Friedrich Merz
Exklusiv

Antrag zu Waffenlieferungen Was Merz wollte - und was er bekam

Stand: 28.04.2022 17:51 Uhr

Die Union hat Änderungen am Ampel-Antrag zu Waffenlieferungen an die Ukraine durchgesetzt - und erst dann zugestimmt. Das Unionspapier liegt dem ARD-Hauptstadtstudio vor und zeigt: Viel durchgesetzt hat sie nicht.

Es ist Mittwochmorgen noch vor acht Uhr, der Tag vor der Abstimmung im deutschen Bundestag über einen Antrag zur Ukraine-Politik. Zu diesem Zeitpunkt gibt es zwei mögliche Anträge: Einen von CDU und CSU und einen der Ampelkoalition.

Die Union hatte schon am Vortag signalisiert, dass sie sich vorstellen kann, einen gemeinsamen Antrag einzubringen. Dafür will sie aber Änderungen am Ampel-Antrag. An diesem Mittwochmorgen wird der Unionsfraktionschef Friedrich Merz konkreter. Er twittert: "Wenn die Ampel in ihrem Antrag zu den Waffenlieferungen auch noch ein Votum des Bundestages zum 100 Mrd.-Programm für die Bundeswehr 'im Sinne der Beschlussfassung des Bundeskabinetts' unterbringen will, dann legt sie auf unsere Zustimmung zum Antrag offenkundig keinen Wert."

28 Änderungswünsche

Zu diesem Zeitpunkt weiß Merz schon, dass er im Laufe des Tages mit SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich über einen gemeinsamen Antrag verhandeln wird. Offenbar weiß er auch, was bei diesen Verhandlungen am Ende realistischerweise herauskommen kann, denn die Union hatte eigentlich noch viel mehr Forderungen.

Dem ARD-Hauptstadtstudio liegt exklusiv das Papier mit den Änderungswünschen von CDU und CSU vor, darin 28 Punkte, die beide Parteien im Antrag der Ampel umformulieren, ergänzen oder streichen wollen. Darunter sind banale Dinge, wie das Hinzufügen von Friedrich Merz und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt als Antragssteller, aber auch große inhaltliche Veränderungen. 

Breite Mehrheit im Bundestag für Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine

Julie Kurz, ARD Berlin, tagesthemen, tagesthemen, 28.04.2022 22:15 Uhr

Auf Seite zwei will die Union zum Beispiel die Hoffnung auf einen ukrainischen Sieg in das Papier schreiben. Der Versuch, Grenzen in Europa durch den Einsatz militärischer Gewalt zu verschieben, dürfe keinen Erfolg haben, heißt es. Es liege im nationalen Interesse Deutschlands, dass die Ukraine in diesem Krieg obsiege. Für die Ampel ist so eine Formulierung offenbar nicht denkbar. Politiker von SPD, FDP und Grünen betonen immer, dass es darum gehe, dass Putin nicht gewinne - nicht unbedingt, dass die Ukraine siege.

Eine Seite weiter kommt der Versuch der Union, die deutschen Waffenlieferungen zu konkretisieren: "Zunehmend müssen aber auch weitere moderne westliche Waffensysteme aus in Deutschland verfügbaren Beständen zum Einsatz gebracht werden." Die Ampel sieht dafür keine Notwendigkeit, der Antrag decke auch solche Lieferungen bereits ab.

Auf Seite vier des Antrags gibt es eine Aufzählung an verschiedenen Dingen, die der Bundestag begrüßen soll. CDU und CSU wollen hier eine explizite Würdigung der angekündigten Lieferung von Gepard Luftabwehrpanzern. An einer anderen Stelle soll formuliert werden, dass Deutschland in Bezug auf schwere Waffen und komplexe Systeme "zunehmend" auf direktem Weg verfügbare Bestände an die Ukraine liefern solle.

Eher ein Erfolg für die Ampel

An zwei weiteren Stellen will die Union festschreiben, dass der Bundeswehretat sich auch künftig und dauerhaft am Zwei-Prozent-Ziel der NATO orientieren solle. Auch das lehnen die Ampel-Parteien ab. Als es am Ende des Textes um die Schaffung legaler Einwanderungsmodelle für Fachkräfte, verfolgte Studierende, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler oder Journalistinnen und Journalisten geht, will die Union offenbar verhindern, dass auch andere von solchen Möglichkeiten profitieren könnten. CDU und CSU fordern, dass konkret von ukrainischen, russischen und belarussichen Menschen gesprochen wird.

All diese Forderungen schaffen es am Ende nicht in den fertigen Antrag. Lediglich der Satz aus dem Tweet von Merz wird geringfügig geändert. Die Formulierung "im Sinne der Beschlussfassung des Bundeskabinetts" wird gestrichen. Stattdessen ist nun von einem Gesetzentwurf die Rede. Alles in allem also eher ein Verhandlungserfolg für die Ampelkoalition.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 28. April 2022 um 17:00 Uhr.