Geflüchtete aus der Ukraine stehen vor den Gebäuden einer Flüchtlingsunterkunft in Köln.
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Krieg gegen die Ukraine ++ Zahl ukrainischer Geflüchteter steigt weiter ++

Stand: 10.11.2023 22:14 Uhr

Die Zahl der ukrainischen Flüchtlinge in der EU ist weiter leicht gestiegen. Die Ukraine hat nach eigenen Angaben auf der Krim zwei russische Schiffe mit Panzern an Bord beschädigt. Der Liveblog vom Freitag zum Nachlesen.

10.11.2023 • 22:14 Uhr

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Litauen hat der Ukraine weitere Militärhilfe für den Abwehrkampf gegen Russland geleistet. Das baltische EU- und NATO-Land habe Abschussgeräte und weitere Ausrüstung für das Luftabwehrsystem vom Typ Nasams an Kiew übergeben, teilte das Verteidigungsministerium in Vilnius mit. Zudem seien Anti-Drohnen-Systeme und Generatoren geliefert worden. "Wir hören die Bedürfnisse der Ukraine und rufen unsere Verbündeten dazu auf, sie auch zu hören", wurde Verteidigungsminister Arvydas Anusauskas in einer Mitteilung zitiert. Anusauskas war heute unangekündigt in die Ukraine gereist und traf in Kiew mit Präsident Wolodymyr Selenskyj und seinem Amtskollegen Rustem Umjerow zusammen. "Wir haben über entscheidende Unterstützung für die Ukraine gesprochen", schrieb er auf X (vormals Twitter). Selenskyj dankte auf der Plattform für den Beistand des baltischen EU- und NATO-Landes: "Ich schätze Litauens militärische, politische und absolut echte Unterstützung der Bevölkerung für die Ukraine und die Ukrainer."

NATO-Partner Kanada hat 15 Panzer vom Typ "Leopard 2" in Lettland stationiert. "Dies ist ein wichtiger Schritt zur Stärkung der Abschreckungs- und Kampffähigkeiten der NATO in der Region", schrieb der lettische Verteidigungsminister Andris Spruds auf der Online-Plattform X (vormals Twitter). Damit rücke der Ausbau der bisherigen Truppenpräsenz auf Brigade-Niveau näher. Der kanadische Botschafter in Lettland, Brian Szwarc, bestätigte auf X das Eintreffen der Panzer in dem an Russland und Belarus grenzenden EU-Land im Nordosten Europas.

Kanada führt in Lettland seit 2017 als sogenannte Rahmennation einen etwa 1.700 Mann starken multinationalen NATO-Gefechtsverband - es ist die größte Auslandsmission des nordamerikanischen Landes. Nach Russlands Angriff auf die Ukraine hatte Kanada zugesagt, seine Präsenz an der NATO-Ostflanke zu verstärken und mehr Truppen samt Ausrüstung nach Lettland entsenden. Dazu hatten die damaligen Verteidigungsministerinnen der beiden NATO-Länder im Juli eine Vereinbarung unterzeichnet - einen Fahrplan zur Aufstellung einer NATO-Brigade.

Der Kreml hat die viel kritisierte Praxis verteidigt, verurteilte russische Straftäter für den Kriegsdienst aus der Haft zu entlassen. Neben dem klassischen Begnadigungsverfahren, bei dem der Antrag eines Häftlings von mehreren Instanzen gebilligt werden muss, gebe es noch ein zweites, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow laut Agentur Interfax: "Der zweite Weg ist, dass sie ihre Schuld mit Blut begleichen. Die Verurteilten, unter ihnen auch Schwerverbrecher, büßen für ihr Verbrechen mit Blut auf dem Schlachtfeld."

Hintergrund ist die kürzlich bekanntgewordene Begnadigung eines verurteilten Mörders durch Präsident Wladimir Putin. Der Mann aus der sibirischen Stadt Kemerowo, der für die Tötung seiner Ex-Freundin im Jahr 2020 eigentlich zu 17 Jahren Straflager verurteilt worden war, wurde Berichten zufolge frühzeitig aus der Haft entlassen, weil er sich zum Kämpfen in der Ukraine bereit erklärte. Der Fall sorgte in russischen Medien und sozialen Netzwerken für heftige Diskussionen und Empörung.

