Schloss Meseberg Ein Trio und die Macht der Bilder
Bei der Kabinettsklausur in Meseberg wollte die Ampel zeigen, dass sie wieder zusammengerückt ist. Doch was davon ist Schein? Und bleiben am Ende wirklich mehr als nur schöne Bilder?
Jedes Mal, wenn die braune Eingangstür des barocken Schlosses aufgeht, bringen sich die Fotografen in Stellung. Das Ampel-Trio Scholz, Lindner und Habeck wird ungeduldig erwartet. Immer noch ist unklar, welche Inhalte das dritte Entlastungspaket enthalten könnte. Der Druck auf die Regierung ist groß: Die Energie und Strompreise steigen für Verbraucher, während Entlastungen, wie der Tankrabatt und das 9-Euro-Ticket am 1. September auslaufen.
Dann kommen sie aus dem Schloss. Das Trio steuert zielstrebig auf drei Rednerpulte zu. Doch so abgestimmt, wie es jetzt erscheint, lief es bei der Ampel zuletzt nicht. "Ich habe den Eindruck, dass dieser gemeinsame Auftritt ein Versuch ist, zum Miteinander zurückzukehren, um nach einigen Wochen den koalitionären Zwist zu überwinden", sagt Politikwissenschaftlerin Julia Reuschenbach von der Freien Universität Berlin. Es gehe bei einem solchen Auftreten auch um die Macht der Bilder. "Doch jedes Bild trägt nur, wenn es auch inhaltlich miteinander funktioniert", so Reuschenbach.
Konstruktiv und freundschaftlich?
Jede Bewegung, jedes Zunicken, jede Geste wird von den Journalisten genau analysiert und bewertet. Vor der Krisensitzung in Meseberg gab es Unstimmigkeiten in der Ampel unter anderem bei der Gas-Umlage, deutliche Kritik am Wirtschaftsminister und auch am Kanzler.
Doch Scholz gibt sich bei der Abschlusspressekonferenz betont optimistisch: "Die Regierung arbeitet sehr gut zusammen, wie man auch hier in Meseberg sinnlich erfahren konnte." Den Umgang beschreibt der Kanzler als freundschaftlich und konstruktiv. Als wolle der Wirtschaftsminister das bei der Pressekonferenz verdeutlichen, nimmt er den Kanzler bei einer kritischen Frage in Schutz und betont, wie gut es sei, dass Scholz die Regierung führe. Habeck hebt seine Erfahrung, Umsicht und Ruhe hervor.
"Ein solcher Auftritt ist ein Signal nach Außen an die Bevölkerung aber auch eines an die eigenen Reihen, wenn man sich gegenseitig das Vertrauen ausspricht. Es ist ein Signal an die eigenen Parteimitglieder, dass ein Stück weit Mäßigung angesagt ist, um gemeinschaftlich die großen Herausforderungen zu bewältigen", sagt Reuschenbach.
Als Zeichen für die vertrauliche Zusammenarbeit wertet Bundeskanzler Scholz auch die Tatsache, dass die Öffentlichkeit bisher nicht so viele Details über ein drittes Entlastungspaket mitbekommen habe.
"Eine Regierung der Tat"
Kommunikativ ist das Ampel-Trio während der Pressekonferenz sichtlich bemüht, einen harmonischen Eindruck zu machen. Doch inhaltlich scheinen für ein drittes Entlastungspaket noch einige Fragen offen zu sein. "Mein Eindruck ist: Sie sind noch nicht fertig mit Verhandeln", so die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer. Sie sieht es als Zeichen der Annäherung an, dass sich Lindner heute einem Nachfolger für das 9-Euro-Ticket nicht mehr ganz so verschließe.
Scholz spricht von einer "Regierung der Tat". Doch statt Taten gibt es bisher zahlreiche Ankündigungen für ein drittes Entlastungspaket. Konkretes? Fehlanzeige. Dabei komme es auf zwei Wochen nicht an, so Schnitzer, aber: "Es muss das klare Signal kommen, es passiert etwas. Sonst verunsichert das die Menschen. Nichts ist schlimmer, als wenn die Menschen Sorge haben, es kommt ganz dicke und man hilft ihnen nicht."
Wieder ins Wanken?
Dass was passieren soll, versucht das Ampel-Trio deutlich zu machen. Finanzminister Lindner kündigt ein Entlastungspaket an, das "wuchtig" sei. Dieses Jahr sei ein möglicher Spielraum, in einem einstelligen Milliarden Bereich und im kommenden Jahr in einem zweistelligen Milliardenbereich. Das wird in diesem Jahr nicht reichen, befürchtet Schnitzer. Sie geht davon aus, dass ein drittes Entlastungspaket rund ein Drittel der Haushalte unterstützen müsste.
Und gerade bei der Frage der Finanzierung könnte der Koalitionsfrieden wieder ins Wanken geraten: "Wir wissen ja, dass die drei Parteien sich vor allem gesellschaftspolitisch nahestehen. Aber dass insbesondere die Finanzpolitik der Lackmustest werden würde, das war schon klar, als das Bündnis geschlossen wurde", sagt Politikwissenschaftlerin Reuschenbach.
In Meseberg wird klar, dass die Ampel zumindest den Eindruck vermitteln kann, dass alles harmonisch läuft. Nach der Pressekonferenz verabschieden sich die drei Spitzenpolitiker. Drehen sich gemeinsam um und laufen wieder auf das Schloss zu. Ob es inhaltlich auch so abgestimmt weitergeht?