Flüchtlingsgipfel von Bund und Ländern Wenig Hoffnung auf den großen Durchbruch
Seit Langem streiten Bund und Länder über die Aufteilung der Kosten für die Unterbringung Geflüchteter. Die Fronten sind verhärtet. Aus den Ländern kommt teilweise scharfe Kritik.
Es ist ein dickes Brett, das Bund und Länder beim Flüchtlingsgipfel zu bohren haben. Während Letztere auf mehr Geld pochen, um Städte und Kommunen bei der Versorgung Geflüchteter unter die Arme zu greifen, stellt der Bund sich quer. Aus Sicht des Bundes beteiligt er sich bereits überproportional an den Kosten. Bundesfinanzminister Lindner verwies zuletzt im ZDF darauf, dass in diesem Jahr bereits 15,6 Milliarden Euro an die Länder gegangen seien.
Wüst: Brauchen langfristiges Konzept
Nordrhein-Westfalens Regierungschef Hendrik Wüst von der CDU warf dem Bund im ARD-Morgenmagazin vor, sich aus der Verantwortung zu stehlen: "Der Bund will sich aus seiner Verantwortungsgemeinschaft verabschieden." Angesichts der steigenden Zahlen an Flüchtlingen ist die Rechnung für Wüst einfach: Kämen mehr Menschen, müssten auch mehr Mittel bereitgestellt werden. Dabei gehe es um finanzielle Hilfen für beispielsweise Sprachkurse, zusätzliche Kita-Gruppen und mehr Integrationsleistungen für Familien und Kinder, so der Ministerpräsident.
Als lobenswert sieht Wüst die aktuellen Bemühungen des Bundes bei der Hilfe für Flüchtlinge aus der Ukraine. Allerdings kämen auch wieder vermehrt Menschen aus anderen Ländern. Hier gebe es dringenden Handlungsbedarf. Da sei es nicht in Ordnung, dass sich Berlin in dieser Frage "deutlich zurückziehen" wolle. Stattdessen "brauchen wir eine dauerhafte, verlässliche Lösung, die atmet", so der CDU-Politiker mit Blick auf die Länder-Forderung, dass sich die Finanzierungshilfen des Bundes an der Anzahl der Geflüchteten orientieren müssten.
Von seinem Parteikollegen Daniel Günther aus Schleswig-Holstein kommen ähnliche Töne. Auf NDR Info warf dieser der Bundesregierung vor, sich dramatisch aus der Finanzierung zurückgezogen zu haben. Günther appellierte an Kanzler Olaf Scholz, in der Flüchtlingsfrage nicht hartherzig zu sein und kündigte an, dass die Länder auf dem Gipfel nicht klein beigeben würden.
Weil: Zeichen stehen auf Zwischenlösung
Der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz und Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil von der SPD dämpft die Hoffnungen auf ein langfristiges Konzept. Ihm zufolge sei bei den Beratungen maximal eine Zwischenlösung zu erwarten, die für das laufende Jahr trage, so Weil im RBB24 Inforadio.
Dem SPD-Politiker zufolge gibt es beim Thema Geflüchtete einen grundsätzlichen Konflikt zwischen Bund und Ländern und da habe er "leider nicht die ganz große Hoffnung, dass wir uns in diesem Grundsatzthema heute einig werden." Sollte bei dem Treffen aber eine Zwischenlösung erzielt werden, wäre das Weil zufolge bereits ein Erfolg.
Etwas ambitionierter klingt sein Parteikollege Dirk Wiese. Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende im Bundestag sagte im ARD-Morgenmagazin: "Wir wollen heute ein Ergebnis erzielen." Ihm sei bewusst, dass die Diskussionen schwierig seien. In den Beratungen heute müsse geschaut werden, wo nicht nur Geld helfe. Stattdessen sei die Thematik ein "Gesamtpuzzle", so dass auch die europäische Ebene in den Blick genommen werden müsse um zu schauen, wie dort ein Ergebnis erzielt werden könne, so Wiese.
Rehlinger: Lindner soll "Ermöglichungsminister" sein
Auch die saarländische Ministerpräsidentin, Anke Rehlinger, sieht wenig Möglichkeiten für einen große Durchbruch. Die Zeitenwende, die einige FDP-Politiker in der Migrationspolitik fordern, werde es ihrer Ansicht nach nicht geben, so die SPD-Politikerin im Deutschlandfunk. Vielmehr gehe es darum, "das, was man schon vielleicht mal miteinander vereinbart hat, noch konsequenter, technisch besser aufgestellt umzusetzen."
Auch sie bekräftigte die Forderung, dass aus Berlin mehr Geld in die Länder und Kommunen fließen soll. Von Bundesfinanzminister Lindner erwartet Rehlinger, dass er als "Ermöglichungsminister" auftrete. "Die Belastungen sind extrem hoch in den Kommunen, in den Ländern. Natürlich hat der Bund auch schon richtig viel Geld gegeben, aber am Ende des Tages reicht es eben im Moment noch nicht aus."
Ramelow: Stimmung ist schlecht
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow pocht in diesem Zusammenhang erneut auf einen "Pro-Kopf-Betrag", den der Bund für Geflüchtete zahlen soll. Außerdem ist aus Sicht des Linken-Politikers zusätzliches Geld für die Versorgung schwerkranker Menschen nötig, die nach Deutschland flüchten. "Die Kosten für ihre medizinische Versorgung kann man nicht den Landkreisen und kreisfreien Städten überlassen", sagte der Ministerpräsident.
Für ihn steht das Treffen heute unter keinem guten Stern. "Der Bund hat im Vorfeld nicht einmal die üblichen Höflichkeitsformen bei der Kommunikation eingehalten", so der Linken-Politiker. "Das vom Bundeskanzleramt bisher vorgelegte Papier ist für mich nicht verhandelbar."