"Leopard 1"-Kampfpanzer stehen auf dem Werksgelände der Flensburger Fahrzeugbau Gesellschaft.

Panzerlieferungen Kommt der "Leopard" zu spät?

Stand: 08.02.2023 20:12 Uhr

Mehr als 100 "Leopard 1"-Panzer waren das Gastgeschenk von Verteidigungsminister Pistorius bei seinem Ukraine-Besuch. Doch noch ist unklar, ob die Panzer rechtzeitig vor einer möglichen russischen Frühjahrsoffensive kommen.

Von Uli Hauck, ARD-Hauptstadtstudio

Es war die entscheidende Nachricht des Kiew-Besuchs von Verteidigungsminister Boris Pistorius: Deutschland wird gemeinsam mit den Niederlanden und Dänemark mehr als 100 "Leopard 1"-Kampfpanzer an die Ukraine liefern. Die Panzer des älteren Bautyps kommen dabei aus Industriebeständen und müssen teilweise noch erneuert werden.

Am Tag nach der "Leopard 1"-Entscheidung gehen die Meinungen auseinander, ob die versprochenen Panzer der Ukraine im Kampf gegen eine mögliche Frühjahrsoffensive der russischen Föderation noch helfen könnten. Der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Florian Hahn, befürchtet, es wurde "zu viel Zeit verplempert und das kostet natürlich ukrainisches Leben".

Mit solch offener Kritik hält sich die Grünen-Verteidigungspolitikerin Agnieszka Brugger zwar zurück. Sie gibt aber auch zu verstehen, dass sie intern immer wieder Vorschläge gemacht habe, die Lieferungen zu beschleunigen. Beispielsweise indem man die alten Panzer - auch ohne eine abschließende Lieferentscheidung - schon mal modernisiert und die Ukrainer an dem Waffensystem ausbildet. Und Bruggers Parteifreund, Vize-Kanzler Robert Habeck, hofft, dass die Panzer-Entscheidung nicht zu spät gefallen ist.

Ausbilder dringend gesucht

Für den SPD-Verteidigungspolitiker Wolfgang Hellmich ist dagegen schlicht nicht ersichtlich, wann die Russen mit einer Frühjahrsoffensive beginnen und ob die Panzer dann zu spät kommen könnten. Allgemein klar ist allerdings, dass es jetzt schnell mit der Lieferung und der Ausbildung an den Leopardpanzern gehen muss. Denn bislang hat die Ukraine vor allem mit "T-72"-Panzern aus Sowjetbeständen bekämpft, doch die werden täglich weniger. Und insbesondere Ersatzteile und Munition gehen zur Neige.

Da die "Leopard 1"-Panzer bereits Anfang der 2000er-Jahre bei der Bundeswehr ausgemustert worden sind, ist auch die Ausbildungsfrage nicht ganz einfach zu klären. Denn bei der Bundeswehr dürften sich nur noch Altgediente mit den Panzern aus Zeiten des Kalten Kriegs auskennen. Der AfD-Verteidigungspolitiker Rüdiger Lucassen befürchtet, dass deshalb jetzt auch erfahrene Reservisten für die Panzer-Ausbildung herangezogen werden sollen.

In rund sechs Wochen sollen die ukrainischen Soldaten in Aachen und Munster ausgebildet werden. Experten halten das für ambitioniert, aber grundsätzlich machbar.

Liefern im Gleichklang mit Partnern und Verbündeten

Instandsetzung, Lieferung und Ausbildung - bei den älteren "Leopard 1"-Kampfpanzern arbeiten Deutschland, Dänemark und die Niederlande zusammen. Hier funktioniert der "Gleichklang mit Partnern und Verbündeten", wie ihn Bundeskanzler Olaf Scholz bei Waffenlieferungen in die Ukraine einfordert.

Bei den weitaus moderneren "Leopard 2"-Kampfpanzern steht eine große Panzerallianz aber weiterhin nicht. Zwar haben Deutschland, Polen, Kanada und Portugal Lieferzusagen gegeben, teilweise aber noch ohne konkrete Zahlen zu nennen. Seit Ende Januar ist man bei der versprochenen Bildung von zwei "Leopard 2"-Panzerbataillonen nicht wirklich weitergekommen, doch auch hier drängt die Zeit.

Breite Lieferallianz möglich

Nach Ansicht der Grünen-Verteidigungspolitikerin Brugger hat Deutschland mit den angekündigten "Leopard"-Lieferungen bereits einen "sehr relevanten Beitrag" geliefert und einen "großen Teil der Verantwortung übernommen". Jetzt müssten auch andere Partner möglichst schnell in die "Leopard"-Lieferungen einsteigen.

Der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion Hahn macht die Bundesregierung für das Zögern der europäischen Partner mitverantwortlich. Neben der politischen Entscheidung sei in der praktischen Koordinierung mit den anderen Bündnispartnern nichts vorbereitet worden.

Experten wie Christian Mölling von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik gehen davon aus, dass auch weitere Nationen "Schritt für Schritt" weitere Panzer für die Ukraine zur Verfügung stellen werden. Eine wirklich breite "Leopard"-Lieferallianz ist also offenbar nur noch eine Frage der Zeit. Die könnte bei einer möglichen russischen Frühjahrsoffensive entscheidend sein.

Schon in der kommenden Woche wollen Deutschland und Polen ein Treffen von Staaten einberufen, die der Ukraine Kampfpanzer vom Typ "Leopard 2" liefern wollen. Das kündigt Bundesverteidigungsminister Pistorius nach einem Treffen mit seinem polnischen Kollegen Blaszczak in Warschau an.

Uli Hauck, Uli Hauck, ARD Berlin, 08.02.2023 16:35 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichteten die tagesthemen am 07. Februar 2023 um 21:35 Uhr.