Koalitionsausschuss im Kanzleramt Ampel muss Spitzentreffen unterbrechen
Seit Sonntagabend getagt, noch kein Ergebnis: Die Ampelkoalitionäre haben ihr Spitzentreffen unterbrechen müssen. Mehrere Teilnehmer wollen zu den deutsch-niederländischen Regierungskonsultationen reisen. Morgen soll es weitergehen.
Die Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP hat ihr Spitzengespräch vorerst unterbrochen. Der Koalitionsausschuss habe "zu wichtigen Modernisierungsthemen des Landes getagt", hieß es in einer Mitteilung. Dabei seien die Beteiligten "in vertrauensvollen und konstruktiven Gesprächen weit vorangekommen".
Die Sitzung sei wegen der deutsch-niederländischen Regierungskonsultationen in Rotterdam aber unterbrochen worden, an der Bundeskanzler Olaf Scholz und mehrere Minister teilnehmen wollen. Der Koalitionsausschuss soll am Dienstag fortgesetzt werden.
Während der Ausschusssitzung drangen nur wenige Informationen nach außen. Es gehe bei den Gesprächen insbesondere um die Frage von Planungsbeschleunigungen für Infrastrukturmaßnahmen, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. "Und da sind viele Zielkonflikte miteinander zu klären." Es gelte etwa, den Wunsch nach schnellerem Ausbau erneuerbarer Energien, Straßen und Schienen unter einen Hut zu bringen mit Bezahlbarkeit, Planbarkeit und der Zukunft der industriellen Fertigung in Deutschland.
Grüne fordern von Wissing mehr Anstrengungen
Begonnen hatten die Beratungen im Kanzleramt am frühen Sonntagabend. Scholz hatte sich optimistisch gezeigt, dass es konkrete Ergebnisse geben würde. Die Spitzen der Koalition wollten eine lange Liste von Streitpunkten abarbeiten. Als größtes Konfliktthema deutete sich im Vorfeld der Klimaschutz im Verkehr an. Denn hier muss die Bundesregierung eine Trendwende schaffen.
Laut Umweltbundesamt stiegen die Treibhausgasemissionen in diesem Bereich zuletzt, statt zu sinken. Vor allem die Grünen verlangen von Verkehrsminister Volker Wissing mehr Anstrengung. Dessen FDP lehnt aber zum Beispiel ein generelles Tempolimit auf deutschen Autobahnen strikt ab, ebenso wie eine Reform der Dienstwagenbesteuerung.
FDP für abgespeckte Prüfungen
Doch das sind nicht die einzigen Maßnahmen, die infrage kämen. Das Umweltbundesamt und Umweltverbände fordern ein Bonus-Malus-System für neuzugelassene Pkw: Der Kauf klimaschonender Pkw mit geringen CO2-Emissionen soll gefördert, der Kauf besonders hoch emittierender Pkw verteuert werden. Ob die FDP einem solchen Schritt zustimmen kann, ist fraglich - ebenso wie einer Reform der Pendlerpauschale.
Ohne konkrete Maßnahmen für mehr Klimaschutz im Verkehr dürften aber die Grünen einem schnelleren Bau von Autobahnstrecken nicht zustimmen. Die FDP will, dass nicht nur Bahnstrecken und Brücken schneller gebaut werden, sondern auch bestimmte Autobahnen. Dazu könnte man etwa die Umweltverträglichkeit weniger aufwendig prüfen. Im Vorfeld des Koalitionsausschusses galt als Kompromiss eine Einigung auf ausgewählte Projekte wie Strecken, auf denen es jetzt schon ständig Stau gibt.
Angeblich Kompromiss zum Aus von Ölheizungen
Auch bei anderen Fragen war der Ton in der Koalition zuletzt rau geworden - etwa beim Austausch von Öl- und Gasheizungen. Die Grundidee ist in der Koalition eigentlich längst vereinbart: Ab 2024 sollen möglichst nur noch solche Heizungen neu eingebaut werden, die zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. De facto bedeutet das ein Aus für konventionelle Öl- und Gasheizungen.
Habeck goss das in einen umstrittenen Gesetzentwurf. SPD und FDP betonen beide, Hausbesitzer und Mieter dürften nicht überfordert werden. Auf der Suche nach einem Kompromiss war die Ampel schon vor dem Spitzentreffen vorangekommen - ohne dass bisher Details durchsickerten.
Paus meldet einen Bedarf von 12 Milliarden Euro an
Weiter gibt es bei der Finanzierung der Kindergrundsicherung Klärungsbedarf. Diese soll ab 2025 soll die staatlichen Leistungen für Familien und Kinder bündeln. Umstritten ist, was alles dazugehören soll. Familienministerin Lisa Paus will eine Aufstockung, weil die bisherigen Hilfen ihrer Meinung nach Kinderarmut nicht ausreichend bekämpfen.
Sie hat deshalb einen Bedarf von zwölf Milliarden Euro angemeldet. Finanzminister Christian Lindner hält ein Aufstocken nicht für zwingend, weil die Koalition gerade das Kindergeld angehoben hat.
FDP verweist auf ausstehenden Bundeshaushalt
Ohnehin sind die drei Regierungsparteien beim Thema Geldausgeben unterschiedlicher Meinung. FDP-Politiker mahnten vor dem Koalitionsausschuss wiederholt Disziplin bei den Finanzen an - vor allem mit Blick auf den nun ausstehenden Bundeshaushalt für 2024.
"Alle Koalitionsparteien müssen die aktuellen finanzpolitischen Realitäten anerkennen", sagte Generalsekretär Bijan Djir-Sarai. Doch hätten die drei Parteien kein gemeinsames Grundverständnis.