NPD-Parteifinanzierung Was bedeutet das Urteil für die AfD?
Für das Bundesverfassungsgericht ist klar: Die NPD ist verfassungsfeindlich. Deshalb kann der Nachfolgepartei "Die Heimat" die staatliche Finanzierung entzogen werden. Lässt sich das auf die AfD übertragen?
Wie erwartet hat das Bundesverfassungsgericht die NPD, die sich jetzt "Die Heimat" nennt, von staatlicher Finanzierung ausgeschlossen, und zwar, wie es die Regeln vorsehen, für sechs Jahre. Damit hat es dem Antrag von Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung stattgegeben.
Die Richterinnen und Richter des zweiten Senats prüfen noch einmal, ob die Führungsebene der Partei nicht von V-Leuten des Staates durchsetzt ist. Aber sie haben sich überzeugen lassen, dass der Staat aus den erstem Verbotsverfahren gegen die NPD 2003 gelernt hat, als sich das als großes Problem herausgestellt hatte. Nach den vorgelegten Dokumenten sei jetzt davon auszugehen, dass die Partei nicht klammheimlich von staatlichen verdeckten Ermittlern gesteuert würde.
Keine Probleme mit dem Demokratieprinzip
Das Gericht sieht auch keine Probleme mit dem Demokratieprinzip. Die Partei hatte in diesem Verfahren kritisiert, dass es gegen die Chancengleichheit verstoße, wenn sie anders als andere Parteien keine Zuschüsse mehr vom Staat bekäme.
Aber die Partei wolle die freiheitlich demokratische Grundordnung abschaffen, so die Vizepräsidentin des Gerichts, Doris König. "Das Demokratiegebot umfasst den Grundsatz der Chancengleichheit der politischen Parteien nur, soweit diese ihrerseits die grundlegenden demokratischen Prinzipien anerkennen und achten."
Verfassungsfeindlichkeit ausdrücklich festgestellt
Den Hauptteil des 129-seitigen Urteils macht die Prüfung aus, ob die Antragsgegnerin im Verfahren, also "Die Heimat" alias NPD, immer noch verfassungsfeindlich ist. 2017 hatten die Richterinnen und Richter zwar ein Verbot der NPD abgelehnt, weil sie nicht schlagkräftig genug sei. Aber die Verfassungsfeindlichkeit wurde damals ausdrücklich festgestellt.
"Dies gilt unverändert fort", so König. "Die Antragsgegnerin missachtet nach wie vor die freiheitliche demokratische Grundordnung und ist nach ihren Zielen und dem Verhalten ihrer Mitglieder und Anhänger auf deren Beseitigung ausgerichtet."
Wesensverwandt mit dem Nationalsozialismus
Die Partei würde nach wie vor am ethnischen Volksbegriff und an der Vorstellung von der deutschen Volksgemeinschaft festhalten. Damit würde sie gegen die Menschenwürde verstoßen und gegen das Gebot der grundsätzlichen Gleichheit im Recht. Ausländer, Migranten und Minderheiten würden missachtet.
"Die nunmehr vorgelegten Belege lassen erkennen, dass die rassistische, insbesondere antimuslimische, antisemitische und antiziganistische Grundhaltung der Antragsgegnerin sowie ihre ablehnende Haltung gegenüber gesellschaftlichen Minderheiten wie etwa transsexuellen Personen unverändert fortbesteht", so König.
Außerdem sei die Partei nach den vorgelegten Belegen weiterhin wesensverwandt mit dem Nationalsozialismus. "Zudem macht sie das bestehende parlamentarische System verächtlich und ruft zu dessen Überwindung auf", so König.
Umfangreiche Beweisführung notwendig
Mit diesem Urteil ist klar: Auch wenn eine Partei nicht verboten werden soll, sondern nur die staatlichen Finanzen entzogen werden sollen, muss dennoch voll geprüft werden, ob sie verfassungsfeindlich ist.
Wer darüber nachdenkt, ob solch ein Verfahren auch gegen die AfD eingeleitet werden soll, weiß jetzt, dass in jedem Fall eine umfangreiche Beweisführung notwendig wird.
Ob solch ein Verfahren in Karlsruhe dazu führen würde, dass auch die AfD keine Wahlkampfkostenerstattung mehr bekommt und zum Beispiel Erbschaften voll versteuern müsste, lässt sich möglicherweise an einem anderen Gerichtsverfahren ablesen: Am 12. und 13. März will das Oberverwaltungsgericht Münster über die Frage verhandeln, ob die AfD als Verdachtsfall vom Verfassungsschutz beobachtet werden darf.
Da wird sich zeigen, wie viel Beweismaterial es aktuell gibt, das die Partei belastet. Die erste Instanz, das Verwaltungsgericht Köln, hatte im März 2022 festgestellt, dass es hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche, gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtete Bestrebungen der AfD gebe.
Bei der AfD nicht so einfach
Inzwischen sind die extremen Strömungen in der Partei stärker geworden. Es sollte mittlerweile also theoretisch leichter für den Verfassungsschutz sein, seine Rechtsauffassung zu untermauern.
Für ein Verfahren beim Bundesverfassungsgericht müsste dieses Beweismaterial vergleichbar sein mit dem, was das Verfassungsgericht im aktuellen Urteil zur NPD / "Die Heimat" geprüft hat. Danach kommt es nicht nur auf das jeweilige Parteiprogramm oder Reden der Parteiführung an. Auch Äußerungen von Mitgliedern können entscheidend sein, wenn sie der Partei zugerechnet werden müssen.
Mit einiger Sicherheit wäre aber die Würdigung des Beweismaterials bei der AfD nicht so einfach wie bei der NPD. Denn diese orientiert sich nach wie vor stark an nationalsozialistischem Gedankengut und lässt auch in ihrem Parteiprogramm viel erkennen, das aus Sicht des Verfassungsgerichts klar gegen die Menschenwürde verstößt.