Menschen demostrieren in Tel Aviv
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Nahost-Krieg ++ Tausende demonstrieren in Israel für Geisel-Abkommen ++

Stand: 29.04.2024 23:40 Uhr

Tausende haben in Tel Aviv erneut für eine Verhandlungslösung zur Freilassung der Geiseln demonstriert. Wegen Sicherheitsbedenken pausiert Lufthansa weiterhin ihre Flüge nach Teheran. Alle Entwicklungen im Liveblog zum Nachlesen.

29.04.2024 • 23:40 Uhr

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ARD-Korrespondent Christian Limpert in Tel Aviv berichtet über den aktuellen Stand der Dinge.

"Druck international auf beide Seiten groß", Christian Limpert, ARD Tel Aviv, zu Verhandlungen zwischen Israel und Hamas

tagesthemen, 29.04.2024 22:25 Uhr

Die Zahl der Hilfstransporte in den Gazastreifen hat nach Angaben der Vereinten Nationen zugenommen. UN-Sprecher Stephane Dujarric sagte, am Freitag hätten 206 Lastwagen mit Hilfslieferungen das Küstengebiet erreicht, am Samstag seien es 262 gewesen.

Dujarric wiederholte jedoch den Standpunkt des Chefs des UN-Hilfswerks für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA), Philippe Lazzarini, dass das Zählen der Lastwagen "nicht das beste Maß" sei, um zu beurteilen, ob Lieferungen auch bei der notleidenden Bevölkerung ankämen. Das liege daran, dass "die Herausforderungen, mit denen wir konfrontiert sind, nachdem Lastwagen in den Gazastreifen eingefahren sind, bestehen bleiben".

Mehrere Tausend Menschen haben am Montagabend in Tel Aviv für eine Verhandlungslösung zur Freilassung der israelischen Geiseln in der Gewalt der Terrororganisation Hamas demonstriert. "Rafah kann warten - sie nicht", stand israelischen Medienberichten zufolge auf einem Banner der Kundgebung.

Auch Angehörige von Geiseln sprachen auf der Demonstration und appellierten an die israelische Regierung, eine Waffenruhe zu erreichen und die Geiseln zurückzubringen. "Wir sind Eltern, die ihre Kinder zurück zu Hause haben wollen", sagte der Vater eines verschleppten Soldaten. Wenn Ministerpräsident Benjamin Netanyahu die Geiseln nicht zurückbringe, habe er ihr Blut an den Händen. 

An der Columbia University in New York sind die Verhandlungen zwischen der Hochschulleitung und pro-palästinensischen Demonstranten geplatzt. Leider sei es nicht möglich gewesen, "eine Einigung zu erreichen", teilte die Präsidentin der Eliteuniversität, Minouche Shafik, mit.

Sie appellierte an die Demonstranten, ihr Protestcamp auf dem Campus freiwillig zu räumen. Den Protestierenden war eine Frist bis heute 14 Uhr (Ortszeit, 20 Uhr MESZ) gesetzt, das Lager zu räumen, ansonsten drohten ihnen disziplinarische Maßnahmen. Es würden auch "alternative interne Optionen geprüft, um diese Krise so bald wie möglich zu beenden", fügte Shafik hinzu, ohne dies konkreter zu benennen. 

Die Lufthansa wird die Streichung von Flügen in die iranische Hauptstadt Teheran aufgrund von Sicherheitsbedenken bis zum 9. Mai verlängern. Das bestätigte die deutsche Fluggesellschaft gegenüber tagesschau.de.

US-Außenminister Antony Blinken hat sich "hoffnungsvoll" gezeigt, dass die islamistische Terrororganisation Hamas einem Vorschlag über eine Waffenruhe im Gazastreifen und die Freilassung von Geiseln zustimmen wird. "Der Hamas liegt ein Vorschlag vor, der von israelischer Seite außerordentlich großzügig ist", sagte Blinken beim Sondertreffen des Weltwirtschaftsforums (WEF) in Saudi-Arabiens Hauptstadt Riad. "Sie müssen sich entscheiden - und sie müssen sich schnell entscheiden", mahnte der Außenminister.

