Drei Warnapps auf einem Smartphone-Bildschirm.
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Bundesweiter Warntag Deutschland macht Alarm

Stand: 14.09.2023 13:02 Uhr

Stresstest für die Alarmsysteme in Deutschland: Um 11 Uhr heulten bundesweit Sirenen, Handys schrillten, Anzeigetafeln leuchteten, Radio und Fernsehen informierten. Was man zum Warntag wissen muss.

Die Ausgangslage - Zahlen und Fakten

Am heutigen Donnerstag um 11 Uhr fand erneut ein bundesweiter Warntag statt. 38.000 Sirenen standen für den Probealarm zur Verfügung, außerdem informierten Warn-Apps, Radio- und Fernsehsender sowie knapp 6.600 digitale Anzeigetafeln. Das zumindest war der Plan des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK).

Beim ersten bundesweiten Warntag 2020 war vieles schiefgegangen. Beim zweiten Test am 8. Dezember 2022 lief es besser. Mit dem dritten Warntag gab es nun erneut einen bundesweiter Testlauf für die Alarmstrukturen in Deutschland.

Um 11 Uhr lösten Bund und Länder probeweise ihre Katastrophenwarnsysteme aus, auch Kommunen beteiligten sich. In der Praxis sind bundesweite Warnungen - abgesehen vom Probealarm - ohnehin der absolute Ausnahmefall. Meist wird lokal oder regional gewarnt, etwa vor Überflutungen oder Waldbränden. Katastrophenschutz ist Ländersache.

Zweiter bundesweiter Warntag

Sven Knobloch, MDR, tagesschau, 14.09.2023 12:00 Uhr

Was soll der Warntag bringen?

Am Warntag wird durchgespielt, wie die Menschen in Deutschland im Fall von Katastrophen oder Kriegsfolgen alarmiert werden können. Die für Not- und Katastrophenfälle zur Verfügung stehenden Warnsysteme werden geprüft und technische Abläufe getestet. Er ist zugleich eine Übung, um Menschen mit den Abläufen bei behördlichen Alarmierungen vertraut zu machen und für das Thema zu sensibilisieren.

Der bundesweite Warntag ist auch eine Lehre aus dem Versagen bei der Flutkatastrophe im Sommer 2021 in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen. Damals wurden Menschen nicht rechtzeitig über die drohende Gefahr informiert. Womöglich hätten etwa im Ahrtal viele Todesopfer verhindert werden können.

Neben der politischen Aufarbeitung und Rücktritten von Verantwortlichen kam danach auch eine breite Debatte über Verbesserungen in Gang. Der Bund förderte unter anderem mit fast 90 Millionen Euro den Ausbau des Sirenennetzes. Nach dem Ende des Kalten Kriegs hatte man die Geräte vielerorts für überflüssig gehalten und nicht mehr repariert oder sogar abgebaut.

Zudem wurde nach der Flutkatastrophe ein bundesweites System für sogenanntes Cell Broadcasting aufgebaut. Darüber werden Kurznachrichten mit offiziellen Warnungen direkt an alle Handys verschickt, die mit dem Mobilfunknetz verbunden sind.

Was passiert konkret am Warntag?

Gegen 11 Uhr löste das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe über das "Modulare Warnsystem" des Bundes eine Probewarnung aus. Diese wurde an sogenannte Warnmultiplikatoren geschickt. Dabei handelt es sich um Warn-App-Betreiber wie "Nina" oder "Katwarn", Hilfs- und Rettungsdienste oder Medien, insbesondere Fernseh- und Radiosender.

Aber auch Firmen wie die Bahn oder Betreiber digitaler Anzeige- und Stadtinformationstafeln gehören dazu. Diese sind verpflichtet, die Warnungen zu veröffentlichen. Die von den Behörden vorformulierten Warnmeldungen wurden außerdem im Radio verlesen, auf Medienseiten im Internet eingespielt, erschienen als Pushnachricht auf Smartphones oder auf rund 6.600 Anzeigentafeln im Stadtbild und an Bahnhöfen. Hier lautete der Text: "Probewarnung - bundesweit - Es besteht keine Gefahr!" Ähnlich lautete der Text der Push-Nachrichten auf den Mobiltelefonen.

