Schulze im Libanon und in Äthiopien Mehr Hilfen - weniger Budget
Infolge des Ukraine-Kriegs werden in vielen Ländern Nahrungsmittel knapp. Entwicklungsministerin Schulze hat Äthiopien und dem Libanon Unterstützung versprochen - obwohl ihrem Ministerium eine Etatkürzung droht.
Entwicklungsministerin Svenja Schulze steht in einer kleinen Bäckerei in Beirut. Der Terminkalender auf ihrer dreitägigen Reise ist prall gefüllt. Anmerken lässt sich die Ministerin das nicht. Geduldig und aufmerksam hört sie der Bäckerin Chadia Papanjian zu. Die berichtet, dass ihre Arbeit mittlerweile ein Kampf sei, jeden Tag. Seit einem Monat habe sie kein Mehl mehr kaufen können. Einige Regalreihen in ihrem Laden sind bereits leer. Das Geschäft lohne sich längst nicht mehr, sagt die Bäckerin. Die Kunden würden weniger kaufen, wenn sie sich das, was noch da sei, überhaupt noch leisten könnten.
Das Problem: Im Libanon kommt viel zusammen. Die gewaltige Explosion im Hafen von Beirut vor knapp zwei Jahren hat Teile der Stadt verwüstet. Seitdem ist die Versorgung mit Lebensmitteln schwieriger. Auch die der vielen Flüchtlinge aus Syrien, die im Land leben.
Ukraine-Krieg erschwert Lebensmittelversorgung
Neben einer schweren Wirtschafts- und Finanzkrise machen den Menschen nun auch noch die Folgen des Kriegs in der Ukraine zu schaffen. Fast das komplette Getreide für die Lebensmittelhersteller kommt bisher aus der Ukraine oder aus Russland. Und das muss teuer ersetzt werden, sagt Martin Frick vom Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP).
Schon jetzt unterstützt das WFP jeden dritten Menschen im Libanon. Die Hilfsorganisation der UN steht unter Druck. Denn bisher hat auch sie einen großen Teil der Weizenlieferungen aus der Ukraine bezogen. Die Unterstützung aufrechtzuerhalten, wird bei den explodierenden Weltmarktpreisen immer schwieriger. Einen Teil der Hilfslieferungen musste das Welternährungsprogramm schon zurückfahren. "In sieben Ländern, in Kenia, in der Zentralafrikanischen Republik beispielsweise und im Jemen", sagt Ute Klamert, Exekutivdirektorin des Welternährungsprogramms.
Zehn Millionen Euro zusätzlich für den Libanon
Entwicklungsministerin Schulze hört nun wieder aufmerksam zu. Diesmal den lokalen Vertretern des Welternährungsprogramms in Beirut. Nach dem Gespräch stellt sie zehn Millionen Euro zusätzlich als Unterstützung in Aussicht.
Entwicklungsministerin Schulze verspricht mehr Mittel für Welternährungsprogramm wegen Ukraine-Krieg
Putin mache mit diesem Krieg auch einen Krieg mit dem Hunger, sagt die SPD-Politikerin. "Und das heißt, ganz viele Menschen auf der Welt können sich Lebensmittel nicht mehr leisten." In einer solchen Situation die Entwicklungshilfe zu kürzen - aus Sicht der Ministerin wäre das genau das falsche Signal.
Schulze stemmt sich gegen Budgetkürzung
Schulzes Reise in den Libanon und im Anschluss nach Äthiopien darf man also ruhig auch als Wink mit den Zaunpfahl nach Berlin verstehen: Ein Signal ans Bundesfinanzministerium. Denn eigentlich sollen die Mittel für Schulzes Haus gekürzt werden. 10,8 Milliarden Euro sind bisher für den Haushalt des Entwicklungsministeriums vorgesehen - und damit deutlich weniger als im vergangenen Jahr. Da waren es 12,4 Milliarden Euro.
Entwicklungsministerin Schulze setzt jetzt darauf, dass mit dem Ergänzungshaushalt noch etwas dazukommt. Den will Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) am Mittwoch ins Kabinett einbringen. Sie sei optimistisch, dass für ihr Ressort noch etwas herausspringe, sagt Schulze.
"Frischer Wind" im Ministerium
Neben zusätzlichen Geldern zur akuten Hilfe fordern Experten, die Eigenversorgung von besonders importabhängigen Ländern zu erhöhen. Auch die Entwicklungsministerin will hier ansetzen. In Äthiopien sehe sie da schon gute Entwicklungen, sagt Schulze. Zum Beispiel den Anbau von afrikanischen Getreidearten wie Teff, einer nährstoffreichen Pflanze, die auch bei Trockenheit wächst.
Insgesamt will Schulze Entwicklungspolitik ganzheitlicher betrachten, Frauen stärken, den Kampf gegen den Klimawandel miteinbeziehen. Schulze bringe frischen Wind, das tue dem Haus gut, sagt eine Mitreisende aus dem Ministerium.
In jedem Fall wird sich die SPD-Politikerin wohl nicht so leicht abspeisen lassen mit den geplanten Kürzungen ihres Budgets. Gerade jetzt, wo sie auf ihrer Reise gesehen hat, wie einer kleinen Bäckerei im Libanon schon das Mehl ausgeht und dass das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen auf solide Unterstützung aus Deutschland hofft.