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Netzausbau in Deutschland Verbot für chinesische 5G-Komponenten?

Stand: 06.03.2023 18:31 Uhr

Die Bundesregierung hat offenbar erhebliche Bedenken gegen den Einsatz einzelner chinesischer Komponenten beim wichtigen 5G-Netz. Es droht die erste Untersagung, wie NDR und WDR erfuhren. Von Manuel Bewarder.

Die Bundesregierung hat offenbar erhebliche Bedenken gegen den Einsatz einzelner chinesischer Komponenten beim wichtigen 5G-Netz. Es droht die erste Untersagung, wie NDR und WDR erfuhren. 

Die Bundesregierung wird beim Ausbau des 5G-Netzes offenbar den Einsatz von einigen Komponenten chinesischer Hersteller untersagen. Entsprechende Informationen aus Sicherheitskreisen liegen NDR und WDR vor. Demnach geht das Bundesinnenministerium mit Bezug auf aktuelle Prüfungen davon aus, dass bereits im Sommer Untersagungen ausgesprochen werden könnten. Die Koalitionspartner sollen sich über das Vorgehen einig sein

Als Gefahr wird den Informationen zufolge weniger ein möglicher Datenabfluss gesehen, sondern vielmehr die möglichen Folgen der aktuellen extremen Marktmacht chinesischer Anbieter. Die Hürde für eine Untersagung ist dennoch hoch: So müssten die öffentliche Ordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik durch den Einsatz bedroht sein.

"Im Raum stehen wahrscheinlich Milliardenkosten", Manuel Bewarder, NDR, zu möglichem Verbot von chinesischer Mobilfunk-Technik

tagesschau24 11:00 Uhr

Sechs Anträge für den Einsatz im 5G-Netz, die offenbar etwa 100 Einzelkomponenten betrafen, waren seit 2021 problemlos positiv beschieden worden. Zwei weitere Anträge würden nun aber genauer geprüft, heißt es. Es soll zum Beispiel aufgefallen sein, dass Anbieter per Update 4G-Bestandteile quasi durch die Hintertür für das 5G-Netz nutzbar machen wollten - für das moderne 5G-Netz gelten aber strenge Regeln.

Prüfprozess soll offenbar reformiert werden

Wahrscheinlich wird es nicht bei Einzelentscheidungen bleiben: Den Informationen zufolge will die Bundesregierung offenbar den gesamten Prüfprozess reformieren. Netzbetreiber wie Telekom, Vodafone oder Telefónica müssten für das 5G-Netz dann voraussichtlich auf andere Ausrüster als Huawei oder ZTE setzen, beispielsweise auf Ericsson oder Nokia. Ein solcher Austausch gilt als aufwendig und teuer. 

Ein Grund für die Haltung der Bundesregierung sind offenbar neue Sicherheitsbedenken. Worin diese konkret bestehen, ist unklar. Es soll Erkenntnisse geben, wonach bereits heute in relevanten Bereichen solche Komponenten verwendet werden, die man nun eigentlich beanstandet. Laut Gesetz können Komponenten auch dann noch beanstandet werden, wenn sie bereits im Einsatz sind. Huawei hat die Sicherheitsbedenken in der Vergangenheit immer zurückgewiesen. Auf eine aktuelle Anfrage erklärte das Unternehmen eher allgemein: "Beschränkungen eines stets verlässlichen Herstellers mit sehr guter Sicherheitsbilanz gehören aber sicher nicht dazu, Infrastrukturen sicherer zu machen." Zu Spekulationen wollte sich das Unternehmen nicht äußern.

Als 5G-Technologie wird der neue sehr schnelle Mobilfunkstandard beschrieben. Weil immer mehr Bereiche des Lebens - Kommunikation, Energieversorgung oder Logistik -miteinander vernetzt sind, gilt 5G vielen als künftige wichtigste Infrastruktur der Bundesrepublik. Deshalb will die Regierung die 5G-Infrastruktur besonders sichern, auch vor Spionage oder Sabotage.

Deutschlands Abhängigkeit von China

Philipp Abresch, NDR, tagesthemen, tagesthemen, 06.03.2023 22:15 Uhr

Sorge vor Abhängigkeit

In der Bundesregierung haben der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und seine Folgen Spuren hinterlassen. So hatte die plötzlich gedrosselte Gasversorgung gezeigt, wie abhängig man von Russland war. Auch ein plötzlicher "Kill-Switch", bei dem die entsprechenden 5G-Komponenten mit einem Mal ausfallen, könnte große Auswirkungen haben, heißt es in Sicherheitskreisen. Möglicherweise wären vorübergehend etliche komplexe Systeme betroffen, die vom 5G-Netz abhängen - neben Alltagskommunikation beispielsweise auch Energieversorger. Laut einer Analyse der Telekommunikationsberatung Strand Consult ist Huawei aktuell für 59 Prozent des 5G-Netzes in Deutschland verantwortlich. Beim älteren und langsameren 4G ist es ähnlich.

Im Jahr 2021 waren die Regeln im IT-Sicherheitsgesetz neu festgeschrieben worden. Seither kann das Innenministerium den Einsatz kritischer Komponenten in einer sogenannten kritischen Infrastruktur untersagen oder beschränken. Bislang gilt die Regelung nur für 5G-Netze. Zuvor war mehrere Jahre lang über einen möglichen generellen Ausschluss von Firmen wie Huawei diskutiert worden. Spionage oder Sabotage waren als mögliche Gefahren benannt worden. Großbritannien oder die USA hatten das Unternehmen deshalb schon früh vom 5G-Ausbau ausgeschlossen.

Überblick fehlt

Die damalige Bundesregierung entschied sich für einen Mittelweg: Man verzichtete auf einen generellen Ausschluss - auch um China nicht vor den Kopf zu stoßen. Gleichzeitig wurde ein Prüfverfahren installiert, wonach Wettbewerber nicht nur aus rein technischen Gründen ausgeschlossen werden können.

Eine Anfrage der Unionsfraktion im Bundestag hatte zuletzt gezeigt, dass der Regierung ein Überblick zu den Komponenten fehlt. Das will die Bundesregierung offenbar ändern. So soll in den kommenden Monaten festgestellt werden, wo genau möglicherweise problematische Komponenten verbaut wurden. Warum das wichtig sein könnte, zeigte eine Meldung im vergangenen Jahr aus den USA. Auffällig oft waren dort chinesische Komponenten in der Nähe von Militärstützpunkten verbaut gewesen. In Medienberichten hieß es, die geheime Kommunikation hätte abgehört und gestört werden können. 

Benedikt Strunz, Benedikt Strunz, NDR, 06.03.2023 18:38 Uhr