ARD-Hauptstadtstudio etwa von Cannabis, das mit anderen Stoffen wie etwa synthetischen Cannabinoiden versetzt sei, "die sehr gesundheitsschädlich seien können".

Mehr als 200 Seiten langer Gesetzentwurf

Das erklärte Ziel von Gesundheitsminister Lauterbach und der Ampelkoalition ist es, diese Probleme anzugehen. Der Gesundheitsschutz soll für Menschen, die ohnehin konsumieren, verbessert werden. Zugleich betont der SPD-Politiker aber auch, Jugendliche und junge Erwachsene sollen besser über die Gefahren von Cannabis aufgeklärt werden. Es gehe nicht darum, neue Anreize für Konsum zu schaffen.

Gesetz zur Cannabis-Legalisierung

Claudia Kornmeier, ARD Berlin/Christin Jordan, SWR, tagesschau, 18.10.2023 20:00 Uhr

Konkret sieht der Gesetzentwurf vor, den Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis für Erwachsene zu legalisieren. Der Anbau von bis zu drei Hanfpflanzen zuhause soll erlaubt werden. Zudem sollen die Mitglieder von Cannabis-Club gemeinsam Cannabis anbauen dürfen.

Im Detail wird es dann aber kompliziert: Mehr als 200 Seiten lang ist der Gesetzentwurf zum kontrollierten Umgang mit Cannabis.

Auch innerhalb der Koalition umstritten

"Sehr viel Theorie, aber wenig Praxis", lautet der Vorwurf des stellvertretenden Bundesvorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Alexander Poitz. Er warnt, das geplante Konsumverbot von Cannabis im Umkreis von 200 Metern um Jugendeinrichtungen könne die Polizei schlicht nicht kontrollieren. Dazu fehlten etwa geeignete GPS-Geräte mit tagesaktuellen Informationen, wo Cannabis konsumiert werden darf und wo nicht. Durch das Gesetz komme auf die Polizei Mehrarbeit zu anstatt der angekündigten Entlastung, so die Befürchtung der GdP.

Auch innerhalb der Koalition sind manche der geplanten Regeln umstritten. Von der einstigen Bubatz-Lockerheit ist im Gesetzestext nicht viel geblieben. So sollen Erwachsene beispielsweise in Cannabis-Clubs zwar gemeinsam Hanf anbauen dürfen - der Konsum vor Ort soll aber verboten sein.

"Es macht keinen Sinn zu sagen, wenn du Cannabis konsumieren willst, dann musst du das in deinen eigenen vier Wänden machen", sagt Grünen-Politikerin Kirsten Kappert-Gonther, Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Bundestag, dem ARD-Hauptstadtstudio. Der gemeinsame Konsum diene dem Gesundheitsschutz, auch weil es so eine soziale Kontrolle gebe.

Das Konsumverbot und die 200-Meter-Regelung sind nur zwei von mehreren Punkten, zu denen Abgeordnete von SPD, Grünen und FDP noch im Gespräch sind. Sie wollen den Gesetzentwurf im parlamentarischen Verfahren an mehreren Stellen noch ändern und, so nennt es Kappert-Gonther, "praktikabler" machen.

Grundsätzliche Kritik von der Union

Deutlich grundsätzlicher ist hingegen die Kritik von CDU und CSU: Sie lehnen die geplante Legalisierung entschieden ab. In einem eigenen Antrag zum Thema werfen sie der Bundesregierung vor, unverantwortlich zu handeln. Ablehnung kommt auch von der AfD. Die Linke ist dagegen für eine Legalisierung von Cannabis.

Nach der Ersten Lesung im Parlament wird der Gesetzentwurf in den Fachausschüssen weiter beraten. Auch eine Expertenanhörung zu dem Thema ist geplant. Noch in diesem Jahr soll der Bundestag dann darüber abstimmen.

Philipp Eckstein, ARD Berlin, tagesschau, 18.10.2023 10:09 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk Kultur am 18. Oktober 2023 um 05:37 Uhr.