Das ukrainische Militär hat auf der von Russland annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim nach eigenen Angaben zwei Landungsschiffe mit Seedrohnen angegriffen und beschädigt. Der ukrainische Generalstab veröffentlichte Videoaufnahmen, die den neuen Angriff an der Westküste zeigen sollen. Außerdem soll in einer Siedlung in der Nähe eine Unterkunft russischer Soldaten von einer ukrainischen Rakete getroffen worden sein. Ukrainischen Angaben zufolge sollen die beiden getroffenen Landungsschiffe der Serna-Klasse unter anderem Panzerfahrzeuge geladen haben.

Die Zeitung "Ukrajinska prawda" schrieb am Nachmittag unter Berufung auf Quellen beim ukrainischen Geheimdienst, dass die Schiffe nicht mehr zu reparieren seien. Der pro-ukrainische Telegram-Kanal "Krymskyj weter" ("Der Wind der Krim") berichtete unter Berufung auf Einwohner über den Raketeneinschlag in der russischen Kaserne am frühen Morgen. Unabhängig überprüfen ließen sich die Angaben nicht. Das russische Verteidigungsministerium berichtete seinerseits am Morgen über den angeblichen Abschuss von zwei Drohnen über der Krim. Die See-Angriffe auf die Schiffe und den mutmaßlichen Einschlag in der Kaserne kommentierten die Moskauer Behörden dagegen nicht.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Russland hat nach eigenen Angaben die Ukraine an der Errichtung eines Brückenkopfes auf der östlichen Seite des Flusses Dnipro gehindert. Demnach griffen russische Soldaten am Donnerstag Einheiten der ukrainischen 36. Marineinfanterie-Brigade an, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit. Die meisten der ukrainischen Soldaten seien getötet und elf von ihnen gefangengenommen worden. Es habe in den vergangenen Tagen wiederholte ukrainische Versuche zur Errichtung eines Brückenkopfes auf dem östlichen Ufer und auf Inseln gegeben. Eine ukrainische Stellungnahme liegt nicht vor.

In Russland ist eine junge Frau wegen eines versuchten Brandanschlags auf ein Hilfsdepot für in der Ukraine kämpfende Soldaten zu sechs Jahren Haft in einem Straflager verurteilt worden. Die 20-Jährige sei des "Terrorismus" für schuldig befunden worden, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Ria Nowosti unter Berufung auf den Geheimdienst FSB. Die Verurteilte habe auf Weisung aus Kiew gehandelt. Unterstützer der Frau gaben dagegen an, diese sei vom FSB hereingelegt worden.

Valeria Sotowa war laut Ria Nowosti im Februar in der Region Jaroslawl nordöstlich von Moskau festgenommen worden. Sie sei gerade dabei gewesen, an einer Sammelstelle für Kleidung und Lebensmittel für in der Ukraine kämpfende Soldaten "Feuer zu legen". Dem Bericht zufolge soll die 20-Jährige auf Anweisung eines ukrainischen Militärangehörigen gehandelt haben, um die Behörden in Russland zu "destabilisieren" und so ein "Ende des militärischen Spezialeinsatzes" in der Ukraine herbeizuführen. 

Die Organisation Zona Solidarnosti, die sich für wegen ihrer Haltung zur russischen Offensive in der Ukraine Inhaftierte einsetzt, erklärte dagegen, Sotowa sei von Geheimdienstagenten zu dem versuchten Brandanschlag gedrängt worden. Die Frau sei wegen ihrer "Anti-Kriegs-Positionen" ins Visier des FSB geraten.

Die Zahl ukrainischer Kriegsflüchtlinge in der EU ist den sechsten Monat in Folge leicht gestiegen. Wie das europäische Statistikamt Eurostat mitteilte, hielten sich Ende September knapp 4,2 Millionen Personen mit zeitweiligem Schutzstatus in der EU auf, gut 30.000 mehr als im Vormonat. Die größte Gruppe beherbergte Deutschland mit 1.194.900 Geflüchteten, rund 19.200 mehr als Ende August. Im Verhältnis zur eigenen Bevölkerung nahm Tschechien die meisten Vertriebenen auf: Dort sind es 33,1 Personen pro 1.000 Bürger; im EU-Schnitt liegt die Quote bei 9,3.

