Krieg in Nahost ++ Israel tötet weiteren Hamas-Kommandeur ++
Israels Armee hat nach eigenen Angaben einen weiteren Kommandeur der Terrororganisation Hamas getötet. Die USA wollen in den Verhandlungen über eine Waffenruhe einem Kompromiss zum Erfolg verhelfen. Der Liveblog vom Dienstag zum Nachlesen.
- USA rechnen frühestens kommende Woche mit Rafah-Offensive
- Weiterer Hamas-Kommandeur im Gazastreifen getötet
- Israel setzt erstmals C-Dome ein
Ende des Liveblogs
Der Liveblog schließt für heute. Danke für das Interesse.
USA: Israel hat keinen glaubwürdigen Plan für Rafah vorgelegt
Israel hat aus Sicht der US-Regierung weiter keinen überzeugenden Plan zum Schutz der Zivilbevölkerung im Fall einer Bodenoffensive in der Stadt Rafah im Gazastreifen vorgelegt. Er habe noch keinen glaubwürdigen und durchführbaren Plan für die Umsiedlung der Menschen in Rafah gesehen, der detailliert darlege, wie die Zivilisten untergebracht und medizinisch versorgt werden könnten, sagte der Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, Jake Sullivan. "So bleiben unsere Bedenken bestehen, und wir müssen nun abwarten, was passiert, und die Vereinigten Staaten werden entsprechend reagieren."
Die USA als wichtigster Verbündeter haben Israel wiederholt vor einer großangelegten Offensive gegen die islamistische Hamas in Rafah gewarnt, weil dort Hunderttausende palästinensische Zivilisten Schutz vor den Kämpfen gesucht haben.
USA rechnen frühestens kommende Woche mit Rafah-Offensive
US-Außenminister Antony Blinken glaubt nicht, dass Israel die Stadt Rafah im Gazastreifen vor Gesprächen zwischen den USA und Israel kommende Woche in Washington angreifen wird. "Ich gehe nicht davon aus, dass vor diesen Gesprächen irgendwelche Maßnahmen ergriffen werden, und ich sehe auch nicht, dass etwas unmittelbar bevorsteht", sagte Blinken. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu hatte am Montag mitgeteilt, dass es bereits einen Termin für eine Bodenoffensive in der Stadt im Süden des Gazastreifens gebe.
Blinken sagte nun, Israel habe den USA kein Datum genannt. Eine israelische Delegation werde kommende Woche Washington besuchen, um sich die Bedenken der USA anzuhören. Die US-Regierung werde erneut darauf hinweisen, dass größere Militäraktionen in Rafah "extrem gefährlich für die Zivilbevölkerung wären", sagte Blinken.
Israel zufolge ist die Stadt an der Grenze zu Ägypten die letzte verbliebene Hochburg der radikalislamischen Hamas in dem Palästinensergebiet. Ungeachtet internationaler Kritik hält Israel an seinen Plänen für eine Offensive fest. Die westlichen Verbündeten Israels, darunter die USA und Deutschland, hatten sich gegen eine Offensive in Rafah ausgesprochen. In der an der Grenze zu Ägypten gelegenen Stadt befinden sich mehr als 1,5 Millionen geflüchtete Bewohner des Gazastreifens.
US-Außenminister Blinken erwartet Gespräche zu Rafah
US-Außenminister Antony Blinken hat erklärt, dass er bis zur kommenden Woche Gespräche zwischen israelischen und US-amerikanischen Vertretern über eine mögliche israelische Militäroperation in Rafah erwarte.
Nach einem Treffen mit seinem britischen Amtskollegen David Cameron sagte Blinken, dass Washington bisher kein Datum hierfür genannt worden sei. Er gehe aber nicht davon aus, dass vor diesen Gesprächen irgendwelche Maßnahmen ergriffen werden. Die USA seien nach wie vor davon überzeugt, dass größere Militäreinsätze in Rafah äußerst gefährlich wären und Zivilisten dadurch in Gefahr geraten würden.
Die israelische Armee nimmt an, dass sich in Rafah vier Bataillone zu je etwa 1000 Kämpfern der Hamas sowie hochrangige Mitglieder der Islamisten-Gruppe aufhalten.
