Kaputtes Ventil in AKW Isar 2 Leck befeuert Laufzeitdebatte
Wer wusste wann vom kaputten Ventil im AKW Isar 2? Darüber gibt es Streit zwischen Umweltministerin Lemke und Bayern. Deren Freie Wähler machen Druck auf den Bund, grundsätzlich über den AKW-Weiterbetrieb zu entscheiden.
Die bayerische Staatskanzlei weiß nach eigenen Angaben erst seit Montag - und zwar aus den Medien - von einem defekten Ventil im Kraftwerk Isar 2. Man habe aus der Berichterstattung davon erfahren, sagte ein Sprecher auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa. Ministerpräsident Markus Söder wollte sich zunächst nicht äußern.
Am Montag war bekannt geworden, dass ein Druckventil im Kühlkreislauf derart verschlissen ist, dass es für einen möglichen Betrieb über den Jahreswechsel hinaus ausgetauscht werden muss. Die Reparatur müsste dem Betreiber, der E.ON-Tochter Preussen-Elektra zufolge noch im Oktober erfolgen, da der Meiler ansonsten mangels Energie nicht wieder hochgefahren werden könne. Bisher hatte es immer geheißen, Isar 2 könne bis zum Jahresende unter Volllast laufen.
Bundesumweltministerin Steffi Lemke hatte zuvor beklagt, keine früheren Hinweise aus Bayern erhalten zu haben. Ihr Ministerium hatte am Montag mitgeteilt, vom Betreiber über das Leck informiert worden zu sein.
Bei der aus ihrer Sicht verzögert angekommen Information habe sie insbesondere die Union und den bayerischen Staatsminister für Umwelt und Verbraucherschutz, Thorsten Glauber von den Freien Wählern im Visier, sagte Lemke. Söder und der CDU-Chef Friedrich Merz hätten sich schließlich beide den Reaktor angeschaut und mit dem Betreiber gesprochen. Auch stelle sich die Frage, warum Minister Glauber, der auch Chef der bayerischen Atomaufsicht ist, nicht auf das Problem hingewiesen habe. "Das ist einfach unseriös", so Lemke.
"Sicherheitsfragen systematisch ignoriert"
Das aufgetretene Leck mache deutlich, "dass Fragen der Sicherheitsanforderungen bei der politischen Debatte über eine Laufzeitverlängerung von CDU und CSU systematisch ignoriert werden", kritisierte Lemke. "Die neue Wendung ist für mich auch eine Bestätigung, dass eine Laufzeitverlängerung von drei bis vier Jahren nicht verantwortlich und auch nicht einfach möglich ist", sagte sie weiter.
In der bayerischen Landesregierung sieht man das anders, zumindest mit Blick auf einen kurzfristigen Weiterbetrieb. Glauber sagte: "Es braucht jetzt endlich eine Entscheidung des Bundes und keine weitere Taktiererei." Es zeige sich, dass die Idee einer Kaltreserve der Kraftwerke Isar 2 in Bayern und Neckar-Westheim in Baden-Württemberg von Januar bis April keine gute Lösung sei. "Ein Kernkraftwerk ist kein Notstromaggregat. Jetzt zeigt sich, welche Hürden diese Idee in sich trägt."
Hubert Aiwanger, Friedrich Merz, Markus Söder und Thorsten Glauber am 4. August bei einem Besuch im Kernkraftwerk Isar 2.
Aiwanger: "Endlich hopp oder top"
Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger sagte, Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck müsse "jetzt endlich hopp oder top" zur Laufzeitverlängerung sagen. Der Betreiber, die Politik und die Wirtschaft müssten wissen, wie es sofort und ab Januar weitergehe.
"Im Falle einer - dringend nötigen - Laufzeitverlängerung müssen in den nächsten Wochen Wartungen vorgenommen werden, wie die Auswechslung des Ventils oder eine neue Zusammenstellung der Brennstäbe, um dann im neuen Jahr mehrere Monate ohne Unterbrechung durchproduzieren zu können", betonte Aiwanger.
Diese Wartungen müssten aber nicht erfolgen, wenn an Silvester Schluss sei. "Wer sich mit den technischen Fragen ernsthaft beschäftigt, muss diesen Hilferuf des Betreibers nach Entscheidung jetzt endlich erhören."
Kritiker der Kernkraft forderten die sofortige Abschaltung von Isar 2. Die Anti-Atom-Organisation Ausgestrahlt betonte: "Der jetzt bekannt gewordene Ventil-Schaden im AKW Isar 2 ist nicht der erste in diesem Jahr: Schon im Januar trat ein Ventil-Leck in Isar-2 auf, E.ON nahm den Reaktor damals vom Netz."