Maßnahmen der Grünen 15-Punkte-Plan gegen die Angriffe
Die Grünen sind am häufigsten Ziel von Beleidigungen und Einschüchterungen. Mit 15 Maßnahmen wollen sie den Anfeindungen nun begegnen. Einiges davon könnte schwierig durchzusetzen sein.
Die Szene ist bestürzend: Vor laufender Kamera eines Reporter-Teams der Deutschen Welle werden Anfang Mai in Dresden die Spitzenkandidatin Yvonne Mosler und weitere Wahlkämpfer der Grünen massiv angegangen und bespuckt. Es sollen rechtsextreme Parolen gerufen worden sein. In die rechtsextreme Szene führte auch der Fall des zusammengeschlagenen SPD-Politikers Matthias Ecke.
Auch die Anzahl der Beleidigungen sei deutlich angestiegen, sagte BKA-Präsident Holger Münch. Hiervon seien vor allem die Grünen bundesweit am stärksten betroffen, von Körperverletzungen die AfD. Für die Grünen geht die größte Gefahr aber von den Rechten aus.
"Seit Jahresbeginn zeigen Menschen in ganz Deutschland, dass sie Rechtsextremen entgegentreten, dass sie unsere Demokratie und unsere liberale Gesellschaft gegen ihre Feinde verteidigen. Auch politisch können und müssen wir unseren Rechtstaat weiter stärken", begründet der Co-Vorsitzende der Grünen, Omid Nouripour, den 15-Punkte-Plan seiner Partei gegenüber tagesschau.de.
"Mit Mut und Entschlossenheit gegen Rechtsextreme"
Damit wollen die Grünen etwa engagierte Bürger besser schützen - ob in Sportvereinen, der Flüchtlingshilfe oder eben in der Kommunalpolitik. Etwa sollen private Wohnadressen durch eine Reform des Bundesmeldegesetzes und auch der Wahlordnung künftig nicht mehr öffentlich sein.
Rechtsextremen Organisationen sollen Räume entzogen werden für Veranstaltungen, eigene Freizeitangebote oder Sportunterricht für Kinder und Jugendlichen, mit denen sie für sich werben. "Diese langfristige und perfide Strategie wird genutzt, um die eigene, menschenverachtende Ideologie zu verbreiten", heißt es in dem Papier. Bei der Durchsetzung seien auch Polizei und Verfassungsschutz gefordert. Insgesamt müssten die Behörden beim Thema Rechtsextremismus einen Schwerpunkt setzen und auch personell entsprechend ausgestattet werden.
Die Grünen sähen bestimmte rechtsextreme Organisationen gern zerschlagen und nennen in dem Zusammenhang die "Identitäre Bewegung", den Verein "Ein Prozent" und rechtsextreme Burschenschaften: Sie alle stünden im Umfeld der AfD.
Vor einiger Zeit forderten die Grünen auch schon ein Verbot der Jungen Alternative (JA), der Jugendorganisation der AfD. Wie auch die Partei selbst hat das Oberverwaltungsgericht in Münster bestätigt, dass auch die JA vom Bundesverfassungsschutz als rechtsextremer Verdachtsfall geführt werden darf. Zuständig für die Verbote von Vereinen und Organisationen ist die Bundesinnenministerin.
Task-Force soll AfD-Parteiverbot prüfen
Anders ist die Rechtslage bei einem Parteiverbot: Diese prüft ausschließlich das Bundesverfassungsgericht. Bislang wurden in der Geschichte der Bundesrepublik nur zwei Parteien verboten: die Sozialistische Reichspartei (SRP) im Jahr 1952 und die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) im Jahr 1956. Ein NPD-Verbot scheiterte zweimal.
Die Grünen bezeichnen ein Parteienverbot als das "Instrument der wehrhaften Demokratie" gegen eine erstarkte AfD. In der Parteispitze gibt es noch keine direkte Forderung danach. Aber sie wollen nun eine umfassende Materialsammlung erstellen lassen. Sämtliche Erkenntnisse der verschiedenen Verfassungsschutzbehörden aus Bund und Ländern sollten systematisch über die AfD und die JA in einer Task-Force zusammengeführt und bewertet werden. Ein mögliches Verbot könne man so regelmäßig abwägen. Die Task-Force solle von Bund und Länder im Rahmen der Innenministerkonferenz (IMK) eingerichtet werden.
Kampf müsse europaweit geführt werden
Die Grüne Spitzenkandidatin für die anstehende EU-Wahl, Terry Reintke, sieht bei allem auch die Gefahr einer globalen Vernetzung. Das habe nicht zuletzt der Fall Petr Bystron gezeigt, gegen den die Staatsanwaltschaft in München nun offiziell auch ein Ermittlungsverfahren eingeleitet hat.
"Wir wollen unter anderem mit einer europäischen Nachrichtendienstagentur die europäische Zusammenarbeit auch hier intensivieren, um unsere Spionageabwehr schlagkräftig zu machen. Auch braucht es mehr Befugnisse für die Sicherheitsbehörden, um dubiose Finanzströme offenzulegen", sagte Reintke zu tagesschau.de. Letztlich müsse auch Hass und Hetze im Netz entschiedener entgegengetreten werden. Der kürzlich in Kraft getretene "Digital Services Act" sei hier ein wichtiger Schritt.
Vieles, was im Maßnahmenpapier der Grünen steht, ist bereits in der Diskussion und wird auch von SPD und FDP mitgetragen, jedoch nicht alles. Für einige Punkte bräuchte es auch eine Zusammenarbeit mit der Union auf Bundesebene, wenn es etwa um konkrete verfassungsrechtliche Änderungen geht.