Streit über Umfang der Hilfslieferungen nach Gaza
Zwischen Israel und der UN-Palästinenser-Behörde UNRWA ist ein Streit über den Umfang der Hilfe für die Bevölkerung im Gazastreifen entbrannt. Israelischen Angaben zufolge überquerten am Montag 419 Lastwagen die Grenze zum Küstenstreifen, so viele wie noch nie seit dem Beginn des Krieges. Die UNRWA sprach dagegen von 223 Lastwagen. Es habe "keine bedeutende Änderung beim Volumen der humanitären Güter" gegeben, heißt es im täglichen Lagebericht. Der Rote Halbmond beziffert die Zahl auf 350. Dies sei eine deutliche Erhöhung, sagte ein Vertreter in Ägypten: In den Wochen zuvor seien es meist weniger als 200 Lkw gewesen. Die UN schätzt, dass jeden Tag 500 Lastwagen nötig wären.
Medien: Israel kauft 40.000 Zelte für Rafah-Evakuierung
Das israelische Verteidigungsministerium hat Medienberichten zufolge vor der geplanten Offensive in Rafah 40.000 Zelte für je zwölf Personen gekauft. Eine offizielle Bestätigung lag zunächst nicht vor. Das Militär hat angekündigt, vor einem Angriff auf die Stadt im Süden des Gazastreifens die etwa eine Million dort lebenden Zivilisten zu evakuieren. Sie sollen zu sogenannten "humanitären Inseln" im zentralen Teil des Küstenstreifens gebracht werden. Die Armee geht nach früheren Angaben davon aus, dass sich in Rafah vier Bataillone zu je etwa 1000 Kämpfern der Hamas sowie hochrangige Mitglieder der Islamisten-Gruppe aufhalten. Die USA und andere Staaten raten von der Offensive ab.
Netanyahu will Hamas-Brigaden "eliminieren"
Israel Premierminister Benjamin Netanyahu hat die vollständige Eliminierung der radikalismlamischen Hamas-Brigaden angekündigt. Niemand werde das verhindern, auch nicht in der Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens, sagte er.
"Es gibt keine Macht auf der Welt, die uns aufhalten kann. Es gibt viele Kräfte, die das versuchen, aber es wird nicht helfen, da dieser Feind es nach dem, was er getan hat, nie wieder tun wird", sagte Netanyahu.
Baerbock fordert raschen Kompromiss bei Verhandlungen
Außenministerin Annalena Baerbock hat die militant-islamistische Hamas und Israel eindringlich zu einem Kompromiss bei den Gesprächen über eine Waffenruhe und die Freilassung von Geiseln aufgerufen. Es brauche dringend einen Durchbruch bei den indirekten Verhandlungen der Konfliktparteien, forderte die Grünen-Politikerin bei einem Treffen mit dem moldauischen Außenminister Mihai Popsoi in Berlin. "Dazu müssen sich jetzt alle durchringen, auch wenn das wehtut."
Palästinenser melden Todeszahlen
Bei israelischen Angriffen im Gazastreifen sind nach Darstellung der von der militant-islamistischen Hamas geführten Gesundheitsbehörde seit Kriegsbeginn mindestens 33.360 Palästinenser getötet worden. Zudem gebe es 75.993 Verletzte.
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Israel laut Hamas nicht an Waffenruhe interessiert
Die indirekten Verhandlungen über eine Waffenruhe im Gazastreifen laufen nach Informationen aus Hamas-Kreisen in der libanesischen Hauptstadt Beirut "nicht gut". Dies berichtet die Nachrichtenagentur DPA. Die Israelis seien demnach nur am "Geisel-Thema" interessiert, nicht aber an einer Waffenruhe. Offizielle Angaben zum gegenwärtigen Verhandlungsstand gibt es bisher nicht. Nach Gesprächen in Kairo hatten Vertreter der Hamas die ägyptische Hauptstadt am Montag für Beratungen mit ihrer Spitze verlassen.
Baerbock: Es darf keine Ausreden bei Hilfe mehr geben
Außenministerin Annalena Baerbock hat Israel aufgefordert, die zugesagte humanitäre Hilfe im Gazastreifen schnell zu verstärken. Es sei gut, dass Israel dafür einen Hafen und einen Grenzübergang öffnen wolle, sagt Baerbock. "Es darf keine Ausreden mehr geben", fügt sie hinzu.