Zusätzlich aktivierten örtliche Katastrophenschutzbehörden bei Bedarf ihre Warnsysteme - etwa Sirenen oder Lautsprecherwagen. Dass alle 38.000 Sirenen bundesweit und zeitgleich losheulen, ist also unwahrscheinlich. "Die Sirenen müssen von den Leitstellen der Kommunen ausgelöst werden; da muss also jemand in der Leitstelle noch auf den Knopf drücken", erklärte BBK-Chef Ralph Tiesler vorab im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa. Das sei auch der Grund, weshalb der Sirenenalarm nicht im gleichen Moment kommt wie etwa die Warnung per App oder Cell Broadcast. Künftig sollen alle Sirenen auch vom Bund aus direkt angesteuert werden können, aber noch ist das Zukunftsmusik.

Auf den Werbetafeln im Berliner Hauptbahnhof leuchtet am 8. Dezember 2022 ein großes "i" und das Wort "Probewarnung" auf.

Auf den Werbetafeln im Berliner Hauptbahnhof leuchtet am 8. Dezember 2022 ein großes "i" und das Wort "Probewarnung" auf. So oder ähnlich soll es an diesem Donnerstag wieder sein.

Wann endet der Probealarm?

Gegen 11.45 Uhr verschickte das BBK über das "Modulare Warnsystem" die Entwarnung. Im ARD-Programm etwa war dreimal nacheinander folgender Text zu sehen:

Entwarnung: In Deutschland findet heute der Warntag 2023 mit einer bundesweiten Probewarnung für alle Warnmittel statt. Die bundesweite Probewarnung ist hiermit aufgehoben.

Auch auf anderen Kanälen erschien eine Entwarnung - außer über Cell Broadcast.

Wie funktioniert Cell Broadcast?

Der Mobilfunkdienst funktioniert ohne App. Jeder Handynutzer, der sich mit angeschaltetem Mobiltelefon in einem bestimmten Gebiet aufhält, erhält eine von einem Geräusch angekündigte Textnachricht - vorausgesetzt, das Gerät ist nicht zu alt und die notwendigen Updates wurden gemacht. Das Handy darf auch nicht im Flugmodus sein. Je nach Geräteeinstellung kommt die Warnung auf diesem Kanal auf Deutsch oder Englisch.

Cell Broadcast ging im Februar offiziell als weiterer Warnkanal in Betrieb. Beim Warntag 2022 war das Cell-Broadcast-System mit automatischen Benachrichtigungen ans Handy erstmals angewendet worden, die Abdeckungsrate lag laut BBK bei rund 53 Prozent.

Wie liefen bisherige Warntage?

Der erste bundesweite Warntag im September 2020 endete im Desaster, weil sich die zentrale Testwarnung des BBK um 30 Minuten verzögerte. Der damalige Behördenchef Christoph Unger musste gehen, die Behörde wurde neu ausgerichtet.

2021 fiel der Warntag wegen der noch andauernden Verbesserungen der Alarmsysteme nach den Pannen des Vorjahres und den Erfahrungen bei der Flutkatastrophe im Sommer aus.

Beim Warntag am 8. Dezember 2022 wurden nach Angaben des BBK dann mehr als 90 Prozent der Menschen in Deutschland über mindestens einen Warnkanal erreicht.

Wie wird diesmal die Wirksamkeit des Warntags überprüft?

Zeitgleich mit dem Warntag startet eine Umfrage. Wer möchte, kann auf der Website www.warntag-umfrage.de die Erfahrungen mit der Probewarnung teilen. Erfragt wird beispielsweise, ob der Betreffende die Probewarnung über Cell Broadcast empfangen, im Radio oder über einen anderen Kanal gehört hat. Die Umfrage endet am 21. September. Die Daten und die technische Analyse, deren Auswertung für das Frühjahr 2024 geplant ist, sind Basis für die Vorbereitungen zum nächsten Warntag am 12. September 2024.

Oliver Wutke, NDR , tagesschau, 14.09.2023 07:49 Uhr