Höchststand bei Stornierungen Immer mehr abgesagte Bauprojekte
Bereits ein Fünftel der Firmen im deutschen Wohnungsbau berichtet laut ifo-Institut von stornierten Projekten. Hohe Zinsen und stark gestiegene Kosten führen dazu, dass sie nicht mehr finanzierbar sind.
Die Krise im deutschen Wohnungsbau spitzt sich weiter zu. Im August berichteten 20,7 Prozent der Firmen von abgesagten Projekten, nach 18,9 Prozent im Vormonat. Das geht aus den Umfragen des ifo-Instituts hervor. "Die Stornierungen im Wohnungsbau türmen sich zu einem neuen Höchststand auf. Seit Beginn der Erhebung 1991 haben wir noch nichts Vergleichbares beobachtet. Die Verunsicherung im Markt ist riesig", sagt Klaus Wohlrabe, Leiter der ifo-Umfragen.
Grund seien die rasant gestiegenen Baukosten und die inzwischen viel höheren Zinsen. Daher seien "viele Projekte, die Anfang 2022 noch rentabel waren, aktuell nicht mehr darstellbar", erklärt Wohlrabe. "Auch das Zurückfahren der Förderung wegen der verschärften Energiesparvoraussetzungen belastet die Kalkulation der Bauherren.".
Einige Baufirmen in Not
Derweil geraten die Baufirmen zunehmend in Schieflage. Einige Betriebe verfügen zwar noch über gut gefüllte Auftragsbücher, allerdings melden der ifo-Umfrage zufolge bereits 44,2 Prozent der Teilnehmenden einen Auftragsmangel - nach 40,3 Prozent im Juli. Zur gleichen Zeit im Vorjahr lag der Anteil lediglich bei 13,8 Prozent.
"Einigen Betrieben steht das Wasser bereits bis zum Hals. Aktuell melden 11,9 Prozent der Unternehmen im Wohnungsbau Finanzierungschwierigkeiten. Das ist der höchste Wert seit über 30 Jahren", so Wohlrabe.
Für das kommende halbe Jahr befürchten die Unternehmen mehrheitlich weitere Geschäftsrückgänge. Die Geschäftserwartungen notieren mit minus 60,1 Punkten auf einem außergewöhnlich schwachen Niveau.
Neue Rezession erwartet
Die Baukrise ist ein Grund dafür, dass führende Wirschaftsforschungs-Institute negativ auf die Konjunktur blicken. Das ifo-Institut etwa erwartet, dass das Bruttoinlandsprodukt 2023 um 0,4 Prozent schrumpft. Auch die EU-Kommission geht davon aus, dass Deutschland in diesem Jahr erneut in die Rezession gerät.
Der Wohnungsbau bleibe konjunkturelles Sorgenkind, sagte der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV), Helmut Schleweis. Die deutschen Sparkassen spürten in den ersten sechs Monaten dieses Jahres vor allem den deutlichen Rückgang bei gewerblichen Wohnimmobilienfinanzierungen. "Diese sind gegenüber dem ersten Halbjahr 2022 um mehr als die Hälfte zurückgegangen", sagt Schleweis.
Die Ampel-Regierung hatte als Ziel für dieses Jahr mindestens 400.000 neue Wohnungen angepeilt. Doch diese Marke sei "auch in den nächsten zwei Jahren nicht erreichbar", sagte der Sparkassen-Präsident. Die Koalition müsse etwa das Baurecht standardisieren und Bürokratie abbauen, was Baukosten senken könne.