Bilanz von Mieterbund und DGB Wohnungspolitik "mangelhaft"
Ihr ambitioniertes Wohnungsbauziel wiederholt die Ampelkoalition schon lange nicht mehr. Das Urteil von Gewerkschaften und Mieterbund ist dennoch vernichtend: Die Wohnungspolitik der Regierung sei "mangelhaft".
Der Deutsche Mieterbund und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) haben die Wohnungspolitik der Bundesregierung zur Halbzeit der Legislatur als "mangelhaft" kritisiert und vor einer Verschärfung der Wohnungskrise gewarnt. Es fehlten mehr als 700.000 bezahlbare Mietwohnungen, viele davon im sozialen Wohnungsbau, teilten die beiden Organisationen mit.
Es wurde schlechter statt besser
Ihr vernichtendes Urteil unterfütterten sie mit Zahlen: Allein 2022 seien die Mieten bundesweit im Schnitt um vier Prozent gestiegen. Das Vorhaben der Bundesregierung, jährlich 400.000 neue Wohnungen zu bauen, davon 100.000 öffentlich geförderte, sei in den vergangenen zwei Jahren deutlich verpasst worden. Von den 2022 rund 295.000 neu gebauten Wohnungen seien weniger als ein Drittel klassische Mietwohnungen und weniger als ein Zehntel bezahlbare Sozialwohnungen. Zudem gingen die erteilten Baugenehmigungen im ersten Halbjahr 2023 um 27,2 Prozent zurück. Ihr Fazit: Die Lage auf dem Wohnungsmarkt in den vergangenen zwei Jahren habe sich verschlechtert.
Ein "sozialpolitischer Skandal"
Mieterbund und DGB fordern massive öffentliche Investitionen in den sozialen Wohnungsbau und die energetische Sanierung. Zudem sei ein Mietenstopp nötig. "In Deutschland sind Millionen Mieterinnen und Mieter mit ihren Wohnkosten überlastet und die Mieten werden weiter steigen", bemängelte Lukas Siebenkotten, der Präsident des Mieterbundes. Schon heute zahlten 3,1 Millionen der insgesamt 21 Millionen Mieterhaushalte mehr als 40 Prozent ihres Einkommens für die Kaltmiete und die Heizkosten. 5,5 Millionen Haushalte können laut DGB und Mieterbund nicht angemessen heizen.
DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell nannte die Situation auf dem Wohnungsmarkt einen "sozialpolitischen Skandal". Der Bundesregierung warf er vor, die Tragweite der Situation "offensichtlich immer noch nicht erkannt" zu haben.
Grünen-Chefin sieht "Auftrag"
Sie verstehe die Bilanz der beiden Organisationen als Auftrag, "den wohnpolitischen Plan der Bundesregierung schneller voranzubringen", sagte Grünen-Chefin Ricarda Lang der Nachrichtenagentur AFP. Neben einem höheren Tempo beim sozialen Wohnungsbau brauche es eine Mieterschutzoffensive für bezahlbares Wohnen. "Gerade Familien müssen zügig entlastet werden." Sie bekräftigte außerdem die Forderungen ihrer Partei nach einer Verschärfung von Mietpreisbremse und Kappungsgrenze sowie der Begrenzung von Indexmieten.
Bei Indexmietverträgen ist die Miete an den Verbraucherpreisindex gekoppelt, im Gegenzug verzichten Vermieter auf alle sonstigen Anpassungen. Laut DGB und Mieterbund enthalten 30 Prozent der neu abgeschlossenen Mietverträge in den sechs größten deutschen Städten eine Indexierung. Siebenkotten bezeichnete Indexmieten neben dem möblierten Wohnen als "die neuen Kostenfallen".
Ein bisschen Lob
Neben Kritik verteilten Mieterbund und DGB auch ein Lob: Positiv bewerteten sie die umgesetzte Wohngeldreform sowie das Förderprogramm "Junges Wohnen", das mit 500 Millionen Euro von der Regierung auf den Weg gebracht wurde.
Das Bauministerium wird von SPD-Politikerin Klara Geywitz geführt. Nicht nur die Krise am Bau macht ihr zu schaffen, zuletzt verlangte das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg auch ein Klimaschutzsofortprogramm für den Gebäudesektor.