Jahresbericht des BKA für 2022 So viel politisch motivierte Kriminalität wie nie
Nicht rechts- oder linksextreme Straftaten, sondern Fälle, die nicht eindeutig zuzuordnen sind, führen die Statistik politisch motivierter Kriminalität an. Mit fast 60.000 erfassten Delikten verbuchten die Behörden einen Höchststand.
Die Zahl politisch motivierter Straftaten hat im vergangenen Jahr mit knapp 60.000 Delikten einen Höchststand seit Einführung der Statistik 2001 erreicht. Das geht aus dem Jahresbericht des Bundeskriminalamtes (BKA) hervor, den Bundesinnenministerin Nancy Faeser und BKA-Präsident Holger Münch in Berlin vorstellten.
Am stärksten stieg demnach die Zahl jener Straftaten, die aufgrund ihrer "diffusen ideologischen Motivation" politisch nicht eindeutig zuzuordnen waren. In diesem Bereich gab es laut Statistik 24.080 Fälle. Allein 14.000 davon entfielen auf Proteste gegen Einschränkungen wegen der Covid-19-Pandemie.
Münch: "Rechtsextremismus bleibt größte Bedrohung"
Am zweithöchsten war die Zahl rechtsextremistisch motivierter Straftaten mit knapp 23.500 Fällen und 1170 Gewalttaten. Rund 41 Prozent aller erfassten Opfer politisch motivierter Gewalt wurden im Bereich des Rechtsextremismus registriert. Laut Münch bleibt der Rechtsextremismus die größte Bedrohung für die freiheitliche Grundordnung.
Nach den Worten von Faeser sind die Zahlen ein Spiegelbild gesellschaftlicher Konflikte. Münch beklagte zunehmende Radikalisierungstendenzen. Das gelte insbesondere für den Rechtsextremismus und die Hasskriminalität.
Am häufigsten registrieren die Behörden Propagandadelikte - also etwa das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Allein sie machten fast 28 Prozent der registrierten Straftaten aus.
Weniger Fälle von Antisemitismus
Die Zahl linksextremer Straftaten sank um rund 31 Prozent auf gut 7000 Fälle. Das bedeute aber keine Entwarnung, so Faeser. Eine Zunahme um neun Prozent verzeichnete das BKA bei Straftaten gegen Geflüchtete. Es registrierte 1420 Straftaten und 278 Gewaltdelikte. Auch Asylunterkünfte waren demnach häufiger Ziel von Straftaten.
Rückläufig war hingegen die Zahl antisemitischer Straftaten. Sie sank um rund 13 Prozent auf 2641 Fälle. Laut Münch gibt aber die hohe Zahl von 88 Gewaltdelikten darunter keinen Grund zur Entwarnung. Der weit überwiegende Teil der Taten sei Rechtsextremisten zuzurechnen. Zugleich steige aber der islamistisch geprägte Antisemitismus.
Im Bereich "ausländische Ideologie" wurde ein starker Anstieg auf 3886 Straftaten registriert, davon 372 Gewalttaten. Hintergrund war dabei zumeist der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine, der Konflikt zwischen der Türkei und der PKK sowie die Situation im Iran. Im Themenfeld "frauenfeindlich" wurden 206 Delikte gemeldet, im Themenfeld "geschlechtsbezogene Diversität" waren es 417.
Erhebliche Gefährdung durch islamistischen Terror
Die Fallzahlen im Bereich "religiöse Ideologie" blieben mit 481 Straftaten konstant. Allerdings sei weiter von einer erheblichen Gefährdung durch islamistischen Extremismus und Terrorismus auszugehen, so Münch.
Einen deutlichen Anstieg an Straftaten gab es auch in der sogenannten "Reichsbürger" Szene. Dort zählten die Ermittler 1860 Fälle - 40 Prozent mehr als noch im Jahr zuvor. Zudem kam es zu 333 Gewalttaten. Dies bestätigt laut Faeser die "Irrationalität und Gefährlichkeit" dieser Gruppen. Sie müssten weiter konsequent entwaffnet werden.
Bei Klimaprotesten kam es mit rund 1600 Straftaten zu einer Verdoppelung gegenüber 2021. Faeser übte scharfe Kritik an den Aktionen. Legitimer Protest ende, wo Straftaten begangen werden.