Menschen demonstrieren in Tel Aviv für ein neues Geisel-Abkommen.
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Nahost-Krieg ++ Tausende demonstrieren gegen Netanyahu ++

Stand: 30.03.2024 23:55 Uhr

Erneut haben Tausende Israelis gegen Premierminister Netanyahu und für ein neues Geisel-Abkommen demonstriert. Bei Schüssen während einer Hilfsgüter-Verteilung sollen mindestens fünf Menschen getötet worden sein. Der Liveblog vom Samstag zum Nachlesen.

30.03.2024 • 23:55 Uhr

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Bei den Demonstrationen gegen die Regierung von Premierminister Benjamin Netanyahu und für die Freilassung von Hamas-Geiseln ist es laut Polizeiangaben in Tel Aviv und Jerusalem zu Ausschreitungen gekommen. Laut Medienberichten wurden in Tel Aviv 16 Menschen festgenommen. In Jerusalem durchbrachen Hunderte Teilnehmer eines Protests den Angaben zufolge eine Sperre nahe dem Amtssitz Netanyahus. 

Die Proteste sollen weitergehen. Von Sonntag an planen Regierungsgegner Großkundgebungen in Jerusalem, die mehrere Tage lang andauern sollen. Auch dort soll ein Rücktritt der Regierung gefordert werden. 

Tausende Israelis haben gegen die Regierung des rechtskonservativen Premierminister Benjamin Netanyahu demonstriert. In Tel Aviv forderten Demonstrantinnen und Demonstranten Medienberichten zufolge eine vorgezogene Neuwahl sowie die Freilassung der Geiseln in der Gewalt der militant-islamistischen Hamas. Auch in anderen Städten, darunter Jerusalem und Haifa, kam es zu Protesten.

Eine ehemalige Geisel sagte bei der Demonstration in Tel Aviv an Netanyahu gerichtet: "Bring sie nach Hause!" Der Regierungschef müsse dem israelischen Verhandlungsteam bei den Gesprächen über ein Abkommen zur Freilassung der Geiseln im Gegenzug für eine Feuerpause im Gaza-Krieg und eine Entlassung palästinensischer Häftlinge ein "breites Mandat" geben, forderte die Frau, deren Ehemann noch im Gazastreifen festgehalten wird. "Kommt nicht ohne einen Deal heim, bringt unsere Liebsten zurück."

Ein ehemaliger Chef des Militärgeheimdienstes, Amos Malka, forderte Netanyahu nach Angaben der Nachrichtenseite ynet zum Rücktritt auf. "Die Regierung opfert die Geiseln, isoliert Israel und stärkt die Hamas", sagte er demnach bei einer Demonstration in Caesarea.

Die indirekten Verhandlungen zwischen Israel und der militant-islamistischen Hamas über eine Feuerpause im Gaza-Krieg sowie eine Freilassung weiterer Geiseln sollen offenbar morgen in Kairo weitergehen. Der staatsnahe ägyptische Sender Al-Kahira News berichtete dies unter Berufung auf einen ägyptischen Sicherheitsrepräsentanten. 

Seit Wochen vermitteln die USA, Katar und Ägypten zwischen Israel und der islamistischen Hamas, um eine Feuerpause und einen Austausch aus Israel verschleppter Geiseln gegen palästinensische Häftlinge zu erreichen. Direkt verhandeln Israel und die Hamas nicht. Die israelische Delegation war vor wenigen Tagen Medienberichten zufolge bis auf ein kleines Team aus Katar zurückbeordert worden. Grund war demnach, dass die Hamas einen Kompromissvorschlag der USA zurückgewiesen hatte. Die Terrororganisation besteht auf einem umfassenden Waffenstillstand, einschließlich eines vollständigen israelischen Abzugs aus Gaza. Israel lehnt das ab. Israels Ziel ist es, die Hamas zu zerschlagen. 

Nach Gesprächen in der ägyptischen Hauptstadt Kairo haben die Außenminister Ägyptens, Jordaniens und Frankreichs erneut eine Waffenruhe im Gaza-Krieg gefordert. "Der Gazastreifen kann kein weiteres humanitäres Leid ertragen", sagte der ägyptische Außenminister Samih Schukri bei einer gemeinsamen Pressekonferenz.

Man habe sich über die Notwendigkeit eines sofortigen Waffenstillstands, humanitäre Hilfe für die Menschen in dem umkämpften Küstengebiet und über die Freilassung der im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln und palästinensischer Gefangener in israelischen Gefängnissen ausgetauscht. Die Außenminister warnten demnach erneut vor der geplanten israelischen Bodenoffensive in der Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens gewarnt.

