Kabinett billigt Gesetz Ladesäulen-Pflicht für große Tankstellen
Wer ein E-Auto fährt, soll es in Zukunft einfacher haben, einen Ladepunkt zu finden. Die Bundesregierung will große Tankstellenbetreiber verpflichten, Ladesäulen anzubieten. Die Branche fühlt sich an Planwirtschaft erinnert.
An Tankstellen gibt es aus Sicht der Bundesregierung bisher zu wenig Schnellladesäulen für E-Autos. Sie plant deshalb, eine Versorgungsauflage für große Tankstellenketten einzuführen. Das Bundeskabinett brachte eine entsprechende Gesetzesänderung auf den Weg.
Demnach sollen Unternehmen mit mindestens 200 Tankstellen ab dem 1. Januar 2028 grundsätzlich an jeder Tankstelle mindestens einen öffentlich zugänglichen Schnellladepunkt mit einer Leistung von mindestens 150 Kilowatt betreiben müssen. Von der Verpflichtung seien voraussichtlich etwa ein Dutzend Unternehmen betroffen, wie es in einem Papier des Verkehrsministeriums heißt. Der Bestand werde berücksichtigt.
Im Gesetzentwurf heißt es zur Begründung für die Versorgungsauflage, der Ausbau von Schnellladeinfrastruktur an Tankstellen habe bereits begonnen. "Allerdings erfolgt dieser bislang noch nicht flächendeckend und regional heterogen."
Die Bundesregierung plant mit einem sogenannten Flexibilisierungsmechanismus. Demnach darf ein Unternehmen für maximal 50 Prozent seiner Tankstellen die Vorgaben abweichend umsetzen. Zum Beispiel könnte ein Schnellladepunkt an einem Standort in einem Umkreis von 1.000 Metern gebaut werden. Oder es wird eine Ladesäule zusätzlich an einer anderen Tankstelle gebaut. Zudem soll eine Härtefallregelung greifen, wenn es zu wirtschaftlich unzumutbaren Belastungen kommen sollte.
Absatz von E-Autos soll nach oben gebracht werden
Mit den Plänen soll es auch attraktiver werden, sich ein E-Auto zu kaufen. Viele schrecken bislang davor zurück. Einmal wegen der Anschaffungskosten, gestrichener staatlicher Förderungen, aber auch, weil Tanken bislang nicht so einfach ist wie das Tanken von Autos mit Diesel oder Benzin.
Ziel der Bundesregierung ist es, dass bis zum Jahr 2030 in Deutschland 15 Millionen Elektroautos zugelassen sind. Zum Jahresanfang 2024 waren es nach Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamts rund 1,4 Millionen.
Durch die Versorgungsauflage wird dem Entwurf zufolge mit zusätzlich rund 8.000 neuen Schnellladepunkten gerechnet. Nach Ministeriumsangaben sind mit Stand April von rund 115.000 öffentlich zugänglichen Ladepunkten knapp 22.000 Schnellladepunkte.
"Das erinnert an Planwirtschaft"
Der Vorstandschef von Aral, Achim Bothe, kritisiert die geplante Gesetzesänderung: "Wir lehnen die geplante Versorgungsauflage ab. Das erinnert an Planwirtschaft und funktioniert nicht." Aral ist mit rund 2.400 Tankstellen größter Anbieter auf dem deutschen Tankstellenmarkt. Insgesamt gibt es in Deutschland rund 14.000 Tankstellen.
Aus der Sicht des Aral-Chefs brauche nicht jede Tankstelle in Deutschland eine Ladesäule. Bothe sagte, die Verpflichtung würde auch zu Fehlinvestitionen führen: "Wir sollten uns auf Standorte konzentrieren, an denen wir das größte Potenzial für Nachfrage und Nutzung sehen. Es wird also an vielen Aral-Tankstellen und weiteren Standorten Ladepunkte geben, aber nicht jede Tankstelle braucht eine Ladesäule", sagte er.
Ähnlich sieht es der Hauptgeschäftsführer des en2x - Wirtschaftsverband Fuels und Energie, Christian Küchen. Er sagte, die Tankstellengesellschaften bauten da, wo es am sinnvollsten für E-Autofahrer sei: "Nicht nur an Tankstellen, sondern auch an Supermärkten, am Straßenrand, zu Hause und am Arbeitsplatz." Ein Ladesäulenzwang an Tankstellen wäre "reine Symbolpolitik", sagte Küchen.
Es müssten teure Schnellladesäulen an Standorten aufgestellt werden, an denen es absehbar nur wenig Nachfrage nach Ladestrom gebe. Nach Verbandsangaben befindet sich schon heute bei zwei Dritteln aller Tankstellen in Deutschland eine Schnellladesäule im Umkreis von fünf Kilometern.
Kommunen sehen Vorteile für den ländlichen Raum
Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, André Berghegger, begrüßte hingegen die Pläne. Es reiche nicht aus, wenn nur an Hauptverkehrsachsen und in Ballungsräumen Schnellladepunkte entstünden. "Für die Bewohner ländlicher Räume, für Menschen auf der Durchreise, für Touristen und nicht zuletzt für die Wirtschaft muss auch in der Fläche ein Mindestmaß an Ladeinfrastruktur zugänglich sein."
Die geplante Pflicht für Tankstellen stelle einen wichtigen Baustein dar, da die Flächen für Ladeinfrastruktur bereits erschlossen und verkehrsgünstig gelegen seien. "Ländliche und womöglich weniger lukrative Standorte dürfen daher nicht in hohem Maße durch Ladepunkte in Ballungsräumen ersetzt werden können."
Vom ADAC hieß es, die Versorgungsauflage sei zwar ein starker Eingriff in den Markt. Aber es gebe bei der Umsetzung viele Flexibilitäten, sodass die gesetzliche Vorgabe vertretbar sei. Aus Verbrauchersicht eigneten sich Tankstellen als Ort für schnelles Laden besonders gut.