Deutsch-französische Kabinettsklausur "Gemeinsam eine treibende Kraft für Europa"
Kanzler Scholz und Präsident Macron wollen neuen Schwung in die deutsch-französischen Beziehungen bringen. Zum Auftakt der gemeinsamen Kabinettsklausur in Hamburg betonten beide die Bedeutung des gemeinsamen Handelns.
Mit einem neuartigen Format haben Bundeskanzler Olaf Scholz und der französische Präsident Emmanuel Macron die deutsch-französische Freundschaft beschworen. Zum ersten Mal trafen sich die beiden Staatschefs in Hamburg zur gemeinsamen Kabinettsklausur.
"Wir sehen, dass unsere beiden Nationen zusammenarbeiten müssen", sagte Macron unter Verweis auf weltweite Krisen und Herausforderungen. "Ich würde sogar sagen, dass wir vielleicht noch mehr als früher gemeinsam eine treibende Kraft für unsere beiden Länder und unser Europa sein müssen." Dazu seien Pragmatismus und Effizienz nötig. Die Klausurtagung sei der Auftakt eines Prozesses, der sehr bald in "konkrete Antworten" münden werde, erklärte der französische Präsident.
Macron: EU muss auch geopolitisch eine Macht darstellen
Das neue Format der Klausur, bei der die Kabinette beider Staaten zwei Tage lang über Fragen wie Künstliche Intelligenz oder europäische Wettbewerbsfähigkeit diskutieren, sei Ausdruck eines besonderen Vertrauensverhältnisses, betonte der Kanzler. "Klar ist, wir wollen ein einiges, ein starkes Europa", sagte vor der Presse am ersten Tag des Treffens.
"Wir sehen die Notwendigkeit, dass unsere Länder in Übereinstimmung handeln", betonte Macron. Die Abstimmung sei ein Motor der Entwicklung auch in Europa. Die EU müsse auch geopolitisch eine Macht darstellen.
"Zwei sehr grundsätzliche Themen nehmen wir uns vor: Zum einen, wie es gelingt, gesellschaftlichen Zusammenhalt in Zeiten fundamentalen Wandels zu gestalten. Und zum anderen: Wie wirken sich technologische Entwicklungen - zum Beispiel die künstliche Intelligenz - auf unser Leben aus?", sagte der Kanzler.
Gemeinsames Telefonat mit Biden, Sunak und Meloni
Man habe sich den Auftakt der deutsch-französischen Kabinettsklausur eigentlich anders vorgestellt, sagte Scholz mit Blick auf die Lage in Israel und im Gazastreifen."Dieser Überfall der Hamas auf Israel ist furchtbar, und er ist barbarisch", sagte der SPD-Politiker. Deutschland und Frankreich stünden fest an der Seite Israels. "Ich drücke erneut meine volle und ganze Solidarität mit Israel aus", sagte auch Macron. "Der Kampf gegen den Terrorismus ist eine gemeinsame Aufgabe, die wir mit Israel und unseren Alliierten und internationalen Partnern fortsetzen werden. Nichts rechtfertigt ihn, nichts erklärt ihn."
Scholz und Macron kündigten an, gemeinsam mit US-Präsident Joe Biden, dem britischen Premier Rishi Sunak und der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni zu telefonieren, um über die Lage in Israel und im Gaza-Streifen zu beraten.
Streitfälle sollen ausgespart werden
Die Kabinettsklausur mit Frankreich ist einzigartig. Zwar unterhält die Bundesregierung Regierungskonsultationen mit einer Reihe von Ländern, aber nur mit Frankreich gab es bisher sogenannte Ministerräte, die nun durch die Klausuren abgelöst werden dürften. Solche Treffen sollen nun jedes Jahr abwechselnd in Deutschland und Frankreich stattfinden.
Im Vorfeld war betont worden, dass Streitfälle zwischen beiden Staaten etwa über gemeinsame Militärprojekte oder der Konflikt über ein neues Strommarktdesign in der EU bei den Gesprächen in Hamburg nicht geklärt werden sollten. Wie bei den Kabinettsklausuren in Meseberg gehe es eher um ein Brainstorming und das Kennenlernen der Kabinette beider Länder, wurde in Regierungskreisen betont.