"Die Lage in Gaza ist jeden Tag die Hölle", sagt die Grünen-Politikerin mit Blick auf die Versorgungslage der palästinensischen Zivilbevölkerung, aber auch der von Hamas festgehaltenen israelischen Geiseln. Diese müssten so schnell wie möglich freigelassen werden.
Deutschland weist vor UN-Gericht Vorwürfe Nicaraguas zurück
Deutschland hat vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) den von Nicaragua erhobenen Vorwurf der Begünstigung eines "Völkermords" im Gazastreifen entschieden zurückgewiesen. Die Anschuldigungen hätten "weder eine faktische noch eine rechtliche Grundlage", sagte die Leiterin der Rechtsabteilung und Völkerrechtsberaterin des Auswärtigen Amts, Tania von Uslar-Gleichen, in Den Haag. Sie betonte auch, dass Israels Sicherheit "im Zentrum der deutschen Außenpolitik" stehe.
In dem seit Montag vor dem IGH verhandelten Fall wirft Nicaragua Deutschland vor, mit seinem Zahlungsstopp an das UN-Palästinenserhilfswerk (UNRWA) einen "Völkermord" im Gazastreifen zu begünstigen. Bis zu einer endgültigen Entscheidung des Gerichts fordert das zentralamerikanische Land die Verhängung von fünf Sofortmaßnahmen, darunter den Stopp von Waffenlieferungen und anderer Unterstützung durch Berlin an Israel.
Israel: Weiterer Hamas-Kommandeur im Gazastreifen getötet
Israel hat nach eigenen Angaben bei einem Luftangriff einen weiteren Kommandeur der militant-islamistischen Hamas im Gazastreifen getötet. Hatem Alramery habe zum militärischen Flügel der Hamas gehört und sei in dem Flüchtlingslager Magasi im Zentrum des Küstenstreifens für den Beschuss Israels zuständig gewesen, teilte die Armee mit.
Die Terrororganisation betonte hingegen, bei einem Luftangriff auf ein Gebäude in Magasi seien fünf Menschen getötet worden, darunter der Bürgermeister der Stadt, Hatem al-Ghamri. Eine militärische Führungsrolle des Mannes bestätigte die Hamas nicht.
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Graue Flächen: Bebaute Flächen im Gazastreifen, Schraffur: Israelische Armee
Vermittler legen neuen Vorschlag für Waffenstillstand vor
Internationale Vermittler haben nach Angaben aus ägyptischen Regierungskreisen der Hamas und Israel einen neuen Vorschlag für einen Waffenstillstand im Gazastreifen vorgelegt. Dies berichtet die Nachrichtenagentur AP. Von ägyptischer Seite hieß es, das Papier sehe eine sechswöchige Pause der Gefechte und einen Austausch von 40 Hamas-Geiseln gegen mindestens 700 in Israel inhaftierte Palästinenser vor.
Roth nennt Völkermord-Klage Nicaraguas "populistisches Spiel"
Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Michael Roth, hat den von Nicaragua erhobenen Vorwurf der deutschen Beihilfe zu einem Völkermord im Gazastreifen scharf zurückgewiesen. "Das ist ein sehr, sehr populistisches Spiel, leider auf dem Rücken von unschuldigen Menschen", sagte der SPD-Politiker in der RTL/ntv-Sendung "Frühstart". "Es ist schon frustrierend, dass ein autoritäres Regime wie Nicaragua eine Demokratie wie Deutschland anklagt, weil wir einem angegriffenen Staat zur Hilfe eilen."
Türkei erlässt Exportbeschränkungen gegen Israel
Die Türkei erlässt wegen des Krieges im Gazastreifen Handelsbeschränkungen gegen Israel. Die Restriktionen gelten ab Dienstag und bleiben so lange in Kraft, "bis Israel einen sofortigen Waffenstillstand ausruft und angemessene und ununterbrochene humanitäre Hilfe zulässt", wie das türkische Handelsministerium mitteilte. Betroffen sind demnach eine Reihe von Exportgütern wie Zement, Stahl und Eisen.
Frankreich, Jordanien und Ägypten fordern Feuerpause
Die Staatsoberhäupter Frankreichs, Jordaniens und Ägyptens haben in einem gemeinsamen Zeitungsbeitrag zu einer sofortigen Waffenruhe im Gazastreifen aufgerufen. "Der Krieg in Gaza und das katastrophale humanitäre Leid, das er verursacht, müssen jetzt beendet werden", fordern Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, Jordaniens König Abdullah II. und Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi in einem gemeinsamen Beitrag, der unter anderem in der US-Zeitung "Washington Post" erschien.
