Wahlrechtsreform Bundestag berät über seine Verkleinerung
Der Bundestag berät darüber, wie er verkleinert werden kann. Das Problem: Der Gesetzentwurf der Ampelkoalition hat für lautstarke Kritik der Union gesorgt. Die macht deshalb eigene Vorschläge. Dass beide Seiten zusammenfinden, ist unwahrscheinlich.
Für Friedrich Merz gehen die Pläne der Ampel in die falsche Richtung. Der CDU-Chef schlägt deshalb vor: "Es bleibt bei der Wahlkreisstimme und es bleibt dabei, dass diejenigen, die die Wahlkreise gewinnen, auch ein Mandat im Deutschen Bundestag erhalten, ohne dass noch irgendwelche anderen Voraussetzungen erfüllt sein müssten."
Überhang- und Ausgleichsmandate abschaffen
Doch genau das will die Ampel. Sie will Überhang- und Ausgleichsmandate abschaffen. Nach dem Vorschlag von SPD, Grünen und FDP ziehen Wahlkreisgewinner künftig nur ins Parlament ein, wenn ihre Partei genug Zweitstimmen dafür geholt hat.
Wenn zum Beispiel 40 Kandidaten ihren Wahlkreis gewinnen, ihre Partei aber nur die Stimmen für 30 Wahlkreise hat, bleiben die zehn Kandidaten mit dem schlechtesten Erststimmenergebnis in einem Bundesland draußen. Das wären vermutlich vor allem Kandidaten in den Großstädten, denn hier ist das Rennen zwischen den Parteien besonders eng.
Überhangmandate häufig bei CDU und CSU
Überhangmandate gibt es momentan besonders häufig bei der CDU in Baden-Württemberg und bei der CSU in Bayern. Drei davon werden bei anderen Parteien nicht ausgeglichen - aktuell ein Vorteil für die Union, den die Ampel mit ihrer Reform beenden will.
CDU und CSU schlagen etwas anderes vor: Die Zahl der Wahlkreise soll reduziert werden. Dafür sollen mehr Kandidaten über die Landeslisten ins Parlament kommen. Und bis zu 15 Überhangmandate sollen nicht mehr ausgeglichen werden.
Unions-Antrag enthält keine genaue Deckelung
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hält das für inakzeptabel. Er erklärte: "Ich finde es schon etwas wagemutig, dass die Union mit einem Vorschlag gekommen ist, der ja eigentlich gar nicht mehr das Licht hätte erblicken dürfen."
Einen eigenen Gesetzentwurf haben CDU und CSU nicht formuliert. Wie groß der Bundestag künftig sein soll, steht in ihrem Antrag nicht genau. Dort heißt es nur: Die Größe solle sich "in Richtung von 590 Abgeordneten" entwickeln. Allerdings nicht zwingend. Der Bundestag solle sich nur dazu "verpflichten".
Union will höhere Hürden für kleine Parteien
Außerdem schlägt die Union höhere Hürden für kleine Parteien vor. Bisher sichern drei gewonnene Wahlkreise den Weg ins Parlament. Nach Vorstellung der Union sind künftig fünf nötig. Das wäre mit den aktuellen Ergebnissen das Aus für die Linksfraktion. Fraktionschefin Amira Mohamed Ali findet deshalb klare Worte für die Union. Sie sagte: "Worum es ihr dabei geht, ist ja auch klar: Sie möchte die Linke aus dem Bundestag raushalten. Natürlich können wir dem nicht zustimmen und ich muss sagen: Ich finde es wirklich schäbig."
Auf diese Art und Weise zu versuchen, den politischen Gegner mundtot zu machen, ist unanständig.
Zustimmung der Linken für Ampel-Vorschlag unklar
Ob sich die Linke hinter dem Vorschlag der Ampel versammelt, ist noch unklar. Seit Jahren arbeiten die Parteien an einer großen Wahlrechtsreform. Nach Ansicht von Britta Haßelmann ist die aber stets an der CSU gescheitert. Die Fraktionschefin der Grünen nennt das die Blockade einer Regionalpartei: "In Zeiten von Krisen, in den wir von Bürgerinnen und Bürgern, von Industrie, Wirtschaft, Handwerk viel verlangen - da muss der Bundestag für sich auch unter Beweis stellen, dass er Reformen an sich selbst vornimmt."
FDP wünscht sich breites Bündnis
Die Ampel wirbt weiter um die Unterstützung der Union. Vor allem die FDP wünscht sich ein breites Bündnis. Aber nicht um jeden Preis, wie Fraktionschef Christian Dürr sagt. Klar sei, dass Proportionalität herrschen müsse.
Das heißt, bei einer Verkleinerung des Bundestags sind alle Parteien und Fraktionen gleichermaßen betroffen.
Auf dieser Grundlage solle man die Gespräche fortsetzen, ergänzt Dürr.
Unterstützung erhält die Ampel aus einer für sie ungewohnten Ecke - von der AfD. Fraktionschefin Alice Weidel sagte, es sei ein "sehr guter Vorstoß, endlich die Forderungen der AfD aufzugreifen". Außerdem ergänzte Weidel: "Ich persönlich muss ihnen sagen, der Bundestag sollte noch viel kleiner sein."
Bis Ostern will die Ampel ihren Vorschlag durch den Bundestag bringen. Die eigene Mehrheit reicht dafür aus. Auch deshalb scheint ein Kompromiss mit der Union unwahrscheinlich.