Lindner attackiert CSU "Söder sagt morgens was anderes als abends"
FDP-Chef Lindner hat den CSU-Vorsitzenden Söder als unseriös kritisiert. Im Interview für den Bericht vom Parteitag kassierte Lindner zudem eine Forderung ein, die die FDP-Delegierten zuvor beschlossen hatten.
Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner hat CSU-Chef Markus Söder scharf attackiert und ihm unseriöses Verhalten vorgeworfen. "Der sagt morgens was anderes als abends. Der ändert permanent seine Position", sagte Lindner im Interview mit dem ARD-Hauptstadtstudio für den Bericht vom Parteitag der FDP. "Erst will er der Erste sein, der die Verbrennerautos verbietet. Danach sagt er, das darf niemals passieren. Das finde ich schlicht unseriös."
Der FDP-Chef ging damit nicht nur auf Distanz zu Söder mit Blick auf eine mögliche Zusammenarbeit nach den Landtagswahlen in Bayern im Herbst. Zugleich sandte Lindner indirekt auch ein Signal in der aktuellen Debatte über die Kanzlerkandidatur der Unionsparteien für die Bundestagswahl 2025 aus. Auf die Frage nach seiner Haltung gegenüber dem CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz erklärte Lindner demonstrativ: "Merz ist ein Politiker, der seriös ist."
Lindner sieht keinen Richtungsstreit in der FDP
Dennoch machte Lindner deutlich, dass es in der Sache durchaus eine Reihe von Differenzen zwischen ihm und dem CDU-Chef gebe. Als Beispiele nannte er, "dass jetzt auch die CDU über Steuererhöhungen nachdenkt, dass sie teilweise damit liebäugelt, gar über 50 Prozent Steuern beim Einkommen zu verlangen, dass bei der Erbschaftssteuer unser Mittelstand geschwächt werden soll".
Mit Blick auf die eigene Partei bestritt Lindner, dass es in der FDP Differenzen in der Frage gebe, ob die Partei harte Kante zeigen oder vorrangig konstruktiv nach Lösungen von Problemen suchen solle. "Diese Richtungsdiskussion, die gibt es schlichtweg nicht", sagte der Parteichef.
Rechtfertigung des Vorgehens beim Heizungstausch
In dem Interview äußerte sich Lindner auch zum geplanten Gebäudeenergiegesetz, bei dem er als Teil der Bundesregierung dem Gesetzentwurf zugestimmt, aber zugleich Vorbehalte in einer Protokollerklärung formuliert hatte. Ein solches Vorgehen bezeichnete er als "ständige Staatspraxis". Dass ein Koalitionspartner in der Regierung für ein Gesetz stimme und es im parlamentarischen Verfahren zu ändern versuche, habe es auch in der Vergangenheit gegeben. Da ohnehin der Bundestag die Gesetze beschließe und nicht die Regierung, sollten Verfahren nicht angehalten werden, um keine Zeit zu verlieren.
Lindner betonte mit Blick auf die Streitpunkte im geplanten Gebäudeenergiegesetz aber ausdrücklich: "Ich fühle mich bestärkt darin, durch das, was der Parteitag beschlossen hat. Der Gesetzentwurf kann nicht so vom Bundestag beschlossen werden, wie er jetzt als Beratungsgrundlage vorgelegt wird."
Die Delegierten der FDP-Parteitags hatten unter anderem gefordert, in den anstehen Beratungen des Gesetzes auf finanzielle Anreize statt auf Verbote bei der Erneuerung von Heizungen zu setzen. Zudem heißt es im Beschluss der Delegierten: "Bevor der Staat den Bürgerinnen und Bürgern detaillierte Vorgaben für ihre Heizungskeller macht, muss er Erfolgsbedingungen einer klimafreundlichen technischen Infrastruktur schaffen."
Lindner widerspricht CO2-Parteitagsbeschluss
In einem anderen Punkt machte Lindner deutlich, dass ein Beschluss des Parteitags an der Wirklichkeit vorbeigehe und nicht umgesetzt werden könne. Laut dem verabschiedeten Leitantrag will die Partei in Sachen CO2-Preis, "die Bepreisung über das Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) schnellstmöglich in einen echten Zertifkatehandel in den Wirtschaftsbereichen Verkehr, Gebäude und Gewerbe überführen. Dies ist bereits ab dem 1. Januar 2024 möglich". Diesen Termin hatten Klimapolitiker der Partei im Leitantrag durchgesetzt.
Lindner sagte auf Nachfrage, dass die Koalition verabredet habe, "dass wir ab 2027 einen solchen Zertifikatehandel einführen werden. Also es ist nicht mehr nur eine FDP-Position, sondern bereits eine Absicht der Koalition." Ein Vorziehen dieses Schrittes um drei Jahre auf 2024 sei aber "politisch und technisch nicht mehr möglich", sagte Lindner. "Umsetzbar ist das, was wir verabredet haben, ab 2027." Dann habe nämlich die EU den entsprechenden Zertifikatehandel vorgesehen.
Bundesparteitag beendet
Die FDP hatte am Mittag ihren dreitägigen Bundesparteitag beendet. Die Delegierten hatten bei ihren Beratungen in Berlin unter anderem Parteichef Lindner für zwei weitere Jahre im Amt sowie Wolfgang Kubicki und Johannes Vogel als seine Stellvertreter bestätigt. Bettina Stark-Watzinger wurde als neue Parteivize gewählt. Sie tritt die Nachfolge von Nicola Beer an, die als Vizepräsidentin zur Europäischen Investitionsbank geht.
In den inhaltlichen Beschlüssen hatte der FDP-Bundesparteitag nach längeren Beratungen den Leitantrag des Bundesvorstandes gebilligt. Unter der Überschrift "Ja zu mehr Wohlstand - Nutzen wir die Energie der Krisenbewältigung für ein ambitioniertes Innovations- und Wachstumsprogramm" enthält dieser viele bekannte Positionen. Die Freien Demokraten verlangen, Deutschland wieder zum Weltmarktführer für Innovation und technologischen Fortschritt zu machen, wachstumsfreundliche Rahmenbedingungen zu schaffen und das Aufstiegsversprechen für alle Menschen mit neuem Leben zu füllen. Nötig seien solide Finanzen, mehr Digitalisierung und weniger Bürokratie, eine moderne Verkehrs- und Energie-Infrastruktur, eine faire Chance für Vermögensbildung vor allem durch Aktien sowie beste Bildungschancen für alle Kinder.
Das Interview mit FDP-Chef Christian Lindner sehen Sie heute Abend im Bericht vom Parteitag der FDP um 23.35 Uhr im Ersten. Den Bericht aus Berlin sehen Sie um 18 Uhr im Ersten.