Blinken rief die Golfstaaten in Riad außerdem zu einer engeren Verflechtung ihrer Verteidigung als Antwort auf den iranischen Angriff auf Israel auf. "Dieser Angriff verdeutlicht die akute und wachsende Bedrohung durch den Iran, aber auch die Notwendigkeit, dass wir bei der integrierten Verteidigung zusammenarbeiten", sagte Blinken bei einem Ministertreffen des Golf-Kooperationsrates.

Die USA würden in den kommenden Wochen Gespräche mit den sechs Staaten über die Integration von Luft- und Raketenabwehr und die Verbesserung der maritimen Sicherheit führen, fuhr Blinken fort. Die USA unterhalten bereits enge Beziehungen zu den Golfstaaten - untereinander aber haben die Länder Höhen und Tiefen in ihren Beziehungen erlebt.

Im Roten Meer ist erneut ein Containerschiff beschossen worden. Der Frachter unter maltesischer Flagge sei auf dem Weg von Dschibuti nach Dschidda gewesen und mit drei Raketen angegriffen worden, teilte die private Sicherheitsfirma Ambrey mit. Der Schiffsbetreiber tätige Handelsgeschäfte mit Israel. Die Seehandelsaufsicht der britischen Marine bestätigte einen Angriff vor der jemenitischen Stadt Mokka. Sie mahnte Schiffe in der Gegend zur Vorsicht.

US-Außenminister Antony Blinken hat Israel aufgefordert, mehr Hilfslieferungen für den Gazastreifen zu ermöglichen. Der beste Weg zur Linderung des Leidens sei zwar eine Vereinbarung über eine Waffenruhe, die die Freilassung der Geiseln der Hamas ermögliche, sagte Blinken vor den Außenministern des Golfkooperationsrates in Riad. Bis dahin sei es aber entscheidend, die Lage der Menschen zu verbessern.

Blinken lobte die Öffnung neuer Grenzübergänge, die Zunahme der Hilfslieferungen nach Gaza und innerhalb des Gazastreifens sowie die Errichtung eines Seekorridors. Das sei aber "noch nicht ausreichend". Zudem müsse für mehr Effizienz und Sicherheit bei der Verteilung der Hilfsgüter gesorgt werden.

Treffen westlicher und arabischer Außenminister in Riad

Simon Riesche, ARD Kairo, tagesschau, 29.04.2024 16:00 Uhr

Ägyptens Ministerpräsident Mustafa Madbuli hat den Krieg im Gazastreifen als "kollektive Bestrafung" für alle dort lebenden Palästinenser bezeichnet. Nicht die islamistische Hamas würde für den Terrorangriff auf Israel vom 7. Oktober bestraft, sagte Madbuli bei einer Konferenz des Weltwirtschaftsforums (WEF) in Riad. Stattdessen müssten nun "alle Palästinenser im Gazastreifen" dafür bezahlen. Die Reaktion Israels auf die Massaker vom 7. Oktober sei "unglaublich". Mehr als 80 Prozent der Gesundheitseinrichtungen in Gaza seien zerstört, so Madbuli. Selbst bei einer Waffenruhe im Krieg würde es Jahrzehnte dauern, um das Gebiet in den Zustand von vor dem 7. Oktober zu versetzen.

Bei israelischen Angriffen in der Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens sind nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde am Morgen erneut Palästinenser getötet worden. Es handele sich um sieben Mitglieder einer Familie.

Bereits in der Nacht sollen mindestens 20 Menschen in Wohnhäusern in der Stadt an der Grenze zu Ägypten bei verschiedenen Angriffen ums Leben gekommen sein.

Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen. Ein israelischer Armeesprecher sagte, ohne genaue Koordinaten der Vorfälle könne er sich nicht dazu äußern. Israel hat eine Offensive in der Stadt Rafah angekündigt, um dort die verbliebenen Bataillone der islamistischen Terrororganisation Hamas zu zerschlagen.

Die Hamas hat nach eigener Darstellung vom Südlibanon aus einen israelischen Armeeposten angegriffen. Der militärische Flügel der islamistischen Terrororganisation, die Kassam-Brigaden, teilte mit, der Beschuss des Armeekommandos in Nordisrael am Morgen sei eine Vergeltung für im Gazastreifen begangene Massaker.

