Außenministerin Baerbock Kaum Zeit für die Klimakrise
Ukraine-Krieg und Energiekrise bestimmen die Politik, für die Klimakrise scheint keine Zeit. Bei einer Konferenz will Außenministerin Baerbock diesem Eindruck entgegentreten - und muss auch strittige Entscheidungen erklären.
Annalena Baerbock will keine Zeit verlieren und nicht über Zahlen diskutieren. "Wir wissen, was zu tun ist", sagt die Außenministerin. Da wird ihr keiner der vielen Gäste widersprechen, die ihr Ministerium nach Berlin eingeladen hat.
Die Welt hat sich versammelt - im Weltsaal des Auswärtigen Amtes. Dort, wo jetzt das Herz der deutschen Klimapolitik schlägt. Annalena Baerbock wollte es so. Zu einer Zeit, zu der sie noch nicht wissen konnte, wie sehr die anderen Krisen die Außenministerin fordern. Ein Krieg mitten in Europa, der alles verändert hat. Eine Energiekrise, die daraus folgt. Die Klimakrise muss oft warten, dabei kann sie das nicht.
Jetzt muss die Außenministerin ihren Gästen erklären, warum Deutschland Kohlekraftwerke wieder hochfährt. Das sei nur eine Notfallmaßnahme für diesen Winter, betont sie. Das ändere nichts daran, dass es wichtig sei, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Dieses Ziel, so sagt es Baerbock, behalte Deutschland im Blick. Ob es aber überhaupt noch erreichbar ist, darüber streiten die Klimaexperten. Einig sind sich alle, dass sich das Fenster nun aber schnell schließen wird. Da ist er wieder, der Zeitdruck.
Wie ein Sprint über den Planeten
Zwei Tage lang diskutieren die Gäste aus aller Welt in Berlin. Es ist eher ein Sprint über den Planeten. Die Außenministerin von Guinea-Bissau wirbt dafür, vor allem die Frauen in den Blick zu nehmen. Sie seien es schließlich, die die Familien versorgen mit Wasser und Lebensmitteln.
Die Umweltministerin aus Somalia macht klar: Die Jugend in ihrem Land habe zwei Alternativen. Fliehen oder sich den Terroristen von Al Shabaab anschließen. Ihr Kollege aus Irland ergänzt, es brauche mehr Geld um all die Pläne umzusetzen. All diese Themen hätten es verdient, ausführlich besprochen zu werden - doch die Zeit ist zu knapp, um ins Detail zu gehen. Da ist er wieder der Zeitdruck.
Krieg, Hunger, Klimawandel. Die Krisen der Welt hängen zusammen. Und Klimapolitik ist Friedenspolitik. Auch das würden wohl alle im Saal unterschreiben. Baerbock sagt: "Durch Dürre und Wassermangel fallen Ernten aus, verlieren Bauern ihr Einkommen. Die Klimakrise verschärft so Konflikte massiv. Wo Sicherheit fehlt, Dürren grassieren, Ernten ausfallen, flüchten Menschen."
In Berlin wird eine Initiative ins Leben gerufen: Mit dem Ziel sich besser aufeinander abzustimmen, über Projekte zu sprechen und sich gegenseitig zuzuhören. Das klingt wenig konkret und lässt ahnen, wie schwer Klimapolitik ist.
Wenige Wochen bis zum UN-Klimagipfel
Es sind nur noch wenige Wochen bis zur Internationalen Klimakonferenz im ägyptischen Sharm El-Sheikh. Annalena Baerbock - zuständig für internationale Klimapolitik - wird auch anreisen, am Ende der Konferenz. Dann also, wenn es darum geht, nicht mit leeren Händen nach Hause zu fahren.
In Berlin zählt die Außenministerin die Folgen des Klimawandels auf: Die Fluten in Pakistan, Dürren in Afrika. Oft sind die ärmsten und schwächsten Länder der Welt betroffen - die nur für einen kleinen Anteil der Treibhausgase verantwortlich sind.
"Wir werden an eurer Seite stehen"
Baerbock weiß, dass reiche Länder wie Deutschland Geld in die Hand nehmen müssen und verspricht: "Wir werden an eurer Seite stehen." Doch auch hier bleibt die Frage: Wie soll das konkret funktionieren? Es wird viel diskutiert werden im November in Sharm El-Sheikh.
Also genau das, was die Außenministerin nicht mehr will. Sie hat keine Zeit, die Welt hat keine Zeit. Nur etwa eine Stunde bleibt die Außenministerin auf der Konferenz. Viel zu kurz für das Thema, das ihr so wichtig ist. Dann warten die anderen Krisen. Der Klimawandel macht allerdings keine Pause. Jetzt vertritt Staatssekretärin Jennifer Morgan das Auswärtige Amt und klingt wie ihre Chefin. Schluss mit den Diskussionen, es müsse nun gehandelt werden. Sagt sie und weiß wohl selbst am besten: Es wird noch viel gesprochen werden.