Escondida Kupfermine, Chile

Versorgungssicherheit Wie die Ampel Rohstoffe sichern will

Stand: 12.01.2023 04:27 Uhr

Deutschland ist abhängig von Importen, die Angst vor weiteren Versorgungsengpässen groß. Eine aktivere Rohstoffpolitik soll diese verhindern. Andere Staaten sind da längst weiter.

Von Philipp Eckstein, ARD-Hauptstadtstudio

Lieferketten, die während der Corona-Pandemie zeitweise zusammenbrachen, der russische Angriff auf die Ukraine und die Energiekrise: Zuletzt wurde vielen Menschen deutlich, wie abhängig Deutschland von Importen aus dem Ausland ist. Bei wichtigen Rohstoffen könnte diese Abhängigkeit in den kommenden Jahren noch wachsen.

Für die Energie- und Mobilitätswende werden viele Metalle und mineralische Rohstoffe benötigt, die deutsche Firmen vor allem im Ausland einkaufen müssen. Auch in anderen Ländern wächst die Nachfrage. Der Wettbewerb ist hart. Unternehmen konkurrieren mit staatlichen Akteuren.

Das Bundeswirtschaftsministerium plant jetzt eine aktivere Rolle bei der Rohstoffversorgung einzunehmen. Anfang des Jahres hat das Ministerium dazu ein Eckpunktepapier veröffentlicht, das die bestehende Rohstoffstrategie der Bundesregierung aus dem Jahr 2020 ergänzt.

Das Ziel: Abhängigkeiten sollen verringert werden und zugleich soll sichergestellt werden, dass deutsche Unternehmen auch in Zukunft Zugang zu allen Rohstoffen haben, die sie benötigen, sei es Kupfer für Windkraftanlagen, Lithium, Nickel oder seltene Erden für den Einsatz in Elektroautos.

Wie viel ist künftig noch auf dem Markt?

Franziska Brantner, parlamentarische Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium, sagt im Gespräch mit dem ARD-Hauptstadtstudio, die Frage sei, "ob es in Zukunft noch einen Markt geben wird". Es sei zu befürchten, dass Unternehmen in Zukunft nicht mehr beispielsweise einfach Lithium oder Kupfer kaufen könnten, weil diese Rohstoffe dann durch langfristige Abnahmeverträge und Lizenzen einzelner Akteure "gar nicht mehr auf dem Markt frei zur Verfügung stehen".

Diese Sorge treibe nicht nur das Wirtschaftsministerium um, sondern auch viele Unternehmen und westliche Partner, so Brantner. Und deshalb müsse man jetzt "gezielt strategisch vorgehen".

Anreize und Pflichten

In dem Eckpunktepapier werden dafür verschiedene Maßnahmen benannt. So sollen künftig beispielsweise mehr Rohstoffe in Deutschland recycelt und wiederverwertet werden. Dafür soll es finanzielle Anreize, aber auch neue Pflichten geben.

Mit einem Fonds möchte das Wirtschaftsministerium Rohstoffprojekte in Deutschland, der EU und weltweit finanziell fördern. Der heimische Bergbau soll ausgebaut werden. Unternehmen sollen mit steuerlichen Vergünstigungen dazu gebracht werden, mehr kritische Rohstoffe einzulagern. Geprüft werden soll zudem, ob auch eine staatliche Lagerhaltung sinnvoll ist. Abhängigkeiten in den Lieferketten sollen genauer beobachtet und durch strategische Kooperationen mit Partnerstaaten verringert werden.  

Unternehmen fordern Unterstützung der Bundesregierung

Franziska Erdle, Hauptgeschäftsführerin der Wirtschaftsvereinigung Metalle, begrüßt die Pläne des Wirtschaftsministeriums. "Wir hätten uns ein Handeln in die Richtung schon deutlich früher gewünscht", sagt sie dem ARD-Hauptstadtstudio. Auf dem Rohstoffmarkt gebe es seit vielen Jahren staatliche Player wie etwa China. Mit diesen könnten die Mitgliedsunternehmens ihres Verbandes "nicht in den Wettbewerb treten". Da brauche es Unterstützung der Bundesregierung.

Sie sei dankbar, dass das Thema in der Leitungsebene des Wirtschaftsministeriums angekommen sei. Es brauche "sowohl die Unternehmen als auch die Bundesregierung, um die Rohstoffversorgung für Deutschland und für die gesamte Transformation, die wir vorhaben, zu sichern", so Erdle.

Deutscher Nachholbedarf

Die Bundesregierung ist dabei spät dran. Viele Staaten betreiben bereits seit Jahren eine strategische Rohstoffpolitik. Eine herausragende Rolle spielt dabei China. So ist das Land etwa der größte Produzent von sogenannten seltenen Erden, die beispielsweise für Magneten, Handys oder LED-Leuchten benötigt werden.

Auch bei Magnesium und Metalllegierungen hat China eine große Marktmacht. Da sei nicht nur Deutschland "stark abhängig" von Rohstoffimporten aus China, sagt Peter Buchholz, Leiter der Deutschen Rohstoffagentur, "sondern die ganze Welt".

Einige Staaten haben darauf früher reagiert. So verfolgen etwa die USA, Japan und Südkorea seit längerer Zeit eine strategische Rohstoffpolitik. Die Grünen-Politikerin Brantner räumt ein, dass es in Deutschland und Europa bei dem Thema einen "kleinen Nachholbedarf" gebe. Gerade innerhalb der Europäischen Union müsse jetzt gemeinsam agiert werden, um diesen aufzuholen. Die Europäische Kommission hat bereits ein Gesetzesvorhaben zu kritischen Rohstoffen angekündigt. Es soll demnächst vorgestellt werden.

Philipp Eckstein, Philipp Eckstein, ARD Berlin, 11.01.2023 12:36 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die SWR-Sendung "Aktueller Bericht" am 06. Januar 2023 um 19:19 Uhr.