Kritik an Vorschlag von Habeck SPD will Lieferkettengesetz nicht aussetzen
Wirtschaftsminister Habeck plant, das deutsche Lieferkettengesetz für zwei Jahre auszusetzen. Während Unternehmensvertreter applaudieren, zeigt sich SPD-Fraktionschef Mützenich von dem Vorstoß irritiert.
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich lehnt den Vorschlag von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck ab, das deutsche Lieferkettengesetz auszusetzen. Der Minister habe mit entsprechenden Äußerungen "langjährigen Bemühungen um eine an Menschenrechten und fairen Löhnen orientierte und gegen Ausbeutung gerichtete Wirtschaftspolitik einen Bärendienst erwiesen", sagte Mützenich in einer Stellungnahme.
Der Grünen-Politiker Habeck hatte am Freitag angeregt, die deutsche Regelung auszusetzen oder abzuschwächen, bis die bereits beschlossene europäische Regelung wirksam werde. Damit griff er eine Forderung von Wirtschaftsverbänden auf, die vor Wettbewerbsnachteilen gewarnt hatten.
Habeck plädiert für pragmatisches Vorgehen
Hintergrund ist, dass das deutsche Lieferkettengesetz bereits in Kraft ist, eine vergleichbare EU-Richtlinie aber erst noch in nationales Recht übertragen werden muss. Die EU-Staaten haben dafür nun gut zwei Jahre Zeit. Ziel des EU-Lieferkettengesetzes ist es, Menschenrechte weltweit zu stärken. Große Unternehmen sollen zur Rechenschaft gezogen werden können, wenn sie von Menschenrechtsverletzungen wie Kinder- oder Zwangsarbeit profitieren.
Einer der größten Unterschiede zwischen dem deutschen Gesetz und der EU-Richtlinie ist die Haftbarkeit. Im deutschen Gesetz ist ausgeschlossen, dass Unternehmen für Sorgfaltspflichtverletzungen haftbar sind - die EU-Regelung lässt das zu.
Habeck hatte seinen Vorschlag am Freitag auf dem Tag des Familienunternehmens gemacht. Er sagte anschließend der Nachrichtenagentur dpa, bei der Anpassung des Rechts solle man pragmatisch vorgehen. "Deshalb habe ich vorgeschlagen, das deutsche Lieferkettengesetz, solange bis das EU-Recht umgesetzt ist, zu pausieren beziehungsweise deutlich zu reduzieren. Der Schutz von Menschenrechten und Umweltstandards wird nur dann erfolgreich sein, wenn Vorgaben auch bei den Unternehmen Akzeptanz finden."
"Werden diese Anstrengungen nicht über Bord werfen"
Mützenich hingegen nannte es "gewohnte Praxis, nationale Regelungen an EU-Recht anzupassen. Bis dahin bleibt es aber beim gültigen Gesetz. Die SPD-Fraktion wird sich nicht an einer pauschalen Aussetzung des deutschen Lieferkettengesetzes beteiligen." Die SPD habe jahrelang für dieses Gesetz gearbeitet, so Mützenich.
"Wir werden diese Anstrengungen nicht so einfach über Bord werfen", sagte der SPD-Politiker weiter. "Irritiert bin ich darüber, dass ein Ressortchef glaubt, eigenmächtig geltendes Recht außer Kraft setzen zu können. Ich bin zudem enttäuscht, dass leichtfertig wichtige Grundsätze und Regelungen infrage gestellt werden."
"Dringend benötigte Atempause für die deutsche Wirtschaft"
Die Arbeitgeber zeigten sich indes erfreut. "Es ist überfällig, das deutsche Lieferkettengesetz jetzt aufzuheben und die europäische Richtlinie nur in schlanker Form umzusetzen", sagte der Hauptgeschäftsführer der Arbeitgebervereinigung BDA, Steffen Kampeter. "Mit der Aussetzung würden wir die dringend benötigte Atempause für die deutsche Wirtschaft schaffen. Jetzt muss der Arbeitsminister schnell handeln." Denn federführend ist das Bundesarbeitsministerium mit Hubertus Heil (SPD) an der Spitze.
Der Verband der Chemischen Industrie hob hervor, die Unternehmen brauchten dringend Entlastung. "Der Vorschlag von Wirtschaftsminister Habeck kommt zur rechten Zeit", sagte Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup. "Wir stehen zur Wahrung der Menschenrechte. Aber der europäische Standard braucht keinen deutschen Überfüllungswahn."