Das ukrainische Militär hat auf der Krim nach eigenen Angaben zwei Landungsschiffe mit Seedrohnen angegriffen und beschädigt. Die Schiffe sollen unter anderem Panzerfahrzeuge geladen haben. Zudem soll in einer Siedlung in der Nähe eine Unterkunft russischer Soldaten von einer Rakete getroffen worden sein.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Mit Blick auf die anstehenden Entscheidungen der Regierungen der EU-Mitgliedsstaaten über die Aufnahme von Beitrittsgesprächen mit der Ukraine hat Deutschland die dortigen Reformen gelobt. Es sei "beeindruckend", dass die Ukraine "mit großem Engagement und Entschlossenheit" Reformen umsetze, sagt eine Regierungssprecherin. "Wir werden das bei der Prüfung berücksichtigen."

Nach dem Angriff auf ein Frachtschiff steigen die Kosten für die Verschiffung von Getreide aus der Ukraine. Das teilt der Rohstoffhändler Spike Brokers auf Telegram mit. "Nach dem Einschlag einer russischen Rakete auf ein Frachtschiff (...) sind die Seefrachtraten um 20 Dollar pro Tonne gestiegen und die Zahl der Reeder, die bereit sind, ukrainische Häfen anzulaufen, ist gesunken", heißt es in dem Post.

Spike Brokers veröffentlicht regelmäßig ukrainische Exportstatistiken. Nach ukrainischen Angaben wurde Mittwoch ein unter liberianischer Flagge fahrender Frachter beim Einlaufen in einen Schwarzmeerhafen in der Region Odessa von einer russischen Rakete beschädigt. Das Schiff sollte Eisenerz nach China transportieren.

Bundeskanzler Olaf Scholz sieht keine Anzeichen dafür, dass Russland seinen Angriffskrieg auf die Ukraine beendet und Truppen zurückzieht. "Wir müssen uns darauf einstellen, dass der Krieg sehr lange dauern kann", sagte er auf einer Bundeswehr-Tagung in Berlin. Scholz erinnert aber daran, dass der Krieg schon sehr viel länger dauere, als sich dies der russische Präsident Wladimir Putin vorgestellt habe. Deshalb sei er nicht pessimistisch. Wichtig sei, eine Durchhaltefähigkeit zu entwickeln und die eigene Infrastruktur gegen Angriffe zu schützen.

Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban hat sich gegen die Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine ausgesprochen. Dies sei die klare Haltung Ungarns in dieser Frage, sagte Orban im staatlichen Rundfunk. Die 27 EU-Staats- und Regierungschefs der EU-Länder wollen Mitte Dezember darüber entscheiden, ob sie der Empfehlung der EU-Kommission folgen, die Ukraine zur Aufnahme von Beitrittsgesprächen einzuladen, sobald das von Russland angegriffene Land die endgültigen Bedingungen erfüllt hat. Für eine solche Entscheidung ist die Einstimmigkeit der 27 EU-Mitglieder nötig.

10.11.2023 • 07:35 Uhr

Putin trifft Schoigu und Gerassimow

Der russische Präsident Wladimir Putin hat mit seinen militärischen Spitzenvertretern über die Lage im Krieg in der Ukraine beraten. Fotos, die vom Kreml veröffentlicht wurden, zeigen Putin bei einem Treffen mit Verteidigungsminister Sergej Schoigu, Generalstabschef Waleri Gerassimow und General Sergei Rudskoy im Hauptquartier der Armeegruppe Süden in Rostow. "Dem Oberbefehlshaber wurden neue Modelle der militärischen Ausrüstung gezeigt", teilte der Kreml mit.

Wladimir Putin (Mitte) spricht mit Sergej Schoigu (links) und Waleri Gerassimow (rechts von Putin) und einem weiteren hochrangigen Offizier im Hauptquartier des russischen Militärbezirks Süd in Rostow am Don.

Sergej Schoigu (links) und Waleri Gerassimow (rechts von Putin) sowie ein weiterer hochrangiger Offizier berichten Präsident Wladimir Putin (Mitte) vom "Fortschritt der militärischen Sonderoperation" - wie Russland den Krieg in der Ukraine bezeichnet.