Der jordanische Chefdiplomat Aiman Safadi warnte außerdem vor einer sich zuspitzenden Lage im Westjordanland und kritisierte die "systematische israelische Politik, die Siedlungen ausweitet und noch mehr palästinensisches Land beschlagnahmt". Auf diese Weise werde jede Aussicht auf eine Zweistaatenlösung zunichtegemacht. "Was die Region braucht, ist ein Ende des Tötens und Hungerns."

Israelische Soldaten haben an einem Strand des Gazastreifens zwei Palästinenser erschossen und einen dritten verletzt. Das Militär räumte den Vorfall heute ein. Der arabische Sender Al-Dschasira hatte zuvor in dieser Woche ein Video veröffentlicht, in dem zu sehen war, wie ein Mann zu Boden fiel, der in offenem Gelände unterwegs war. Zudem ist in der Aufnahme zu sehen, wie ein Bulldozer zwei Leichen über den von Müll übersäten Sand schiebt. Das israelische Militär erklärte, die Soldaten hätten auf den Mann gefeuert, nachdem dieser Warnschüsse ignoriert habe.

Al-Dschasira berichtete, mindestens zwei der drei Männer, die in den unscharfen Videos auftauchen, hätten weiße Fahnen geschwenkt, bevor auf sie geschossen worden sei. Die Herkunft der Aufnahmen und das Datum des Vorfalls sind unbekannt. Während des Gaza-Kriegs sind bereits mehrfach ähnliche Aufnahmen im Umlauf gewesen, die zeigten, wie in dem Küstengebiet auf Palästinenser gefeuert wurde, die offenbar keine Gefahr für israelische Soldaten darstellten.

Die israelische Armee erklärte weiter, dass das Video bearbeitet worden sei und zwei verschiedene Vorfälle an unterschiedlichen Orten zeige. Al-Dschasira berichtete, die Schüsse auf die Männer seien in zwei Fällen in direkter Nähe an einem Strand im Südwesten des Gazastreifens abgegeben worden. Unabhängig überprüfen lassen sich die Angaben des Senders Al-Dschasira und der israelischen Armee derzeit nicht.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Ein Frachter und zwei kleinere Schiffe mit etwa 875 Tonnen Hilfsgütern für die notleidende Bevölkerung im Gazastreifen sind aus dem zyprischen Hafen Larnaka ausgelaufen. Dies berichteten der zyprische Rundfunk und das Nachrichtenportal Cyprus Times. Vor dem Start des Frachters "Jennifer" und der Schlepper "Open Arms" und "Ledra Dynamic" überprüften israelische Inspekteure die Ladung, wie der zyprische Regierungssprecher Giannis Antoniou sagte. 

Einer der zwei Schlepper, die das Frachtschiff begleiten, zieht eine Plattform mit Hilfsgütern hinter sich her. Alle drei Schiffe fahren deswegen sehr langsam. Mit dieser Plattform soll die Hilfslieferung an die Küste des Gazastreifens geschafft werden, wo seit Oktober ein israelischer Militäreinsatz gegen die islamistische Hamas läuft. Der Gazastreifen verfügt über keinen Hafen, in dem größere Schiffe einlaufen können, und die Küstengewässer sind seicht.  Es ist die zweite Hilfslieferung auf dem Seeweg von Zypern aus.

Eine zweite Schiffslieferung mit fast 400 Tonnen Hilfsgütern für die Bevölkerung im Gazastreifen hat laut der Nachrichtenagentur Reuters Zypern verlassen. Zu einem Frachtschiff, das bereits beladen außerhalb des Hafens von Larnaka vor Anker lag, kam eine von einem Schlepper gezogene Plattform hinzu, sagte ein Augenzeuge demnach. Mitte des Monats war ein erstes Schiff von Zypern ausgelaufen. Über die Seeroute könnten längerfristig Hilfsgüter an die vom Hunger bedrohten Menschen im Gazastreifen geliefert werden.

Bei Schüssen und einer Massenpanik während der Ausgabe von Hilfslieferungen im Gazastreifen sind nach Angaben des Palästinensischen Roten Kreuzes mindestens fünf Menschen getötet und 30 weitere verletzt worden. Wie die Organisation mitteilte, hatten sich angesichts der Ankunft von rund 15 Lastwagen Tausende Menschen am frühen Morgen an einem Kreisverkehr in der Stadt Gaza versammelt. Drei der fünf Getöteten seien erschossen worden.

