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Kabinett stimmt Gesetzesänderung zu Wie der "Neue Wehrdienst" aussehen soll

Stand: 06.11.2024 12:18 Uhr

Die Bundeswehr soll wachsen und braucht zusätzliche Wege der Rekrutierung. Der Gesetzentwurf von Verteidigungsminister Pistorius für einen "Neuen Wehrdienst" setzt vor allem auf Freiwilligkeit. Was ist geplant?

Von Tim Aßmann, ARD Berlin

Grünes Licht für die Wehrdienst-Pläne von Boris Pistorius: Das Bundeskabinett hat gesetzlichen Änderungen für die Einführung eines neuen Wehrdienstes in Deutschland zugestimmt. Erklärtes Ziel ist es, dass junge Männer künftig Auskunft über ihre Bereitschaft und Fähigkeit zum Militärdienst geben müssen.

Warum ist ein neues Wehrdienstmodell nötig?

Angesichts einer veränderten Bedrohungslage soll die Bundeswehr größer werden. Das betrifft zum einen die Zahl der aktiven Soldatinnen und Soldaten. Ihre Zahl soll in den nächsten Jahren von jetzt rund 180.000 auf rund 200.000 steigen. Es werden auch mehr Reservisten gebraucht. Seit der Aussetzung der Wehrpflicht im Jahr 2011 setzt die Bundeswehr bei der Rekrutierung auf die Werbung von Freiwilligen zum Beispiel über die Karrierecenter der Streitkräfte.

Bisher leisten rund 10.000 junge Männer und Frauen pro Jahr freiwillig Wehrdienst. Diese Möglichkeit wird es auch weiterhin geben. So werden die Personalsorgen der Truppe aber alleine nicht gelöst werden können.

Wie ist der Ablauf des neuen Modells?

Bei Erreichen des wehrfähigen Alters, also in der Regel mit 18 Jahren, sollen junge Männer und Frauen einen Brief mit einem QR-Code erhalten, hinter dem sich ein Online-Fragebogen der Bundeswehr verbirgt. Männer müssen den Bogen ausfüllen. Tun sie es auch nach einer Aufforderung nicht, droht ein Bußgeld. Für Frauen ist die Teilnahme freiwillig. Es sollen nur wenige Fragen sein. Die Planer rechnen damit, dass das Ausfüllen rund 15 Minuten dauert.

Gefragt wird unter anderem nach der körperlichen Fitness und der grundsätzlichen Bereitschaft zum Wehrdienst. Die Bundeswehr sichtet die Fragebögen, trifft eine Auswahl und lädt zur Musterung. Im ersten Jahr sollen 5.000 Kandidatinnen und Kandidaten für den Wehrdienst gewonnen werden. Für mehr Wehrdienstleistende reichen die Ausbildungskapazitäten der Bundeswehr nach Einschätzung des Bundesverteidigungsministeriums derzeit nicht aus.

Warum ist der Fragebogen nur für Männer Pflicht?

Die alte, ausgesetzte, Wehrpflicht galt nur für Männer. Das erscheint heute nicht mehr zeitgemäß. Viele Frauen interessieren sich für einen Dienst in der Bundeswehr. Im Bundesverteidigungsministerium wurde geprüft, ob die Pflicht zum Ausfüllen des Fragebogens bei der neuen Wehrpflicht auch für Frauen gelten könnte. Experten sind der Ansicht, dass dafür eine Grundgesetzänderung nötig wäre.

Dieses Vorhaben will die Bundesregierung momentan nicht angehen. Deshalb ist die Teilnahme für Frauen weiterhin nicht verpflichtend.

Wie soll der Wehrdienst dann konkret aussehen?

Am Anfang sollen sechs Monate sogenannter Basisdienst stehen. Danach besteht die Möglichkeit einer Verlängerung auf bis zu 23 Monate. Wird der Dienst über das erste halbe Jahr hinaus verlängert, könnte das mit Anreizen wie dem Erwerb eines besonderen Führerscheins oder einer Anrechnung der Wehrdienstzeit beim Warten auf einen Studienplatz verbunden sein. Der Grundsold soll rund 1.800 Euro pro Monat betragen.

Kann der "neue Wehrdienst" das Rekrutierungsproblem lösen?

Wenn Bundesrat und Bundestag grünes Licht für das Gesetz geben, könnte es voraussichtlich im nächsten Frühjahr in Kraft treten. Dass es im ersten Jahr gelingen wird, die dann geplanten 5.000 Plätze ausschließlich mit Freiwilligen zu besetzen, erscheint realistisch.

Die Pläne der Bundeswehr sehen aber eine Erhöhung der Wehrdienstplätze in den Folgejahren vor. Dass dieses Ziel nur mit dem Prinzip Freiwilligkeit erreicht werden kann, ist fraglich. Es könnte also sein, dass Änderungen am Wehrdienst hin zu deutlich verpflichtenderen Elementen nötig werden.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete BR24 am 06. November 2024 um 09:35 Uhr.