Migration Kretschmer facht Obergrenzen-Debatte erneut an
Die Asyldebatte in Deutschland verschärft sich weiter. Der sächsische Ministerpräsident Kretschmer hält nun selbst bisherige Vorschläge für eine Begrenzung für zu hoch. Finanzminister Lindner will Leistungen einschränken.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer hat seine Forderung nach einer Obergrenze für Asylbewerber verschärft. "Aktuell sind nicht einmal 200.000 pro Jahr möglich", sagte der CDU-Politiker nach einem Treffen mit Bundesfinanzminister Christian Lindner in Berlin.
Die sächsische Landesregierung hatte in Berlin eine auswärtige Kabinettssitzung abgehalten, an der neben Lindner auch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil und der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Carsten Schneider, teilnahmen.
Kretschmer verwies auf die Aufnahme von rund einer Million ukrainischen Geflüchteten und auf die angespannte Situation in Asylunterkünften und Schulen. Der Bund habe diese Probleme lange verdrängt. Nun müsse man über härtere Maßnahmen sprechen als noch vor einem halben oder einem Dreivierteljahr, so Kretschmer - etwa über das Kürzen von Leistungen. An Menschen mit geringen Chancen auf Asyl müsse die Botschaft gehen: "Es hat keinen Wert, nach Deutschland zu kommen."
Lindner nennt keine Zahl für Obergrenze
Zur Diskussion um die Neuaufstellung der Finanzierung der Asylkosten sagte Kretschmer: "Die Zahlen müssen runter. Das klären wir nicht mit Geld." Darin sei er sich mit Finanzminister Lindner einig.
Christian Lindner selbst wollte auf Nachfrage von Journalisten keine Zahl für eine Obergrenze nennen. Es müsse aber eine kritische Bestandsaufnahme aller Leistungen für Asylbewerber geben, so der FDP-Politiker. Er schloss darin ausdrücklich den Zugang zur gesetzlichen Krankenversicherung etwa für abgelehnte Asylbewerber ein.
Kretschmer hatte im Mai grundsätzliche Reformen in der Asylpolitik angeregt. Er forderte eine Diskussion über eine weitere Einschränkung des Grundrechts auf Asyl. Der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Thorsten Frei, schlug wenig später eine Obergrenze von 200.000 Personen pro Jahr vor.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat den Vorschlag einer jährlichen Obergrenze im September abgelehnt. Das internationale Recht spreche dagegen, sagte die SPD-Politikerin in der ARD-Sendung Anne Will. Sie verwies unter anderem auf die Genfer Flüchtlingskonvention. Mit Obergrenzen mache man Menschen nur vor, etwas werde besser, sagte die Ministerin.
Auch Bundeskanzler Olaf Scholz bezeichnete die Diskussion um eine Obergrenze im September als "heiße Luft".
Bund-Länder-Beratung Anfang November
Die Bundesländer gehen aktuell davon aus, dass bis Ende 2023 deutlich mehr als 300.000 Asylsuchende neu nach Deutschland gekommen sind. Vergangene Woche hatten sie Forderungen zu einer besseren Finanzierung, schnelleren Asylverfahren und den Umstieg von Geldauszahlungen auf Bezahlkarten für Asylbewerber aufgestellt.
Ebenfalls vergangene Woche hatte die Bundesregierung sich auf die Grundzüge für weitere Asylreformen geeinigt. So sollen Abschiebungen durch Beschneidung von Rechten der Betroffenen erleichtert, der Zugang zum Arbeitsmarkt für Asylsuchende gleichzeitig aber erleichtert werden.
Am Freitag war Bundeskanzler Scholz zudem mit Unionsfraktionschef Friedrich Merz und den Ministerpräsidenten von Hessen und Niedersachsen, Boris Rhein und Stephan Weil, zur Asylpolitik zusammengekommen. Konkrete Beschlüsse gab es nicht. Anfang November berät sich der Kanzler erneut mit den Bundesländern.