In den erneuten Verhandlungen über eine mögliche Feuerpause im Nahost-Krieg und die Freilassung weiterer Geiseln ist eine Delegation der islamistischen Terrororganisation Hamas offenbar in Kairo eingetroffen. Das erfuhr die Nachrichtenagentur dpa aus Kreisen des Flughafens.

Die drei Hamas-Vertreter seien aus Katar angereist, um über den jüngsten Vorschlag für eine Waffenruhe und einen Austausch von Geiseln gegen palästinensische Gefangene in israelischen Gefängnissen zu verhandeln.

Die israelische Nachrichtenseite ynet berichtete derweil, der jüngste Vorschlag sehe die Freilassung von 33 Geiseln im Gegenzug für mehrere Hundert palästinensische Häftlinge vor. Unter Berufung auf einen ranghohen israelischen Regierungsvertreter berichtete ynet, die Länge der Feuerpause hänge von der Zahl der freigelassenen Geiseln ab. Die Hamas fordere die Freilassung von 50 Häftlingen für jeden Soldaten und 30 Häftlinge für jeden Zivilisten.

Die Zahl der bei den jüngsten israelischen Luftangriffen auf die Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens getöteten Menschen soll sich laut Angaben der Terrororganisation Hamas auf 22 erhöht haben. Die Angriffe sollen nach palästinensischen Angaben drei Wohnhäuser getroffen haben.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Die Gespräche über einen Waffenstillstand im Gazastreifen machten Fortschritte, sagte der französische Außenminister Stéphane Séjourné gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Heute soll Séjourné in der saudi-arabischen Hauptstadt Riad mit anderen Ministern arabischer und westlicher Länder sowie dem Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmoud Abbas, zusammentreffen.

"Die Dinge kommen voran, aber man muss bei diesen Gesprächen und Verhandlungen immer vorsichtig sein", sagte der Minister. "Die Lage im Gazastreifen ist katastrophal, und wir brauchen einen Waffenstillstand."

Unmittelbar vor der Ankunft einer Delegation der Hamas in Ägypten hat sich ein ranghoher Vertreter der islamistischen Terrororganisation zu dem jüngsten Vorschlag Israels für ein Abkommen geäußert. Es seien "keine größeren Probleme" bezüglich des Textes festgestellt worden, sagte er der Nachrichtenagentur AFP.

Die Hamas will heute bei einem Treffen mit Mitarbeitern des ägyptischen Geheimdienstes ihre Antwort auf den Vorschlag für eine Waffenruhe im Gazastreifen und die Freilassung von Geiseln übermitteln.

"Die Atmosphäre ist positiv, es sei denn, es gibt neue israelische Hindernisse", sagte der Hamas-Vertreter weiter. Die in Ägypten erwartete Delegation wird demnach von der Nummer zwei des politischen Arms der Hamas im Gazastreifen, Chalil al-Hayya, angeführt.

Das US-Militär hat eigenen Angaben zufolge fünf Drohnen über dem Roten Meer abgefangen. Diese hätten "eine unmittelbare Bedrohung für US-, Koalitions- und Handelsschiffe in der Region dargestellt", teilt das US-Regionalkommando für den Nahen Osten mit.

Eine Delegation der Terrororganisation Hamas wird heute in Kairo erwartet um über einen neuen Vorschlag für eine Feuerpause zu beraten. Er sieht nach Medienberichten eine Waffenruhe durch die israelische Armee vor. Im Gegenzug soll eine unbekannte Anzahl an Geiseln freikommen und eine große Zahl an palästinensischen Häftlingen aus israelischen Gefängnissen entlassen werden.

Christian Limpert, ARD Tel Aviv, zu Verhandlungen über möglichen Waffenstillstand und Geiselfreilassung in Gaza

tagesthemen, 28.04.2024 22:45 Uhr

Bei israelischen Luftangriffen auf drei Häuser in Rafah sind nach Angaben von Ärzten und Sanitätern 13 Menschen getötet und zahlreiche weitere verletzt worden. Hamas-Medien berichten von 15 Toten.

US-Präsident Biden hat im Gespräch mit Israels Premier Netanyahu "seine klare Position" zu einer möglichen Rafah-Offensive bekräftigt. Sollte die nicht kommen, droht Israels Finanzminister mit einem Regierungsende.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 29. April 2024 um 07:00 Uhr.