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Militärhilfe für Ukraine Ampel kontert mit eigenem Antrag

Stand: 26.04.2022 14:32 Uhr

Es ist der Gegenentwurf zum Antrag der Union: Auch in der Ampel-Koalition ist nach Informationen des ARD-Hauptstadtstudios nun ein Antrag zum russischen Angriffskrieg in der Ukraine abgestimmt.

Von Kai Küstner, ARD Berlin

Als "brachialen Angriff auf unsere Freiheit, auf unsere gemeinsamen europäischen Werte" brandmarkt die Ampel-Koalition den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine: "Er ist der Versuch, eine diktatorische Herrschaft auszudehnen, die Demokratie in Europa zurückzudrängen und Europäerinnen und Europäern das Recht auf ein Leben in Frieden, Würde und Selbstbestimmung zu nehmen", heißt es in dem zehnseitigen Entschließungsantrag, der dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegt. Durchaus scharfe Worte also.

Auch das Streitthema "schwere Waffen für die Ukraine" spart der in der Ampel-Koalition abgestimmte Entwurf nicht aus: Der Bundestag fordere die Bundesregierung auf, "die Lieferung benötigter Ausrüstung an die Ukraine fortzusetzen und wo möglich zu beschleunigen und dabei auch die Lieferung auf schwere Waffen und komplexe Systeme etwa im Rahmen des Ringtausches zu erweitern, ohne die Fähigkeiten Deutschlands zur Bündnisverteidigung zu gefährden".

Auf den Ringtausch hatte sich die Ampel vorläufig als Kompromiss geeinigt: Konkret bedeutet er, dass Deutschland nicht direkt Kampfpanzer an die Ukraine liefert, sondern NATO-Staaten wie etwa Slowenien der Ukraine Panzer aus sowjetischer Produktion zukommen lassen und Deutschland die entstandenen Lücken im Partnerland auffüllt.

Unionsantrag geht weiter

Somit hält sich die Ampel-Koalition also in Sachen Waffen-Lieferungen alle Türen offen, bleibt aber in ihrer Haltung deutlich hinter der Union zurück: Die hatte in einem eigenen Antragsentwurf sehr klar auch die direkte Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine aus Bundeswehr-Beständen gefordert. Bundeskanzler Olaf Scholz hingegen lehnt - anders als seine Ampel-Koalitionspartner von FDP und Grünen - die direkte Lieferung etwa von Panzern aus Bundeswehr-Beständen an die Ukraine bislang ab. Im Gegenentwurf zu dem Unionsvorschlag heißt es lediglich: Es sei "zu prüfen, ob weitere Waffen abgegeben werden können und aktiv auf andere Länder zuzugehen, um ihnen einen Ringtausch anzubieten".

Während die Opposition versucht, mithilfe ihres eigenen Antrags den Druck auf die Regierungsparteien zu erhöhen, sie womöglich gar zu spalten, will die Ampel mit ihrem Entwurf diesen Druck lindern. Zur Abstimmung kommen könnte beides am Donnerstag im Bundestag.

"Gepard"-Panzer an die Ukraine

In gewisser Weise von der Realität überholt wurde der Text kurz nach dessen Bekanntwerden: Am Vormittag bestätigte Verteidigungsministerin Christine Lambrecht Medienberichte, dass die Bundesregierung grünes Licht für die Lieferung technisch aufgearbeiteter Flugabwehr-Panzer vom Typ "Gepard" an die Ukraine gegeben habe. Der Rüstungshersteller Krauss-Maffei Wegmann hatte einen entsprechenden Antrag gestellt. Es ist das erste Mal, dass von Seiten der deutschen Industrie aus deren Beständen direkt schwere Waffen an die Ukraine gehen dürfen und insofern ein kleiner Paradigmenwechsel.

Der Ampel-Antrag schließt dies zwar nicht ausdrücklich aus, ist jedoch sehr defensiv formuliert und stellt den "Ringtausch" in den Vordergrund. Nun ist die Frage, ob auch weitere Anträge, untere anderem vom Düsseldorfer Konzern Rheinmetall, über die Abgabe von "Marder" und "Leopard"-Panzern von der Bundesregierung genehmigt werden.  

Unionsfraktion begrüßt Signale der Koalition

Die Spitze der Unionsfraktion reagierte positiv auf die Vorstöße: Die Forderung nach schnelleren Waffenlieferungen ließen die Hoffnung zu, dass sich die Dinge in die richtige Richtung entwickelten, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer Thorsten Frei (CDU). Wenn der Regierungsantrag den Unionsforderungen im Wesentlichen entspreche, "dann unterstützen wir ihn selbstverständlich auch".

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte, der Antrag der Ampel könne Basis für Verhandlungen mit der Koalition über eine gemeinsame Entscheidung im Bundestag sein. Auch die Entscheidung zu den "Gepard"-Panzern sei eine qualitative Änderung und ein Schritt in die richtige Richtung. Die Union werde nun die Sitzung der SPD-Fraktion und deren Positionierung abwarten, da nicht klar sei, wie die SPD mit dem Ampel-Antrag umgehe, sagte Dobrindt.

Kai Küstner, Kai Küstner, ARD Berlin, 26.04.2022 08:51 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 26. April 2022 um 08:44 Uhr.