Schuldenbremse für 2025 Neuer Haushalt, alte Debatte
Braucht es eine Reform der Schuldenbremse? Der Haushalt für 2025 treibt diese alte Debatte wieder neu an: SPD und Grüne sind dafür, Finanzminister Lindner ist weiterhin dagegen - und Wirtschaftsexperten sind sich uneinig.
Nicht nur die Koalitionspartner stellen sich gegen die Sparvorgaben von Bundesfinanzminister Christian Lindner. Auch die Chefin der sogenannten Wirtschaftsweisen, Monika Schnitzer, sagte der "Rheinischen Post", in Bereichen wie Infrastruktur, Energiewende und Digitalisierung zu sparen, halte sie für kontraproduktiv.
Sie sprach sich daher für eine Reform der Schuldenbremse in Verbindung mit dem Abbau von Subventionen aus. "Man wird an mehreren Stellschrauben drehen müssen", sagte Schnitzer. Durch eine Reform der Schuldenbremse, wie sie der Sachverständigenrat für Wirtschaftsfragen empfehle, lasse sich ein "zusätzlicher Verschuldungsspielraum im unteren zweistelligen Milliardenbereich schaffen". Auch empfahl sie "die Kürzung von umweltschädlichen Subventionen".
Lindner will Milliarden einsparen
Finanzminister Lindner (FDP) versucht hingegen, auch 2025 die Neuverschuldung Deutschlands mit allen Mitteln zu begrenzen und die Schuldenbremse einzuhalten. Dafür müssten wohl insgesamt mehr als 20 Milliarden Euro gespart werden. Aber nicht alle in der Koalition wollen seinen Sparvorgaben folgen: Mehrere Ministerien von Grüne und SPD gaben ihren geschätzten Bedarf für das kommende Jahr höher an, als Lindner es vorsah.
Dabei schloss sich die Mehrheit der Wahlberechtigten Lindners Ansicht an: Im jüngsten ARD-DeutschlandTrend sprachen sich 54 Prozent dafür aus, an der Schuldenbremse festzuhalten - darunter vor allem Anhänger der FDP. Am meisten sahen die Befragten Sparpotential beim Bürgergeld (56 Prozent) und bei den Ausgaben für die Integration von Flüchtlingen (47 Prozent). Hingegen sprachen sich vier von zehn dafür aus die Schuldenbremse zu lockern, zum Beispiel für öffentliche Investitionen.
Auch Union gegen Reform
An der Schuldenbremse festhalten wollen auch CDU und CSU. So sagte der haushaltspolitische Sprecher der Union, Christian Haase: "Wir bewegen uns nicht bei der Schuldenbremse. Deswegen wird es die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit für eine Grundgesetzänderung in dieser Legislatur nicht geben."
Doch die Koalitionspartner der FDP blieben zuletzt ähnlich hartnäckig und fordern einen anderen Kurs. "Halten wir daran fest, so werden die Kosten, die künftige Generationen zu tragen haben, die Kosten der Kreditaufnahme in den Schatten stellen", so das Wirtschaftsforum der SPD in einem Papier. Auch Wirtschaftsminister Robert Habeck von den Grünen will die Schuldenbremse lockern und ein "kurzfristiges, aber wuchtiges Entlastungsprogramm" für die Wirtschaft auflegen.
OECD für Reform, Ifo dagegen
Das sah auch die Industriestaaten-Organisation OECD so und legte der Bundesregierung am Donnerstag eine Reform der Schuldenbremse nahe. Diese erhöhe den Spielraum für Nettoinvestitionen, sagte der OECD-Deutschlandexperte Robert Grundke.
Anders sieht das wiederum Niklas Potrafke, Experte des Münchner Ifo-Instituts. Damit es dem Wirtschaftsstandort Deutschland besser gehe seien Reformen wie der Bürokratieabbau, mehr öffentliche Investitionen in die Infrastruktur und Digitalisierung nötig. "Dafür sollte aber auf keinen Fall die Schuldenbremse aufgeweicht werden, vielmehr bedarf es beispielsweise einer Anpassung des Renteneintrittsalters an die Lebenserwartung", so der Experte.
Drei Ministerien wollen mehr Geld
Für den Bundeshaushalt 2025 sehen mehrere Bundesministerien allerdings schon jetzt einen Mehrbedarf. So gab etwa das Auswärtige Amt von Annalena Baerbock (Grüne) Medienberichten zufolge einen Bedarf von 7,39 Milliarden Euro an. Lindner will das Budget hingegen auf 5,1 Milliarden Euro kürzen - von 6,1 Milliarden im laufenden Jahr. Würde sich Baerbock an die Vorgaben des Finanzministers halten, müsste die humanitäre Hilfe für Krisengebiete wie den Nahen Osten und die Ukraine laut den Berichten um rund die Hälfte gekürzt werden.
Auch beim Entwicklungsministerium wollte Lindner demnach mehr als zwei Milliarden Euro kürzen: auf mehr als 9,878 Milliarden Euro. Das Ministerium von Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) meldete allerdings einen Bedarf von 12,16 Milliarden Euro an. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtete, nannte das Ministerium als wichtigsten Grund dafür die Unterstützung der Ukraine, etwa die Hilfe für den Erhalt der Stromversorgung.
Nach den Plänen des Finanzministeriums soll auch das Innenministerium sparen: Der Bedarf solle um 1,2 Milliarden Euro auf 12,1 Milliarden sinken. Das sei "nicht ansatzweise verantwortbar", hieß es in einem Schreiben von Innenministerin Nancy Faeser (SPD) an den Finanzminister, das dem "Spiegel" vorlag. Es sei mehr Geld nötig, etwa wegen jüngster Tariferhöhungen, Integration, Grenzkontrollen sowie Cyber-Sicherheit. Eine genaue Summe, die Faeser fordere, wird in dem Bericht allerdings nicht genannt.
Verteidigung muss nicht sparen
Auch das Verteidigungsministerium liegt weit über dem Haushaltsansatz: Minister Boris Pistorius (SPD) forderte demnach 6,5 Milliarden Euro mehr. Das Ministerium ist allerdings als einziges von den Sparvorgaben ausgenommen, etwa um das Zwei-Prozent-Ziel der NATO zu erreichen.