Den Berichten zufolge wurden Menschen bei dem Versuch, an Lebensmittel zu gelangen, von Lastwagen überfahren. Das israelische Militär äußerte sich auf Anfrage bislang nicht zu dem Vorfall.

Im Gazastreifen sind nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde seit Kriegsbeginn 32.705 Menschen durch israelische Angriffe getötet worden. Etwa 75.200 Menschen wurden demnach verletzt.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Einen Tag nach schweren Luftangriffen im Nordwesten Syriens ist die Zahl der Todesopfer nach Angaben von Aktivisten auf 52 gestiegen. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in Großbritannien berichtete, ein Großteil seien syrische Militärangehörige. Auch sieben Mitglieder der libanesischen Hisbollah-Miliz seien unter den Opfern. Unabhängig überprüfen lassen sich die Angaben der Aktivisten derzeit nicht.

Die mutmaßlich israelischen Angriffe in Aleppo erfolgten am Freitagmorgen. Sie zielten nach Angaben der Aktivisten unter anderem auf ein Raketendepot der proiranischen Hisbollah nahe dem Flughafen. Israels Armee hatte auf Anfrage mitgeteilt, man wolle die Berichte nicht kommentieren.

Vier UN-Beobachter sind im Libanon durch eine Granatenexplosion verletzt worden. Dies sei während einer Fußpatrouille im Südlibanon passiert, so die UNIFIL-Mission. Derzeit werde untersucht, wer das Geschoss abgefeuert habe. Der Beschuss von Blauhelm-Kräften sei "inakzeptabel".

Im Süden des Libanon ist nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters ein Fahrzeug mit UNIFIL-Mitarbeitern getroffen worden - es soll mehrere Verletzte geben.

Reuters schreibt unter Berufung auf zwei Quellen in den Sicherheitsorganen, dass die israelische Armee verantwortlich sei. Diese hat dies bei Twitter dementiert.

Die USA begrüßen die Nominierung eines neuen Kabinetts der Palästinensischen Autonomiebehörde, teilt das Außenministerium in Washington mit. "Eine neu belebte Palästinensische Autonomiebehörde ist unerlässlich, um Ergebnisse für die palästinensische Bevölkerung im Westjordanland und im Gazastreifen zu erzielen und die Voraussetzungen für Stabilität in der Region zu schaffen", so ein Außenamtssprecher.

Vertreter Israels und der USA werden einem Medienbericht zufolge möglicherweise am Montag in Washington zu Gesprächen über Israels geplante Bodenoffensive gegen die Stadt Rafah im Gazastreifen zusammenkommen. Eigentlich sollte eine israelische Delegation schon in dieser Woche anreisen, um die Bedenken der USA anzuhören und Alternativen aufgezeigt zu bekommen. Doch Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu sagte die Reise ab, nachdem der UN-Sicherheitsrat ohne Widerstand der USA eine Resolution mit der Forderung nach einer sofortigen Waffenruhe verabschiedet hatte.

Die Israelis hätten vorgeschlagen, die Gespräche auf Montag zu verschieben, zitierte der US-Sender CNN US-Beamte. Die Terminplanung werde allerdings dadurch erschwert, dass Israels Regierung bis zum Sonntag ein neues Gesetz zur Frage der Wehrpflicht für ultraorthodoxe jüdische Männer ausarbeiten muss. Von der Wehrpflicht sind diese seit Langem befreit.

30.03.2024 • 00:06 Uhr

USA liefern Israel weitere Waffen

Die USA haben trotz Kritik an Israels Kriegsführung Insidern zufolge in den vergangenen Tagen weitere milliardenschwere Rüstungslieferungen an das Partnerland beschlossen. Das Paket umfasse Kampfflugzeuge und mehr als 2.300 Bomben, sagten zwei mit der Entscheidung vertraute Personen. Zuvor hatte die Washington Post darüber berichtet. Das US-Präsidialamt lehnte eine Stellungnahme ab.

30.03.2024 • 00:01 Uhr

Der Liveblog vom Freitag

Israels Premier Netanyahu entsendet eine Delegation zu neuen Verhandlungen über eine Waffenruhe und die Freilassung von Geiseln. Das israelische Militär hat nach eigenen Angaben einen Hisbollah-Kommandeur getötet. Die Entwicklungen vom Freitag zum Nachlesen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete NDR Info am 30. März 2024 um 04:20 Uhr.