Israel setzt erstmals C-Dome ein
Die israelische Armee hat eigenen Angaben zufolge erstmals ihr neues Abwehrsystem C-Dome eingesetzt, die Marineversion des Raketenabwehrsystems "Iron Dome". Nach einem Alarm im Bereich Eilat im Süden Israels wegen eines "feindlichen Flugzeugs" hätten die Seestreitkräfte ein "verdächtiges Luftziel" identifiziert, das israelisches Territorium überquert habe, teilte die Armee mit. Das Ziel sei erfolgreich vom Marineverteidigungssystem C-Dome abgefangen worden. Es habe weder Verletzte noch Schäden gegeben.
Auf Anfrage der Nachrichtenagentur AFP gab die israelische Armee nicht an, ob es sich bei dem Luftziel um eine Drohne handelte oder nicht.
USA: Luftabwehr- und Drohnensystem der Huthi-Rebellen zerstört
Das US-Militär hat eigenen Angaben Luftabwehr- und Drohnensystem der Huthi-Rebellen im Gebiet des Roten Meeres zerstört. Es sei niemand verletzt worden, teilte das US-Zentralkommando auf X mit. Schäden an kommerziellen oder US-Schiffen seien nicht gemeldet worden. Angriffe der Huthi hatten die Schifffahrt im Roten Meer zuletzt stark beeinträchtigt. Sie wollen damit laut eigener Angaben ihre Solidarität mit der ebenfalls vom Iran unterstützten Hamas zum Ausdruck bringen.
Bericht über neuen Vorschlag für Waffenruhe
Die USA wollen den indirekten Verhandlungen über eine Waffenruhe laut Medienberichten mit einem neuen Kompromissvorschlag zum Erfolg verhelfen. Wie das "Wall Street Journal" unter Berufung auf arabische Vermittler berichtete, sieht der von CIA-Direktor William Burns in Kairo am Sonntagabend präsentierte Vorschlag vor, dass die islamistische Hamas im Zuge einer sechswöchigen Feuerpause 40 der mehr als 100 im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln im Tausch gegen 900 palästinensische Häftlinge freilässt - darunter 100, die wegen Mordes an Israelis zu lebenslanger Haft verurteilt wurden.
Auch das Nachrichtenportal "Axios" berichtete über Burns' neuen Vorschlag, der laut israelischen Beamten auf Bedingungen aufbaue, die bei früheren Verhandlungen diskutiert worden seien. Der neue Vorschlag verlange Kompromisse von beiden Konfliktparteien.
USA gegen Rafah-Offensive
Die USA haben sich nach der israelischen Bestätigung einer geplanten Offensive in Rafah im Süden des Gazastreifens erneut gegen den Angriff ausgesprochen. Angesichts der 1,5 Millionen Palästinenser, die nach Rafah geflüchtet seien, hätten die USA "Israel gegenüber deutlich gemacht, dass wir glauben, dass eine militärische Großinvasion von Rafah immens schädliche Auswirkungen auf diese Zivilisten haben und letztlich der Sicherheit Israels schaden würde", sagte US-Außenamtssprecher Matthew Miller zu Journalisten.
Türkei: Durften keine Hilfsgüter über Gazastreifen abwerfen
Israel hat nach Angaben aus Ankara eine Teilnahme türkischer Flugzeuge am Abwurf von Hilfsgütern über dem Gazastreifen abgelehnt. Jordanien habe zugestimmt, dass sein Land an einer Operation zum Abwurf von Hilfsgütern aus der Luft teilnimmt, aber Israel habe die Anfrage abgelehnt, sagte der türkische Außenminister Hakan Fidan. "Es gibt keine Entschuldigung für Israel, unseren Versuch zu blockieren, den hungernden Menschen in Gaza Hilfe aus der Luft zukommen zu lassen", sagte er.
Fidan sagte, die Türkei habe angesichts dieser Situation beschlossen, "eine Reihe von neuen Maßnahmen gegen Israel zu ergreifen". Diese Schritte würden so lange umgesetzt, "bis Israel eine Waffenruhe erklärt und Hilfe ohne Störung nach Gaza hineinlässt". Was die Türkei im Einzelnen plant, sagte Fidan nicht.
Der Liveblog vom Montag zum Nachlesen
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