Die russische Flugabwehr hat am frühen Morgen offenbar zwei Drohnen über der Krim und eine über der Region Tula südlich von Moskau abgeschossen. Dies berichtete die russische Nachrichtenagentur RIA unter Berufung auf das russische Verteidigungsministerium. Demnach soll es sich um ukrainische Drohnen gehandelt haben. Die Angaben lassen sich derzeit nicht unabhängig überprüfen.

Die EU hat den russischen Angriff auf ein Frachtschiff im Schwarzen Meer verurteilt. Ein Sprecher des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell bezeichnete ihn als "weitere Eskalation" und Beweis dafür, dass Russland auch den zivilen Seeverkehr terrorisiere. "Indem Russland Häfen und Exportanlagen ins Visier nimmt, verschärft es absichtlich die globale Ernährungskrise", sagte er.

Russland hatte bei einem Raketenangriff am Mittwoch in der südukrainischen Region Odessa erstmals ein ziviles Frachtschiff getroffen. Dabei wurde örtlichen Militärangaben zufolge ein ukrainischer Lotse an Bord getötet. Das mit Eisenerz beladene Schiff unter der Flagge Liberias lief demnach gerade in den Hafen ein, nachdem es den Seekorridor passiert hatte, den die Ukraine vor einigen Monaten für zivile Frachter eingerichtet hatte. Schiffe befahren diesen Korridor allerdings auf eigenes Risiko, da Russland im vergangenen Sommer unter großem internationalem Protest ein gemeinsames Exportabkommen aufgekündigt und den Seeweg unter anderem nach Odessa für unsicher erklärt hat.

Karte Ukraine, schraffiert: von Russland besetzte Gebiete

Lage in der Ukraine am 10.11.2023, die von Russland besetzten Gebiete sind schraffiert.

Der Leiter der Militärverwaltung der umkämpften ostukrainischen Stadt Awdijiwka, Vitaly Barabasch, sagt im Nachrichtensender Espreso TV, die russischen Streitkräfte hielten Awdijiwka "rund um die Uhr" unter Beschuss. Der durch tagelangen Regen aufgeweichte Boden hielte die russischen Bodentruppen noch zurück. "Sobald der Boden getrocknet ist, werden sie definitiv vorrücken."

Der ukrainische Generalstab teilte in seinem Abendbericht mit, die ukrainischen Streitkräfte hätten elf russische Angriffe in der Nähe von Awdijiwka, 15 Angriffe im nahe gelegenen Sektor Maryinka und 22 Angriffe weiter nordöstlich in der im Mai von Russland eingenommenen Stadt Bacht abgewehrt. Sechs Angriffe seien zudem weiter nördlich in der Nähe von Kupiansk abgewehrt worden. Das russische Militär erklärte dagegen, ukrainische Streitkräfte hätten die Stadt Skadowsk in einem von Russland besetzten Gebiet im Süden der Region Cherson beschossen.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg setzt weiter auf einen Vormarsch der ukrainischen Streitkräfte gegen die russischen Angreifer. "Wir müssen auf die Langstrecke vorbereitet sein. Kriege sind ihrem Wesen nach nicht vorhersagbar", sagte Stoltenberg der Nachrichtenagentur dpa in Berlin. "Was wir aber wissen, ist, dass die Geschehnisse rund um einen Verhandlungstisch untrennbar verbunden sind mit der Situation auf dem Gefechtsfeld", sagte er. Nur militärische Unterstützung könne erreichen, dass die Ukraine als souveräner und demokratischer Staat erhalten bleibe, nur diese werde den russische Präsident Wladimir Putin überzeugen, dass er nicht auf dem Schlachtfeld gewinnen könne.

Der Oberbefehlshaber der ukrainischen Streitkräfte, General Walerij Saluschnyj, hatte in der vergangenen Woche erklärt, dass sich der Bodenkrieg in der Ukraine festgefahren habe. Er warnte in einem Beitrag für die britische Zeitschrift "The Economist" auch: "Ein Stellungskrieg dauert lange und birgt enorme Risiken für die Streitkräfte der Ukraine und für den Staat."

Die Ukraine wird im kommenden Jahr fast die Hälfte ihres Haushalts für Verteidigung und Sicherheit ausgeben. Russlands Präsident Putin wirbt in Kasachstan für stärkere militärische Zusammenarbeit.